Drei Ansätze, um Räume zu unterscheiden: Euler-Charakteristik, Fundamentalgruppe und Geometrisierung.

Aus Sicht der Topologie sind geschlossene Flächen ‘gleich’, wenn sie sich stetig eineindeutig aufeinander abbilden lassen (cf. TvF 9). Aber wie entscheidet man, ob Flächen topologisch gleich sind?

Letzte Woche hatten wir erwähnt, daß es 3 Ansätze gibt, Räume (oder auch Flächen) von ‘innen’ zu unterscheiden. (D.h. ihre Topologie zu bestimmen, ohne von außen auf den Raum schauen zu können.)

Der erste Ansatz, Flächen “von innen” zu unterscheiden, ist durch die Berechnung der Euler-Charakteristik (cf. TvF 44 oder z.B. TvF 3). Wir hatten letzte Woche gesagt, daß man damit Flächen effektiv unterscheiden kann, für 3-dimensionale Räume dieser Ansatz aber nutzlos ist.

Der zweite Ansatz ist die Fundamentalgruppe.

Für die Sphäre weiß man (TvF 30), daß die Fundamentalgruppe nur aus dem Null-Element besteht. (D.h. jede geschlossene Kurve läßt sich auf einen Punkt zusammenziehen.)

Für den Torus gibt es hingegen z.B. die Kurven a und b im Bild unten, die sich nicht zusammenziehen lassen, also vom Null-Element der Fundamentalgruppe verschieden sind. (Wie in TvF 28 veranschaulicht, ist die Fundamentalgruppe des Torus die abelsche Gruppe Z2.)

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Für Flächen mit mehr Henkeln wird die Fundamentalgruppe immer komplizierter, sie ist (bei mindestens zwei Henkeln) immer nicht-abelsch, und man kann Flächen tatsächlich anhand ihrer Fundamentalgruppe unterscheiden.

Die analoge Frage für 3-Mannigfaltigkeiten (d.h. 3-dimensionale Räume) führt dann zunächst auf die Poincaré-Vermutung: kann man 3-Mannigfaltigkeiten von der 3-dimensionalen Sphäre durch ihre Fundamentalgruppe unterscheiden? (D.h. ist die Sphäre die einzige 3-Mannigfaltigkeit, deren Fundamentalgruppe nur aus einem Element besteht?)

Interessant ist vielleicht, daß diese Frage für die Sphäre schwieriger war als für andere 3-Mannigfaltigkeiten. Einserseits hatte Alexander 1919 gezeigt, daß es sogenannte Linsenräume gibt, die dieselbe Fundamentalgruppe haben, sich aber trotzdem topologisch unterscheiden.

Andererseits haben Haken und Waldhausen in den 60er Jahren bewiesen, daß ‘hinreichend große’ 3-Mannigfaltigkeiten (heute unter dem Namen Haken-Mannigfaltigkeiten bekannt) doch durch ihre Fundamentalgruppe eindeutig unterschieden werden können, und daß es im Prinzip auch Algorithmen für diese Unterscheidung gibt.

Das Problem ist allerdings, daß diese Algorithmen (selbst beim heutigen Stand der Computer-Technik) nicht wirklich praktikabel sind.

Und deshalb verwendet man letztlich einen dritten Ansatz, nämlich Geometrisierung, d.i. Räume in eine besonders regelmäßige Form zu bringen, um sie anschließend effektiv unterscheiden zu können. Darum soll es im Weiteren gehen.

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