Gleich vorweg: Die Diskussion darüber, wie sehr sich die Techniker Krankenkasse mit ihrem Tweet zum Nicht-Nachweis der Unwirksamkeit von Homöopathie blamiert hat, soll auch weiterhin in den Foren bei Joseph Kuhn und Marcus Anhäuser geführt werden, wo sie in den besten Händen ist. Und ganz generell muss noch nicht mal diskutiert werden, ob Homöopathie eine medizinische Wirkung hat: Hat sie nicht, das ist hier in den ScienceBlogs.de nun schon oft genug belegt worden. Trotzdem fände ich es eine Überlegung wert, ob es sinnvoll ist, dass Krankenkassen für homöopathische Präparate bezahlen.
Zum einen muss man wissen, dass diese Kosten – sofern die Zahlen (Stand 2010) stimmen, die in Spiegel Online mit Berufung auf die Pharmazeutische Industrie genannt wurden – eher ein Rundungsfehler im Gesamthaushalt der Krankenversicherer sind: Runde neun Millionen Euro erstatteten die Versicherer damals für homöopathische Leistungen; das sind gerade mal 0,005 Prozent des Gesamterstattungsvolumens von 170 Milliarden Euro. Das ist ziemlich wenig und ziemlich überraschend, angesichts der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung angibt, schon mal homöopathische Mittel benutzt zu haben (da berufe ich mich auf diese Studie, die in der PloS ONE erschienen ist und auf die ich gleich noch einmal zurückkommen will) und somit als potenzielle Nachfrager solcher Leistungen in Frage käme.
Und das regt mich zu folgender Überlegung an: Wenn die Mehrheit der deutschen Bevölkerung grundsätzlich nicht abgeneigt ist, homöopathische Mittel zu benutzen, die Krankenkassen am Ende aber nur einen minimalen Betrag dafür erstatten müssen – wie lässt sich das erklären? Vielleicht damit, dass diese potenziellen Homöopathienutzer eben nicht zum Schamanen oder Wunderheiler gehen müssen, um sich dort eine Abrakadabra-Behandlung aufschwätzen zu lassen, sondern zu echten Ärztinnen und Ärzten. Und wer weiß, bestimmt verstehen die wirklich etwas von ihrem Beruf (ich denke es jedenfalls) und sind damit bestens in der Lage, diese Patientinnen und Patienten aufzuklären und ihnen zu erklären, warum ihre Probleme eben doch besser nicht mit Globuli und Hokuspokus, sondern mit Medizin behandelt werden sollten? Doch wenn diese PatientInnen gleich zu einem – von der Krankenkasse nicht bezahlten – Heilbehandler gegangen wären: hätte der/die ihnen das gleiche geraten, oder ihnen erst mal, wie es leider nicht selten genug der Fall zu sein scheint, zu ihrer Entscheidung gratuliert, nicht der zutiefst korrupten Schulmedizin auf den Leim gegangen zu sein? Mir jedenfalls ist ein Szenario, in dem jede(r), der/die sich homöopathisch behandeln lassen will, zu einem Arzt oder einer Ärztin geht (gehen muss), lieber als Letzteres… Und wenn dafür von den rund 1500 Euro, die ich zuletzt (als ich noch Kunde bei einer deutschen Krankenversicherung war) an monatlichen Beiträgen für mich und meine Familie zahlen musste, acht Euro als Zuschuss für auch nur eine(n) Homöopathiegläubigen draufgingen, der/die dann doch in ärztliche Behandlung kam, dann war’s mir das Geld wert.
Doch hatte die bereits verlinkte PLoS ONE-Studie Can Additional Homeopathic Treatment Save Costs? vor etwas mehr als zwei Jahren nicht anhand der Versichertenstatistik der Techniker Krankenkasse (!) nachweisen können, dass durch Homöopathie die Behandlungskosten pro Person um 19 Prozent höher sind als homöopathiefreien Behandlungskosten (7.207.82 statt 5.857,56 Euro)? Nicht wirklich. Denn verglichen wurden nicht etwa Patientinnen und Patienten, die sich mit oder ohne homöopathische Leistungen behandeln ließen, sondern nur jene, die eine Zusatzversicherung (in der unter anderem auch Homöopathie eingeschlossen war) abgeschlossen hatten, mit jenen, die diese Leistungen nicht eingekauft hatten:
For this analysis, patients belonged to the homeopathy group if they subscribed to the integrated care contract in 2011 and if they were continuously insured through the TK for the observational period (12 months before and 18 months after subscription to the integrated care contract), regardless of whether they used homeopathy during the study period.
Das wäre etwa so, als würde man behaupten, dass alle Versicherten in diesen 18 Monaten auch Herzoperationen, Beinbrüche, Krebsbehandlungen etc. in Anspruch genommen hätten – weil diese ja in ihrem Versicherungsplan eingeschlossen waren.
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