Aber wir sind doch modernen und aufgeklärter, zwingen unsere Töchter nicht in ungewollte Ehen und verachten jegliche Gewalt zwischen Ehepartnern. Und verurteilen selbstverständlich sexuelle Gewalt zutiefst. Also müssen wir uns den Begriff der Vergewaltigungskultur ganz bestimmt nicht mehr gefallen lassen, nicht wahr?
Nun, hier komme ich wieder auf diesen Spruch über die wahre Natur einer Dame zurück (dem garantiert auch heute noch sehr viele Männer und Frauen beipflichten würden): Was sagt der eigentlich aus? Dass eine Frau, wenn sie als respektabel gelten will, nicht das Recht hat, ihre sexuellen Wünsche klar und eindeutig auszudrücken. Und diese Denkweise ist noch weit verbreitet – auch unter Frauen. Die Rolle des Mannes scheint auch weiterhin die des “Eroberers” zu sein, der den Widerstand der Frau – den sie in jedem Fall zu leisten hat, denn andernfalls wäre sie ja ein “leichtes Mädchen” – brechen muss, um ihr Herz für sich zu gewinnen. Unsere Kulturgüter – Bücher, Filme, Musik – pulsieren geradezu mit dem Mythos des (erfolgreichen) Verführers. Und junge Frauen lernen dann, ihre Reaktionen auf junge Männer irreführend zu verschlüsseln – und junge Männer lernen nicht nur, die an sich klare Signalwirkung eines “Nein” zu ignorieren; sie lernen außerdem, dass es für einen Mann dazu gehört, den Widerstand von Frauen (je mehr, je besser) zu brechen. Und auf wie entsetzlich banale und gleichzeitig unvorstellbar brutale Weise dieses “Missverständnis” dann Leben zerstören kann, ist beispielsweise in dieser Reportage des Rolling Stone nachzulesen. Und nein, das ist kein Einzelfall – leider!
Aber wenn’s dann passiert, wie reagiert dann unsere Kultur? Leider viel oft damit, dass sie dem Opfer entweder nicht glaubt, oder ihm perfider Weise unterstellt, selbst Schuld zu sein – warum hat sie denn nicht “nein” gesagt? (Antwort: siehe oben.) Frauen, die sich gegen Anmache und Übergriffe wehren, müssen oft nicht nur mit dem Unverständnis der Männer umgehen, sondern auch mit dem hämischen Gegenwind, den ihnen ihre Geschlechtsgenossinnen ins Gesicht blasen: Hab’ dich nicht so, eine starke Frau hält das aus! Vielleicht – aber warum sollte sie das müssen?
Also nochmal: Die Nichtanerkennung der sexuellen Selbstbestimmung von Frauen ist auch heute noch Teil unserer Kultur. Und darum ist es manchmal nötig, den im Titel genannten “Kampfbegriff” zu verwenden. Weil es den Kampf immer noch gibt…
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