Lachen, so heißt es, sei die beste Medizin. Und umgekehrt nehmen wir ziemlich selbstverständlich an, dass Ärger und schlechte Laune einen krank machen können – und sogar, wie die Redewendung “sich schwarz ärgern” andeutet, ins Grab bringen können. Doch das ist, wenn man diesem Beitrag in der aktuellen Ausgabe des britischen Medizinjournals The Lancet glauben darf, ein Fehlschluss: Does happiness itself directly affect mortality? The prospective UK Million Women Study kommt auf der Basis einer Langzeitstudie mit 719.671 Frauen zu dem Schluss, dass es das Kranksein ist, das unglücklich macht – nicht umgekehrt, wie der Volksmund behauptet.
Für die Studie wurden mehr als eine Million Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren über die Jahre 1996 bis 2001 angeworben und dann zehn Jahre lang beobachtet; neben Krankenhausaufenthalten und anderen medizinisch relevanten Fakten wurden sie auch regelmäßig zu ihrer Gemütsverfassung befragt. Und jetzt wurden diese “Gemütsdaten” gegen allerlei Befindlichkeiten abgeglichen, wie beispielsweise Krebs oder Schlaganfälle:
Der kausale Zusammenhang von Krankheit zu Unglücklichsein wäre sowieso leichter zu etablieren als umgekehrt – wer ist schon froh darüber, krank zu sein? (Das ist eine rhetorische Frage!) Aber andererseits räumt Professor Richard Peto, einer der Autoren dieser Studie und jemand, der mit der New York Times über die Resultate gesprochen hat, durchaus einen plausiblen Zusammenhang ein, der eine Kausalität von Unglück hin zu verschlechterter Gesundheit herstellt – so kann Stress und generelle Unzufriedenheit zu Alkohol- oder Drogenmissbrauch oder auch zu riskantem Verhalten bis hin zu Selbstmord treiben.
Das Problem ist erst mal, dass die Angaben über Glücklichsein oder Unglück auf Selbsteinschätzung der befragten Frauen beruhen – und was die eine für Unglück hält, kann ja für die andere eine bedeutungslose Lappalie sein; wenn die eine sich über ein Missgeschick grämt, kann die andere in vergleichbarer Situation erleichtert sein, dass es nicht schlimmer kam. Außerdem sind solche Langzeit-Studien nicht kontrolliert und verblindet (weder einfach noch doppelt); sie können statistische Korrelationen zwar leicht aufspüren, aber kausale Beziehungen zu belegen wird da schon schwieriger.
Na und, könnte man jetzt fragen, was soll’s? Auch hier hat der Volksmund eine Antwort: “Jeder ist seines Glückes Schmied”, behauptet er, was mit anderen Worten heißt, wer unglücklich oder gestresst ist, trägt erst mal selbst die Schuld daran. Und wenn man das erst mal glaubt, dann scheint der Weg fort von der angemessenen Therapie hin zu esoterischen Glücklichmachern, Chakrareparaturen undsoweiter umso verlockender.
In der Tat ist die Kausalkette “Stress -> Unglück -> Gesundheitsprobleme” plausibler zu etablieren als das Gegenteil, wenn ich die Studie richtig verstanden habe: Während es zumindest einige Hinweise darauf gibt, dass Unglücklichsein durch ungünstige Verhaltensänderungen den Gesundheitszustand negativ beeinträchtigen könnte, gibt es umgekehrt keinen Hinweis darauf, dass Glücklichsein in irgend einer Weise gesünder macht. Eigentlich schade, aber andererseits tröstlich, dass es zumindest physiologisch betrachtet nicht schlimm ist, wenn einen diese Nachricht traurig macht…
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