Das Thema Vorsorgeuntersuchung/Früherkennung beschäftigt mich ja hier ab und zu mal (was wohl vor allem daran liegt, dass ich längst in der Altersgruppe angekommen bin, wo solche “Vorbeugeuntersuchungen” – bei Männern ist das oft wörtlicher zu verstehen, als man(n) unbedarfter Weise erst mal denkt – zur Alltagsroutine zählen sollten). Und darum ist diese Studie, die aktuell im BMJ (hieß früher British Medical Journal) erschienen ist, auch so auf(sehener)regend: Too much mammography ist der unumwundene und ungeschminkte Titel eines von den AutorInnen begleitend veröffentlichten Editorials im BMJ – Mammografie wird zu häufig und ohne echten zusätzlichen Nutzen durchgeführt. Eine Langzeitstudie in Kanada, in der knapp 90.000 Frauen über einen Zeitraum von 25 Jahren hinweg beobachtet wurden, wobei etwa die Hälfte regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung mit Mammografie ging, die andere Hälfte regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung ohne Mammografie, fand heraus, dass es keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen hinsichtlich der Krebs-Statistik gab: in der Mammografie-Gruppe wurden 3250 von 44.925 Frauen mit Brustkrebs diagnostiziert, von denen 500 letztlich an der Krankheit starben; ohne Mammografie wurden bei 44.910 Frauen insgesamt 3133 Fälle von Brustkrebs entdeckt, die in 505 Fällen tödlich endeten.
Das Verwirrende dabei ist, dass die Mammografie bisher als der potenzielle Lebensretter schlechthin galt – und nun aber sogar davor gewarnt wird, weil die Rate der “False positives” (was sinngemäß ein “falscher Alarm” wäre) zu hoch ist und Frauen dadurch unnötig in Todesaengste versetzt und mit massiven Eingriffen (Chemotherapie, Brustamputation) behandelt würden, obwohl von der entdeckten Abnormalität keine Gefahr ausging. 22 Prozent aller im Lauf der Studie gefundenen Krebsfälle hätten kein bedrohliches Risiko für die jeweilige Patientin dargestellt, fand die Stude.
Vor allem letzteres ist ein echtes Argument gegen die Mammografie. Was aber nicht aus der Studie heraus gelesen werden darf (und das ist der Grund, warum mich solche Publikationen immer leicht bis mittelschwer nervös machen) ist, dass Vorsorgeuntersuchung nichts bringt. Es ist nur die Methode (Mammografie), deren Nutzen hier in Frage gestellt wird. Die Alternative dazu ist nicht etwa keine Untersuchung, sondern die regelmäßigen Untersuchungen durch das Abtasten (gemeint ist hier eine regelmäßige fachärztliche Untersuchung, nicht die tägliche Selbstkontrolle. Danke an Joseph Kuhn für den Hinweis auf diese Quelle für Missverständnisse).
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