Das ist, wenn man’s für sich allein betrachtet, erst mal banal: Ja, wir alle müssen irgendwann sterben. Aufregend wird’s ja eigentlich nur, wenn wir nicht nur irgendwann, sondern alle gleichzeitig sterben müssten – was man gemeinhin als den “Weltuntergang” bezeichnen könnte (obwohl die Welt selbst, also der felsige Planet, der in rund 150 Millionen Kilometern Abstand um einen Stern mittlerer Größe namens “Sonne” kreist, dabei vermutlich nicht nennenswert beschädigt würde). Doch bisher haben sich all diese Weltuntergangs-Prophezeiungen als falsch erwiesen, auch wenn sie zumindest eine Zeitlang für Schlagzeilen und Aufregung sorgten (Florian Freistetter schreibt ja immer tapfer und aufschlussreich gegen diese falschen Propheten an, siehe hier). Aber wenn Stephen Hawking, der doch so viel mehr als wir über die Welt und das Universum weiß, das Ende der Menschheit in spätestens 100 Jahren vorhersagt, und dass dies die Schuld der Wissenschaft ist … ja, dann muss das doch stimmen – dann MÜSSEN WIR ALLE STERBEN!(*** Panik-Modus ein***)
(*** Panik-Modus ***)(***Ironie aus***)
Die erste Frage wäre natürlich, ob Hawking das überhaupt gesagt hat. Nun? Hat er gar nicht. Die Aussage “Stephen Hawking claims wipeout of human race within 100 years or so due to progress in science and technology” wurde aus einer Vorschau auf einen Vortrag mit dem Titel “Do black holes have no hair?” gestrickt, den Hawking im Rahmen der BBC Reith Lectures gehalten hat und der am 26. Januar und 2. Februar ausgestrahlt wird (ein bisschen Hintergrund zu dieser traditionsreichen Vortragsreihe gibt es hier). Und auf eine Frage aus dem Publikum im Anschluss an diesen Vortrag warnt er, wie ich diesem Bericht der BBC entnehme, in der Tat davor, dass sich die Menschheit durch Klimawandel, einen Atomkrieg oder auch durch genetisch modifizierte Viren ihr eigenes Grab schaufeln könnte, und auch davor, dass durch Fortschritte in Wissenschaft und Technik “neue Dinge geschaffen werden, die schiefgehen können”.
Doch erstens ist dies keine wissenschaftliche Vorhersage, sondern eine Warnung – es könnte so sein, auch wenn Hawking diese Warnung durchaus ernst meint. Das Risiko einer solchen globalen Katastrophe sei zwar generell gering, addiere sich aber im Lauf der Zeit und könne sich so in den nächsten tausend oder zehntausend Jahren annähernd zur Gewissheit summieren.
Zweitens muss man für so eine Einschätzung erst mal kein Genie sein – die Angst vor einem thermonuklearen Krieg, der die Welt auslöschen könnte, hat mich (und andere meiner und nachfolgender Generationen) ein ganzes Leben lang begleitet. Aber wo kommen denn die hundert Jahre in der oben verlinkten Panik-Meldung her? Nun, Hawking warnt ja “nur” davor, dass sich die Menschheit den Lebensraum auf der Erde zerstören wird – aber dank eine Kolonisierung des Weltraums, von deren Zukunft er überzeugt ist, werde das nicht das Ende der Menschheit sein, hofft er. Aber da mit solch einer Kolonisierung nicht innerhalb der nächsten hundert Jahre zu rechnen sei, so Hawking weiter, sollten wir in dieser Zeit besonders vorsichtig sein, dass nichts passiert…
Von einer Prognose des Weltuntergangs in 100 Jahren kann also nicht die Rede sein – und schon gar nicht vor einer wissenschaftlichen Prognose eines Weltuntergangs. Nur weil ein Wissenschaftler eine Meinung hat – selbst wenn es sich dabei um ein unbestreitbares Genie wie Stephen Hawking handelt – ist das noch nicht automatisch eine “wissenschaftliche Erkenntnis”.
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