Wer kennt diese Frau?
Vor ein paar Tagen hatte ich – anlässlich eines Werbespots, der während der Super Bowl LI gezeigt wurde – ein gewisses Unbehagen darüber ausgedrückt, dass eine Person, die als Verkörperung von seriöser Wissenschaft gilt, mit dem Klischeebild eines Wissenschaftlers Werbung für ein Waschmittel macht. Die meisten Kommentare fanden diese Werbung übrigens ganz okay… Und nun habe ich wieder einen Fernseh-Werbspot gesehen, in dem eine echte Figur aus der Wissenschaft als Sympathieträger auftaucht. Und den Spot bette ich hier mal in der Tat ein, auch wenn’s Werbung ist (Ihr werdet sicher gleich verstehen warum):
Die Frage, die der Spot stellt – “What If Scienctists Were Celebrities?” – muss im Deutschen allerdings in der weiblichen Beugungsform übersetzt werden: Was, Wenn Wissenschaftlerinnen Popstars wären? Denn erstens geht es in dem Spot in der Tat um Frauen in Wissenschaft und Technik, und zweitens ist für Männer diese Frage längst nicht mehr hypothetisch: Carl Sagan war nach allen Definitionen des Wortes eine Berühmtheit, mit eigener Fernsehshow und auch ansonsten zahlreichen TV-Auftritten; Neil DeGrasse Tyson, der für viele als der Erbe Sagans gilt, moderiert nicht nur diverse Fernsehshows (darunter auch eine Neuauflage von Sagans Kosmos), sondern spielte auch in genug Filmen und TV-Serien (unter anderem der Big Bang Theory) mit, dass er seinen eigenen Eintrag in der Internet Movie Database hat; das gleiche gilt für Stephen Hawking. Doch wer kennt schon berühmte Wissenschaftlerinnen? Interessanter Weise hatte meine Familie, noch ehe wir diesen TV-Spot zum ersten Mal sahen und somit ganz unabhängig davon, diese gleiche Frage beim Abendessen diskutiert. Meinem Sohn und meiner Frau fielen nur Marie Curie ein; und ich gebe zu, dass ich die Namen Lise Meitner und Rosalind Franklin vor allem deswegen im Gedächtnis habe, weil sie bei der Nobelpreisvergabe und damit der öffentlichen Anerkennung ihrer Leistung von Männern marginalisiert wurden.
Aber wer ist nun Millie Dresselhaus, die zumindest in einem TV-Spot eine Popstar-Rolle einnehmen darf? Sie ist (unter anderem) eine vielfach ausgezeichnete Physikerin, die vor allem für ihre Arbeit mit Kohlenstoff-Nanoröhren bekannt ist. Sie wurde 1985 zur ersten Instituts-Professorin am Massachusetts Institute of Technology ernannt, das ist der höchste akademische Rang, den das Institut als Auszeichnung vergibt und den immer nur jeweils 12 aktive ProfessorInnen haben können (Dresselhaus ist emeritiert). Bis zu ihrer Berufung war dieser Rang ausschließlich an Männer vergeben worden.
Dass Millie (eigentlich Mildred) Dresselhaus in diesem Werbespot auftritt, der mehr Jobs für Frauen in Wissenschaft und Technik verspricht, ist durchaus angemessen, denn dafür hat sie sich in ihrer Karriere immer stark gemacht. Und das ist ja auch etwas, das hier auf den ScienceBlogs regelmäßig unterstützt wird (hier zum Beispiel). Dass General Electric mit einer Kampagne dafür wirbt, ist insofern schon einmal gut, weil damit Aufmerksamkeit für die Unterrepräsentierung von Frauen in technischen Fächern gerichtet wird – andererseits ist die Frage an einen der größten Konzerne der Welt doch berechtigt: Warum erst jetzt?
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