Eines muss man dem designierten US-Präsidenten Donald Trump (auch beim wiederholten Schreiben geht mir das nicht leichter von der Hand) wirklich zugestehen: Er schafft es immer wieder, selbst die schlimmsten Erwartungen zu übertreffen. Dass er statt eines Minister-Kabinetts ein Gruselkabinett zusammenstellen würde, war ja eigentlich schon zu erwarten: Es ist kaum anzunehmen, dass jemand mit echter Kompetenz und relevanten Erfahrungen eine Position in so einem Kabinett annehmen würde – allein schon, weil es eher unwahrscheinlich ist, dass diesen Ministern (in den USA nennt man sie witziger Weise “Secretary”, ein Begriff, der in Trumps Schädel für sich allein sicher schon wilde Fantasien anregen dürfte) eine lange Amtszeit beschert sein wird. Nicht nur, weil neben Trumps Ego kein Platz für kompetente Leute wäre, die seinen vermeintlichen Glanz überschatten könnten, sondern sicher auch, weil Trumps Lieblingssatz “you’re fired” ist:
(Quelle)
Das alles wäre sicher komisch, und wird den Satirikern und Comedians reichlich Stoff zum aufspießen geben. Doch während sich die Kabinetts-Liste nach und nach füllt, wird zunehmend klarer, dass hinter dieser Tollheit vieler Trump-Berufungen eine Methode stecken muss, die sich vielleicht nur nicht auf den ersten Blick erschließt. Um es pauschal auszudrücken (Details sind ja in den hier noch einmal verlinkten Lebensläufen der Berufenen jederzeit einsehbar): Hier werden im beinahe wörtlichen Sinn die Böcke (und Geißen – immerhin gibt es in Trumps Wunschkabinett bis jetzt schon/noch vier Frauen!) zu Gärtnern gemacht. Praktisch jede(r) Einzelne scheint davon zu träumen, das Ministerium, dem er/sie vorsteht, entweder völlig abzuschaffen oder zumindest bis zur Handlungsunfähigkeit zu schrumpfen.
Die Frage bleibt aber: Was ist die Methode? Ist es das alte – und spätestens durch Ronald Reagan zum republikanischen Credo erhobene – Mantra, dass Regierung, dass staatliche Administration per se nur schlecht sein kann und daher abgeschafft werden muss? Ist es die Notwendigkeit für Trump, sich mit Gefälligkeiten bei seinen Wahlkampfspenderinnen und -Spendern zu revanchieren? Denn es war auch eine von Trumps Lügen, dass er seinen Wahlkampf selbst finanziere und darum niemanden einen Gefallen schulden würde; tatsächlich hat er mehr als Dreiviertel seines Wahlkampfes mit zum Teil sehr großen Spenden finanziert, beispielsweise von Linda McMahon (ehemalige Chefin der Firma World Wrestling Entertainment und Möchtegern-Senatorin aus Connecticut), die gemeinsam mit ihrem Mann Vince gute sechs Millionen Dollar für Trumps Präsidentschafts-Wahlkampf gespendet hat. Dass sie nun zur Leiterin der Behörde für kleine und mittlere Unternehmen bestellt wird, sich sicher nur Zufall…
Wie wär’s mit dem folgenden Szenario: Trump ist immer noch schockiert, dass er die Wahl gewonnen hat, und versucht nun mit allen Mitteln, sich vor der Amtsführung zu drücken? Vieles spricht dafür, dass er auch in diesem Wahlkampf erst mal nur wegen der für ih so geschäftsförderlichen und egopolsternden Publicity angetreten war – das hatte er schon mehrfach vorgeführt. Wie hätte er da auch ahnen können, dass er dabei in eine so surreale Clownparade geraten war, in der seine absurden Mätzchen – Poe’s Law greift hier vermutlich – wie Originalität wirkten. Und je mehr er versuchte, sich mit seinem widerstehlichen Charme aus dem Rennen zu katapultieren, desto origineller und plausibler erschien er ausgerechnet jenen Wählerinnen und Wählern, mit denen er am wenigsten am Hut hatte: der weißen unteren Mittelschicht. Und in einer für ihn selbst kaum nachvollziehbaren Aufwärtsspirale – an der aber vielleicht auch Wladimir Putin mitgedreht hatte – gewann er die Wahl! Nun bleibt nur noch eines: sich durch extrem inkompetente Personalpolitik und besonders kleinliches und unstaatsmännisches Verhalten (Stichwort: Twitter beim Elektorenkollegium so unmöglich zu machen, dass sie am kommenden Montag, wenn sie über die Nachfolge von Präsident Obama entscheiden, nicht für Donald Trump stimmen.
Geht das? Im Prinzip, ja: Nur 29 Bundesstaaten sowie die Bundeshauptstadt Washington geben ihren Elektoren ein imperatives Mandat – das heißt, dass zumindest die Elektoren aus 21 Staaten frei entscheiden dürfen, wem sie ihre Präsidentschafts-Wahlstimme geben; 15 dieser “wahlfreien” Staaten gingen an Trump und brachten ihm 165 von insgesamt 306 Elektoren-Stimmen. Mit anderen Worten: Mehr als die Hälfte der Wahlfrauen und -Männer, die bisher auf Trumps Stimmenkonto gebucht wurden, könnten in der Tat ihre Meinung ändern. Und so viele müssten es nicht einmal sein; es würde genügen, wenn 38 Elektoren umkippen (das wäre beispielsweise das gesamte Kontingent aus Texas, oder ersatzweise das Kontingent aus Pennsylvania, gemeinsam mit den Elektoren aus Ohio, oder zwei bis drei aus jedem einzelnen dieser Staaten), und Trump hätte nicht mehr die nötige Mehrheit.
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