…scheint deutsche Gemüter zu erhitzen, wie ich aus diesem Kommentar im Tagesspiegel lernen kann. Ob dies eine speziell deutsche Sichtweise ist, möchte ich jetzt nicht beurteilen, aber dass auch in den USA eine gewisse Skepsis ob der Selbstlosigkeit dieses 99-Prozent-Coups herrscht, mag dieser Beitrag aus dem – Superreichen nun gewiss nicht übel wollenden – Magazin Forbes belegen: Zuckerberg kann tatsächlich enorme Steuervorteile aus der rund 45 Milliarden Dollar schweren Geste erzielen.
Aber das heißt erst mal nicht, dass so eine Spende kategorisch schlecht oder in irgend einer Weise Teil eines sinistren Plans ist – es ist in jedem Fall besser, als wenn Zuckerberg und seine Frau Priscilla Chan ihr bisher angesammeltes Vermögen (das in den Berichten auf runde fünfundvierzigeinhalb Milliarden Dollar veranschlagt wird) behalten und später ihrer Tochter – deren Geburt der Anlass dieser Spendenankündigung war – vermachen würden. Mit so vielen Milliarden kann man bestimmt eine Menge Gutes tun. Und letztlich kommt das Geld dann doch der Gemeinschaft zu gute, oder?
Nun, ganz so simpel ist es dann doch nicht. Denn es geht ja nicht nur darum, ob reiche Leute auf ihrem Geld hocken wie Onkel Dagobert in seinem Geldspeicher oder nicht – es geht genau so wichtig darum, was mit den Spenden passiert. Oder besser: Wer darüber entscheidet, was mit den Spenden passiert. Ich lasse die Zuckerberg-Spende-Story jetzt mal außen vor, die ist noch zu neu, als dass da schon irgendwelche Erfahrungswerte vorliegen. Aber das heißt nicht, dass es keine Erfahrungen dazu gibt. Und die sind nicht immer so gemeinnützig und wohltätig, wie es auf Anhieb klingt.
Als der Öl-Milliardär und Tee-Party-Finanzier David H. Koch beispielsweise dem Massachusetts Institute of Technology (mein Arbeitgeber, damit hier keine Unklarheiten aufkommen) vor acht Jahren 100 Millionen Dollar für die Errichtung eines (nach ihm benannten) Krebsforschungsinstituts spendete, war es selbst für Menschen, die seinen politischen Aktivitäten misstrauisch bis ablehnend gegenüber stehen, kaum möglich, darin etwas Unappetitliches zu finden – 100 Millionen Dollar für die Krebsforschung sind 100 Millionen Dollar mehr für die Krebsforschung. Doch die Spende hatte natürlich ihre Haken: Der Bau des Instituts kostete schon mehr als das Doppelte, was Koch gespendet hat, und für den jährlichen Betrieb des durchaus erfolgreich forschenden Instituts gehen runde 50 Millionen drauf. Mit anderen Worten: Andere, darunter auch der viel beschworene und offenbar immer männliche Steuerzahler, mussten eine Menge Geld zusätzlich hinlegen, damit das Institut nun den Namen eines reichen Mannes trägt. Geld, das vielleicht an anderer Stelle einen ebenso großen gesellschaftlichen Nutzen gehabt hätte. Denn generell beklagen sich Krebsforscher in den USA nicht über Geldmangel…
Der generelle Haken an diesen generösen (und bestimmt auch oft ehrlich generös gemeinten) Spenden ist eben, dass sie fast immer zweckgebunden sind, und zwar meisten so, das sie “sichtbar” – und damit den Ruhm der SpenderInnen fördernd – für einen von eben diesen SpenderInnen vorbestimmten Zweck verwendet werden. Dabei spielen persönliche Präferenzen (Koch beispielsweise ist selbst ein Krebspatient) oder das Prestige des Empfängers (Museum, Universität, erfolgreiche Sportmannschaft etc.) oft die entscheidende Rolle – und eben nicht der gesellschaftliche Nutzen. Natürlich gibt es da positive Ausnahmen: ohne die Bill and Melinda Gates Foundation beispielsweise würde vermutlich fast gar nichts für die Malariaforschung ausgegeben, obwohl Malaria eine der tödlichsten Infektionskrankheiten der Welt ist, die jährlich rund 600.000 Menschen umbringt: von den rund 320 Millionen Dollar, die jährlich für die Erforschung der Malaria ausgegeben werden, stammen vier Fünftel direkt von der Gates-Stiftung. Aber viel häufiger ist es der neue Flügel eines bereits gut ausgestatteten Museums, der Neubau eines akademischen Instituts an einer Eliteuni (ich bin davon umgeben, und praktisch jeder Bau, jeder größere Hörsaal hier am MIT ist nach einem Spender oder einer Spenderin benannt), oder eine Konzerthalle – Objekte, die sich die Empfänger meist auch ohne die großzügige Gabe hingestellt hätten.
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