Zwei Gedanken schossen mir durch den Kopf, als ich in der vergangenen Woche diesen Spiegel-Online-Beitrag (der übrigens nur ein Nachdruck dieses Beitrags aus der duz – Deutsche Universitätszeitung ist) darüber las, dass die Uni Leipzig ihre Grundordnung dahin gehend neu fassen wird, dass die bisherige Schrägstrich-Beidnennung von “Mitarbeiter/in” oder “Gastdozenten/Gastdozentinnen” dahingehend abgeändert wird, dass künftig allein die weibliche Form generisch verwendet wird, dies aber per Fußnote als für beide Geschlechter geltend zu lesen ist. Gedanke 1: “Na also!” Gedanke 2: “Warum?”
Wer hier mitliest, wird vielleicht schon bemerkt haben, dass mich das Thema “Genus und Sprache” häufiger beschäftigt, und dass ich da gerne sehr streitbar bin. Aber ich streite nicht darüber, ob unsere Ausdrucksweise die Tatsache, dass es sowohl Frauen als auch Männer gibt, reflektieren soll, sondern wie. Genauer gesagt: Ob wir, wie ich immer wieder lese, “eine neue Sprache” brauchen, oder ob – wie ich argumentiere – unsere bisherige Sprache da schon hinreichend ausgestattet ist. Und das Leipziger Beispiel belegt meine These: Es geht ganz leicht. Dazu braucht es weder eine Rechtschreib- noch eine Grammatikreform, keinen neuen Duden, keine Gesetzesinitiativen, keine Sprachpolizei: Man muss es nur wollen. Daher mein “Na also!”
Trotzdem bin ich keineswegs ein Fan dieser Leipziger Lösung, was sich in meinem “Warum?” manifestiert hat. Denn erstens misstraue ich dem Prozess: Offenbar war die Lösung gefunden worden, um just jene Beidnennung zu vermeiden, die bisher praktiziert wurde und die als “zu mühsam” verurteilt wurde. Ob Dr. Josef Käs seinen Vorschlag, dann halt nur die weibliche Form zu verwenden, ironisch oder bierernst gemeint hat, wage ich nicht mal zu spekulieren, aber ich wäre nicht überrascht, wenn so manche Zustimmung die Lösung eher untergraben wollte (nach dem Prinzip “Ihr werdet schon sehen, was dabei herauskommt”). Vielleicht sollte sie auch als künftiges Totschlagargument aufgestellt werden, das dann hieße “Was wollt Ihr Frauen denn jetzt noch? Wir sagen ja schon nur noch Professorin.” Aber in jedem Fall scheint klar, dass diese Lösung nicht Teil eines Konzepts war, sondern ad hoc gewählt wurde.
Aber meine Hauptbedenken resultieren daraus, dass diese Lösung – sofern sie eine Lösung des Gender-Problems sein soll – an just diesem Problem vorbei zielt. Um es ganz einfach auszudrücken: Das Problem sind generische Formulierungen an sich, nicht etwa, ob diese generischen Formulierungen nun grammatisch männlich, weiblich oder sächlich sind. Erstens, weil die mediale Rezeption dieses Beschlusses, die sich als die vermeintliche Einführung des Terminus “Herr Professorin” zusammenfassen ließe, schon zeigt, wie ausgeprägt das Nicht-Beherrschen des Generikums ist. Und zweitens, weil die beim Thema Gender und Sprache immer wieder bemühte Studie von Gygax et al. (die ihrerseits übrigens auch deutliche Schwächen in der korrekten Anwendung des Generikums zeigt) belegen kann, dass solche generisch gedachten Formulierungen die existierenden Gender-Stereotype verstärken – was ja das genaue Gegenteil dessen ist, was die so genannte “geschlechter-gerechte” Sprache erreichen will.
Aber selbst diese Überlegung ist rein theoretisch. Denn Shitstorm hin und Sprachreform her: Hier geht es um ein singuläres Dokument, also nicht um eine Sprachregelung. Etwa so, wie es in der geschlechtergerechten Gesetzesnovelle von Washington eben auch nicht darum ging, künftig irgend jemandem vorzuschreiben, wie er oder sie sich auszudrücken habe.
* Was das Wortspiel in der Überschrift angeht: Menschen meiner Generation mag es ja noch verständlich sein, aber da Zigarettenwerbung schon länger nicht mehr populär ist, verweise ich jüngere Leserinnen und Leser hierher.
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