Was halten Sie von der Idee, all die Schundkredite in einer “Bad Bank” zu konsolidieren und damit aus dem Wirtschaftskreislauf zu entfernen?

Das wäre ein hilfreicher Schritt, aber ich weiß nicht, wieviel Vertrauen das zurück brächte. Aber das Ausgrenzen dieser “vergifteten” Anlagen würde den Geldinstituten jedenfalls wieder etwas mehr Gewissheit verschaffen. Banken müssen wieder anfangen, Geld zu verleihen. Einen ersten Schritt in diese Richtung gab es ja schon, als die Regierung die Kreditinstitute Fannie Mae und Freddie Mac unter ihre Obhut nahm und sie anwies, mit ihrer Stützung des Marktes für hypothekengesicherte Wertpapiere weiter zu machen. Das war eine großartige Sache – sonst wäre das Desaster noch viel schlimmer geworden.

Aber diese Schundkredite haben ein Volumen erreicht, das größer ist der Wert ganzer Volkswirtschaften. Sind solche Größenordnungen überhaupt noch zu bewältigen? Wie viele Jahre oder Jahrzehnte wird es denn dauern, bis das Problem bewältigt ist?

So pessimistisch bin ich hier nicht. Wir werden wohl ein paar Jahre lang eine schleppende Wirtschaft erleben, und dies ist eine ernsthafte Rezession – vielleicht die schlimmste seit der großen Depression. Aber selbst die war nach ein paar Jahren überwunden.

In seiner Antrittsrede hatte Obama angekündigt, dass er “ein waches Auge” auf die Märkte halten will. Welche regulierenden Schritte wären denn Ihrer Meinung nach notwendig?

Auf lange Sicht wird die Wirtschaft aus all dem gestärkt hervor gehen, weil dies uns die Hoffnung gibt, dass wir eine Menge Fehler korrigieren können. Wir müssen jetzt halt den Saustall ausmisten, der durch langjährige Nachlässigkeit entstanden war. Die Ratings-Agenturen stehen nun schon unter dem Druck der Federal Trade Commission, erste Schritte unternehmen müssen und ihre Methoden zu verbessern. Und dann ist da das System der Bankenregulierung nach Basel II, das den Banken konstante Kapitalstandards auferlegt und sie dadurch zwang, Anlagewerte bei einer fallenden Konjunktur zu verkaufen. Ich weiß gar nicht, was die sich dabei gedacht haben, aber ich hoffe, wir werden das korrigieren können. Ein anderes Problem ist das, was man Gegenpartei-Risiko nennt: Leute glaubten, dass Firmen wie Bear Sterns oder Lehman Brothers gut wie Gold wären, und daher übersahen sie, sich gegen das Risiko eines Scheiterns dieser Institute abzusichern. Darum sind wir gerade dabei, Clearinghäuser für Swap-Geschäfte einzurichten, damit dieses Sytem weniger verwundbar wird.

Dabei geht es also, wenn ich Sie recht verstehe, um den Derivatehandel, der besser geregelt werden soll. Aber diese Derivate sind doch inzwischen so komplex geworden, dass weder Käufer noch Verkäufer eine Ahnung zu haben schienen, womit sie da handelten. Es scheint, als ob Innovation in den Finanzmärkten immer nur zu weiterer Komplexität führt. Wäre es nicht sinnvoller, diese Entwicklung wieder ein wenig zurück zu scharuben, anstatt sie noch weiter zu vertiefen? Der Transparenz könnte dies ja nur gut tun.

Es darf nicht sein, dass Dinge so komplex werden, dass wir sie nicht mehr verstehen können. Aber andererseits haben wir auch immer mehr Instrumente, mit solchen Komplexitäten umzugehen: Computer, Datenbanken. So lange sie verständlich bleibt, ist Komplexität sogar eine gute Sache. Das ist doch wie bei einem modernen Auto: In der Werkstatt wird es an eine Computerdiagnose angeschlossen, und manche Teile, die dabei als fehrlerhaft endeckt werden, sind so komplex, dass der Mechaniker, der sie austauscht, sie gar nicht mehr begreifen kann. Aber andererseits funktionieren diese Autos auch immer besser.

Aber ein bisschen ist das auch wie ein Rüstungswettlauf: Neue Produkte in der Finanzwirtschafts sind ja meist ausdrücklich so konzipiert, dass sie bestehende Aufsichts-Systeme umgehen.

Es gibt aber auch sehr viele neue Produkte, die sehr wohl reguliert sind. Aber es stimmt natürlich, diese Subprime-Hypotheken oder die so genannten strukturierten Investment-Vehikel wurden ja gezielt außerhalb des existierenden Aufsichtswesens entwickelt. Aber inzwischen wurde eingesehen, dass wir ein neues Aufsichts-Modell brauchen – eines, das zielorientiert ist. Man kann nicht mehr ein eng definiertes Feld regulieren, sondern muss sich an breiten Zielvorgaben halten, die durch gesellschaftlichem und wirttschaftlichem Nutzen definiert wurden. Und das ist etwas, was die neue Regierung, der neue Kongress in Angriff nehmen muss: eine Neudefinition unseres Aufsichtswesens.

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Kommentare (1)

  1. #1 Astrid Schühle
    17. Oktober 2013

    Interessanter Artikel aber durch die vielen Fehler werde ich den Text nochmal zu einer anderen Zeit lesen müssen, wenn ich mehr Muße habe.