Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – klingt im Prinzip ja ganz simpel und überzeugend. Und in der Diskussion um den so genannten Gender Pay Gap, also der Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen, wird diese simple Formel gerne dahingehend aufgelöst, dass Frauen eben nicht die gleiche Arbeit wie Maänner leisten, den anders wäre diese Differenz – in Deutschland verdienen Frauen im Schnitt 22 Prozent weniger als Maänner, etwa so wie in den USA (dort verdienen Frauen durchschnittlich 77 Cents für jeden Dollar, den ein Mann in der Lohntüte vorfindet) – in einer so aufgeschlossenen Gesellschaft nicht erklärbar. Oder? In der Tat ist ein Teil dieser statistischen Lücke dadurch zu füllen, dass Frauen zu einem anderen – typischer Weise größeren – Prozentsatz in Berufen arbeiten, in der auch Männer keine großen Gehaltserwartungen haben dürfen (die Pflegeberufe gelten hier immer als das Musterbeispiel). Aber das erklärt immer noch nicht, warum Frauen dann auch innerhalb des gleichen Berufsfeldes, bei voller Tätigkeit, deutlich weniger verdienen als Männer. Als Beleg für letztere Behauptung erst mal eine Grafik aus einem Beitrag der aktuellen New York Times, der hier auch als Blogbeitrag online zu lesen ist:
Die Harvard-Ökonomin Claudia Goldin, die diese Zahlen ermittelt hat, belegt in einer Studie mit dem Titel A Grand Gender Convergence: Its Last Chapter, die in der aktuellen Ausgabe der American Economic Review erschienen ist und die auch auf Goldins Webseite direkt abrufbar ist, dass diese Differenz nicht einfach nur eine Umsetzung unterschiedlicher Arbeitsleistung in Entlohnungsdifferenzen ist: In Branchen wie der Finanzwirtschaft, aber auch in Anwaltskanzleien oder bei Ökonomen (!) wird ein überproportionaler Bonus für lange Arbeitszeiten gezahlt: Wer bereit ist, 70 oder 80 Stunden wöchentlich in seinem Büro zu verbringen, dem (ich benutze hier nicht ohne Absicht die männliche Form) winken Aufstiegsschancen und bessere Bezahlung, auf die Stunde umgerechnet.
Na und? könnte man jetzt sagen. So ist das halt: Wer länger arbeitet, leistet auch mehr und muss daher für seinen größeren Beitrag zum Firmenerfolg auch stärker entlohnt werden. Und das sei ja nicht vom Geschlecht abhängig, sondern eine Entscheidung eines jeden und einer jeden. Nix mit Diskriminierung und so …
Aber da gehe ich mal einen Schritt weiter als Goldin, die zwar generell dafür plädiert, dass eine genderneutrale Flexibilisierung der Arbeitszeit (wie sie in einigen Branchen, die sie auflistet, darunter den Apothekern, bereits erreicht sei) ein gutes Instrument zur Reduzierung des Gender Pay Gap sei, ansonsten aber nicht bezweifelt, dass all die rund um die Uhr aktiven Manager, Banker, Außenminister etc. tatsächlich ihr Geld wert seien.
Dem halte ich mal ganz anekdotisch entgegen. Und natürlich weiß ich, dass Anekdoten niemals Daten ersetzen können, aber sie sind zumindest mal geeignet, Denkanstöße zu geben. Ich habe im Laufe meines Lebens auch schon den einen oder anderen 70-Wochenstunden-Job gemacht, und noch mehr 70- bis 80-Wochenstündler aus unmittelbarer Nähe beobachtet. Und ich weiß, dass sie keineswegs ein Vielfaches an Arbeitspensum dessen leisten, was “normale” Arbeitnehmer in 40 (oder meinetwegen nun auch 35) Wochenstunden schaffen. Wie gesagt, geht es hier jetzt mal nur darum, wie produktiv die Zeiteinheiten verwendet werden – nicht darum, dass ein Vorstandsvorsitzender größere Verantwortung trägt und blablabla. Anders gesagt: MUSS man in leitender Position 70 oder 80 oder mehr Stunden “arbeiten” – oder ließe sich das gleiche Pensum auch in der Hälfte der Zeit erledigen? Und da behaupte ich, auf der Basis der Erste-Hand-Erfahrung: Oftmals ist die Zeit nur “Showtime”, auch “Schausitzen” genannt. Diese Zeitspannen dienen nicht unbedingt dazu, Arbeit zu erledigen, sondern sie sind soziale Displays, wie das Pfauenrad oder der Gesang der Nachtigall. Sie zeigen an, dass jemand hier “wichtig” ist und dafür einen höheren sozialen Rang einfordern kann. Sicher, das ist mit Opfern verbunden (wie im Tierreich ja auch – der Pfauenhahn hat an seinen Federn enorm zu schleppen) – aber diese Opfer sind trotz allem eher sympbolisch.
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