Das Problem der mangelnden Handhygiene haben wir hier bei den Scienceblogs schon mehrfach behandelt (hier, hier und hier, beispielsweise). Die Idee, dass durch konsequentes Händewaschen die Ausbreitung von Krankheiten, vor allem im klinischen Umfeld, eingedämmt oder sogar verhindert werden könnte, war dem österreichisch-ungarischen Arzt Ignaz Semmelweis (Foto) schon im Jahr 1847 gekommen; sie stieß damals bei der Ärzteschaft übrigens auf vehemente Ablehnung und ruinierte die Karriere des Innovators Semmelweis.
Und wie es scheint, würde er auch heute nur wenig Beifall von seinen Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitswesen erhalten: Eine einschlägige Studie, die am North Shore University Hospital in New York durchgeführt und im Januar 2012 in Clinical Infectious Diseases veröffentlicht wurde, fand erst mal heraus, dass sich weniger als zehn Prozent des Klinikpersonals routinemäßig beim Betreten von Krankenzimmer die Hände desinfizieren. Der Zweck der Studie war allerdings zu testen, wie sich diese lausige Hygiene verbessern ließe – beispielsweise durch Videoüberwachung: Bewegungsmelder registrieren, wenn jemand das Zimmer betritt und schalten automatisch eine Videokamera ein; die Bilder der Kamera werden dann von einer Firma in Indien (!) beobachtet, die dann auch registriert, ob sich die betreffende Person die Hände desinfiziert hat. Andere Kliniken benutzen RFID-Chips, die erkennen, wenn sich eine Pflegerin oder ein Pfleger einem Krankenbett (und dem dort angebrachten Desinfektionsmittel-Spender) nähert, und die einen warnenden Summton abgeben, wenn der Spender dann nicht benutzt wird.
Die Ideen, wie dem Klinikpersonal beigebracht werden soll, was eigentlich selbstverständlich sein müsste – dass Händewaschen und/oder -Desinfizieren Leben retten kann und daher unerlässlich ist – sind mannigfaltig. Die Erfolgsquote ist, dankenswerter Weise, ziemlich hoch: Die Studie ergab, dass sich dank eines entsprechenden Feedbacks nahezu 90 Prozent des Klinikpersonals an die Handwaschregeln hielten, und dies auch auf längere Dauer beibehielten.
Hygiene in den Krankenhäusern ist eine ebenso ernste wie teure Angelegenheit: Laut diesem Artikel in der New York Times vom Mittwoch kostet die Behandlung von Krankenhausinfektionen (also von jenen Infektionen, die im Krankenhaus erworben wurden) in den USA rund 30 Millionen Milliarden Dollar jährlich; an solchen vermeidbaren Infektionen sterben alljährlich nahezu 100.000 Patientinnen und Patienten. Und die Situation in Deutschland ist vermutlich nicht viel besser: Wie unser Kollege Joseph Kuhn in seinem Gesundheits-Check berichtet hat, sterben in deutschen Kliniken nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums mindestens 7.500 Menschen jährlich an solchen vermeidbaren Infektionen; nach anderen Schätzungen liegt die Zahl der Todesopfer in Deutschland vermutlich sogar eher bei 30.000 pro Jahr.
Um die Kliniken zu besserer Hygiene zu motivieren, hat die staatliche amerikanische Krankenversicherung vor, die Erstattungsleistungen für vermeidbare Infektionen zu kürzen. Doch eigentlich sollte es, wie schon gesagt, sowieso eine schlichte Selbstverständlichkeit sein – vor allem, weil der angeblich so lästige Zeitaufwand (den auch Semmelweis’ Kollegen als so enorm lästig und verschwenderisch diffamiert hatten) sich in sehr engen Grenzen hält: Etwa 15 bis 20 Sekunden sollte das Händewaschen und/oder -Desinfizieren dauern – etwa so lange, wie es dauert, das Liedchen “Happy Birthday” vor sich hin zu summen. Und das ist ja wohl nicht zu viel verlangt …
Foto: Ignaz Semmelweis (Aufnahme aus dem Jahr 1861 von Borsos und Doctor), via Wikimedia Commons
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