Ist ja eigentlich nicht wirklich überraschend: Wenn Männer in Machtpositionen ihnen unterstellte Mitarbeiterinnen sexuell belästigen oder nötigen, dann ist das nicht (oder zumindest nicht nur) um die Erwartung sexueller Gratifikation, sondern auch – oder vor allem – darum, dass sie mit diesem Verhalten ihre eigene Unsicherheit hinsichtlich ihrer Kompetenz (und damit ihrer selbstwahrgenommenen Maskulinität) kompensieren wollen. Das ist, wie gesagt, nicht besonders unerwartet. Aber dennoch wichtig zu verstehen, weil damit die generell vorgebrachte Entschuldigung, das Frauen solch ein Verhalten durch – missverständliche? – Signale bezüglich ihrer eigenen sexuellen Bereitschaft zumindest mit zu verantworten haben.

Dies ist (besser gesagt: scheint) die Kernaussage eines neuen Papers zu sein, das Leah Halper von der Ohio State University und Kimberly Rios von der Ohio University in der kommenden Ausgabe des Fachjournals Sex Roles veröffentlichen werden. Sie haben für diese Untersuchung 273 Männer in insgesamt drei verschiedenen Erhebungen aufgefordert, sich in die Rolle eines Chefs zu versetzen und dann durchzuspielen, ob sie von einer Frau, die sie um eine Beförderung oder sonstige Job-Vorteile ersucht, sexuelle Gegenleistungen erwarten würden. Begleitend hatten diese Probanden einen Test absolvieren müssen, in denen ihr Selbstvertrauen, ihre Neigung zum Narzissmus, ebenso wie ihr Fähigkeit, mit Kritik umzugehen, ausgeforscht wurden.

Und dabei sei herausgekommen, dass Unsicherheit ein guter Indikator für die Neigung zur sexuellen “Übergriffigkeit” bei Männern ist (bei Frauen sei dieser Zusammenhang nicht zu erkennen). Mehr als die Ankündgung dieses Artikels habe ich bisher zwar (noch) nicht, und ich bin mir sicher, dass die Resultate im Paper nicht ganz so plakativ sein werden wie in der Pressemitteilung, aber ein Nachdenken ist die Information auch so schon wert. Und sobald ich den Originalartikel habe (ist beim Verlag angefordert), werde ich noch ein paar Details und Daten nachreichen. Aber wir können ja auch so schon mal ein bisschen darüber diskutieren, nicht wahr?

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Kommentare (12)

  1. #1 rolak
    12. Juli 2018

    Details .. nachreichen

    In dem Satz mit ‘weil’ fehlt auch noch ein Detail, hoffentlich etwas in der Richtung “sich als billiger Versuch der Schuldübertragung herausstellt”.

    Gut, Forschung in Detailaspekten ist sicherlich nicht unnötig, doch die generelle Aussage ist wohl für kaum einen Menschen neu: Steigende Unsicherheit korrelliert mit steigender Aggression (Bsp). (Gefühlt) ‘in die Enge getrieben’ neigen kleine Kinder dazu, mit dem Fuß aufzustampfen und zu brüllen; Erwachsene haben dazugelernt und lassen das Fußstampfen weg.

  2. #2 Fluffy
    12. Juli 2018

    Obige Aussage mag ((kann, wahrscheinlich), (vielleicht, vermutlich, sicher)) wahr sein, aber die Art und der Weise der angedeuteten Erhebung erscheint mir unwissenschaftlich (lächerlich).

    sich in die Rolle eines Chefs zu versetzen und dann durchzuspielen

    (Zu viele (Klammern) im Text)

  3. #3 Fluffy
    12. Juli 2018

    p.s.
    Was ist Kompetenz, und woran erkenne ich sie?
    (Bitte nicht: Ist weniger Übergriffig und schreit weniger rum)

  4. #4 shader
    12. Juli 2018

    Wie sagte schon Abraham Lincoln, wenn Du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, dann gib ihm Macht. Wenn man unsicheren Menschen mit noch einigen weiteren Komplexen Macht gibt, dann kann es sein, dass er diese Macht für sexuelle Übergriffe ausnutzt.

  5. #5 roel
    12. Juli 2018

    @Jürgen Schönstein
    Der Link https://link-springer-com/journal/11199 funktioniert bei mir nicht. Ich denke das müsste der gleiche sein wie: https://www.springer.com/psychology/journal/11199

  6. #6 rolak
    12. Juli 2018

    erscheint mir unwissenschaftlich (lächerlich)

    Dann tausche lieber baldmöglichst diesen Schein in Münzen ein, Fluffy, das funktioniert nämlich nachgewiesenermaßen gut. Zum Start einer gepflegten Beispielsuche bekommst Du noch die Stichworte ‘Stanford Prison’ und ‘Milgram’.
    Doch in einem Punkt hast Du unbestreitbar Recht: in Deinem Text sind zu viele Klammern.

  7. #7 Jürgen Schönstein
    12. Juli 2018

    @roel
    Ja. Ist geändert, damit’s fuktioniert.

  8. #8 Fluffy
    12. Juli 2018

    @#6
    Zitat aus “Wikipedia” (Ich spar mir mal den Link)

    Neueste Erkenntnisse zeigen, dass die Ergebnisse dieses Experiments eher kritisch betrachtet werden sollten. Sowohl mit Blick auf seine Befunde als auch auf seine Methodik und die dahinterstehende Forschungsethik ist es bis heute ein kontrovers diskutierter Fall.

    Es ist ein Unterschied, ob ich mich in eine Rolle (geistig) hineinversetze, oder ob ich glaube Teil eines realen Szenarios zu sein.

  9. […] nun kenne ich also den Inhalt des Artikels in Sex Roles darüber, ob Männer in Machtpositionen nicht (nur) aus sexuellem Antrieb, sondern auch zur Kompensation ihrer ei…. Leider darf ich den Text hier nicht teilen, weil er noch nicht veröffentlicht […]

  10. #11 Fluffykowsky
    12. Juli 2018

    @#10
    Machen Sie sich nicht allzu viel draus, es gibt Leute, die ihr Wissen nicht teilen möchten und lieber unter sich bleiben. Die Kritik fällt besser aus.

  11. #12 Bullet
    13. Juli 2018

    Ich weiß, es gibt eine Fortsetzung dieses Artikels. Hab ich noch nicht gelesen. Aber, Jürgen:

    Aber dennoch wichtig zu verstehen, weil damit die generell vorgebrachte Entschuldigung, das Frauen solch ein Verhalten durch – missverständliche? – Signale bezüglich ihrer eigenen sexuellen Bereitschaft zumindest mit zu verantworten haben.

    Fehlt hier nicht etwas? “weil damit die Entschuldigung…” jaa, was ist mit der?