Eine am Montag erschienene Studie belegt, daß frei zugängliche Arbeiten häufiger zitiert werden, unabhängig davon, ob die Arbeiten “freiwillig” oder “unfreiwillig” frei zugänglich gemacht wurden.

Die Arbeit “Self-Selected or Mandated, Open Access Increases Citation Impact for Higher Quality Research” von Yassine Gargouri, Chawki Hajjem, Vincent Lariviere, Yves Gingras, Les Carr, Tim Brody, Stevan Harnad findet sich auf dem ArXiv (und ist bei PLoS ONE eingereicht).

Es ist gelegentlich behauptet worden, die höhere Zitierhäufigkeit von “Open Access”-Arbeiten wäre keine Kausalität, sondern eine Korrelation: Autoren würden eben ihre besseren Arbeiten frei zugänglich machen und diese würden natürlich auch häufiger zitiert. Um diese Behauptung zu überprüfen (und zu widerlegen), haben die Autoren der Studie “self-selective” Open Access-Arbeiten mit “mandatory” Open Access-Arbeiten verglichen, auf der Basis von 27.197 Artikeln in 1.984 Zeitschriften. Herausgekommen ist, daß Arbeiten, die “zwangsweise” Open Access gestellt werden mußten, denselben Vorteil bei der Zitierhäufigkeit wie die “freiwillig” Open Access gestellten hatten.
Weitere Ergebnisse: Der Unterschied (gegenüber Nicht-Open-Access-Artikeln) ist um größer, je besser die Artikel sind (soll heißen: bei wenigzitierten Artikeln hilft es auch nicht so sehr, wenn sie Open Access sind) und ist unabhängig von anderen Faktoren (Alter des Artikels; Impakt-Faktor der Zeitschrift; Anzahl der Ko-Autoren, Referenzen oder Seiten; Fachgebiet; Artikel-Typ; Land).

One-sentence Summary: We demonstrate that the greater citation impact of open access research is causal rather than an artifact of author bias (i.e., authors self-selectively making higher quality research open access) by showing that the citation increase is just as great when the open access is mandatory; the open access impact advantage is independent of other correlates of citation impact, and greater for higher quality research.

Hier die Arbeit als pdf.

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– O M : Open Access, Mandated,
– Ø M : Non-Open Access, Mandated,
– O S : Open Access, Self-Selected
– Ø S : Non-Open Access, Self-Selected
Es werden jeweils die Durchscnitte der Quotienten der Logarithmen der relativen Zitierhäufigkeit dargestellt.
Weil es nicht sinnvoll ist, unterschiedliche Zeitschriften zu vergleichen, wurden für den Vergleich O/Ø nur Arbeiten herangezogen, die in Nicht-OA-Journalen veröffentlicht und zusätzlich (“freiwillig” oder “erzwungen”) von den Autoren frei zugänglich gemacht wurden oder eben nicht.

Kommentare (10)

  1. #1 rolak
    7. Januar 2010

    Interpretiere ich richtig, daß die auffälligen peaks 2006 entstehen, weil hauptsächlich zwangsweise OpenAccess gestellte Arbeiten so häufig zitiert werden?

  2. #2 rank zero
    7. Januar 2010

    Der Unterschied (gegenüber Nicht-Open-Access-Artikeln) ist um größer, je besser die Artikel sind (soll heißen: bei wenigzitierten Artikeln hilft es auch nicht so sehr, wenn sie Open Access sind)

    Ich merke an dieser Stelle nur an, dass Verf. hier wieder einen Zusammenhang zwischen Zitierrate/Impact factor und Qualität der Arbeit impliziert. Das ist insofern bedauerlich, als man es eigentlich besser wissen müsste (nach diesem Kriterium wären El Naschies Arbeiten mit die besten der Mathematik).

    Ein gutes Beispiel, wie das schleichende Gift der Verblödung wirkt: Selbst der größte Unsinn muss nur oft genug in verschiedenen Zusammenhängen wiederholt werden, damit er dann unkritisch nachgeplappert wird.

  3. #3 Thilo Kuessner
    7. Januar 2010

    @ rolak: So hätte ich das auch interpretiert. Wahrscheinlich hat es vorher weniger Organisationen gegeben, die Open Access verbindlich vorschreiben, vermute ich mal. Wobei es hier ja eigentlich um die durchschnittliche Zitierhäufigkeit pro Artikel geht, nicht um die absoluten Zahlen. Also, so richtig verstehe ich es nicht…

    @rankzero: Im Einzelfall sagt die Zitierhäufigkeit natürlich nicht viel (oder oft gar nichts) aus, aber bei 27.197 Artikeln in 1.984 Zeitschriften kann man sicherlich schon eine statistische Korrelation zwischen Zitierhäufigkeit und Bedeutung der Arbeit unterstellen.

    Übrigens werden Artikel in der Studie schon dann als “Open Access” gezählt, wenn der Autor z.B ein pdf auf seine Instituts-Webseite stellt. Es geht also NICHT um einen Vergleich zwischen verschiedenen Zeitschriften.

  4. #4 rank zero
    7. Januar 2010

    bei 27.197 Artikeln in 1.984 Zeitschriften kann man sicherlich schon eine statistische Korrelation zwischen Zitierhäufigkeit und Bedeutung der Arbeit unterstellen

    Würde ich bezweifeln, zumal das “sicherlich”. Selbst wenn es eine schwache Korrelation gibt (mit welcher Definition von Bedeutung?), wird sie vermutlich von den ganzen anderen Faktoren, die typischerweise die Zitierhäufigkeit beeinflussen, deutlich überlagert. Überdies verwendet die genannte Passage deutlich mehr als eine Korrelation, sie setzt sie faktisch gleich.

    Wenn man das auf-die Homepage-stellen als Open Access wertet, ist die Studie übrigens für die Katz’. Wir können nämlich davon ausgehen, dass bei den 27.197 Artikeln niemand wissenschaftlich solide nachgeprüft hat, wie lange, nachhaltig und zuverlässig diese Artikel wirklich frei verfügbar waren, sondern höchstens, dass sie es zu einem punktuellen Zeitpunkt frei auf einer Homepage standen. Das hat, mit Verlaub, mt Wissenschaft wenig zu tun.

  5. #5 Thilo Kuessner
    8. Januar 2010

    Wenn man das auf-die Homepage-stellen als Open Access wertet, ist die Studie übrigens für die Katz’. Wir können nämlich davon ausgehen, dass bei den 27.197 Artikeln niemand wissenschaftlich solide nachgeprüft hat, wie lange, nachhaltig und zuverlässig diese Artikel wirklich frei verfügbar waren, sondern höchstens, dass sie es zu einem punktuellen Zeitpunkt frei auf einer Homepage standen. Das hat, mit Verlaub, mt Wissenschaft wenig zu tun.

    Es geht um Artikel, die bereits (in NICHT-Open-Access-Zeitschriften) erschienen sind, und jetzt frei zugänglich sind. (Es handelt sich also nicht um Preprints, die vielleicht nach der Veröffentlichung aus dem Netz genommen werden müssen.)

    Die Autoren wollten ausdrücklich nicht Artikel aus Open-Access-Zeitschriften mit Artikeln aus Nicht-Open-Access-Zeitschriften vergleichen, weil sich Arbeiten aus unterschiedlichen Zeitschriften nicht vergleichen lassen.
    D.h. sie haben nur für verschiedene Nicht-Open-Access-Zeitschriften (jeweils für jede Zeitschrift einzeln) die nicht frei zugänglichen mit den (im ArXiv oder auf anderen Webseiten) frei zugänglichen Arbeiten verglichen, bei letzteren dann noch getrennt nach “selbstgewählter” und “erzwungener” freier Zugänglichkeit.

    Offensichtlich geht es um die freie Zugänglichkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt, so wie sich die Zahl der Zitate ja auch nur auf die Vergangenheit und nicht auf die Zukunft bezieht.

  6. #6 rank zero
    8. Januar 2010

    Genau. Wie gesagt, da insbesondere die freie Zugänglichkeit auf einer Homepage zu einem bestimmten Zeitpunkt überhaupt nichts mit der Zugänglichkeit in einem Zeitraum, in dem wissenschaftliche Kommunikation/Arbeit und ggf. Zitation erfolgte, zu tun haben muss, ist die Aussagekraft dieser Statistik nahezu 0.

  7. #7 Thilo Kuessner
    8. Januar 2010

    Noch einmal: es geht um bereits veröffentlichte Arbeiten (die nach Zeitschriften sortiert verglichen wurden), die “jetzt” (also nachdem sie zitiert wurden) öffentlich zugänglich sind. Es werden keine Aussagen darüber gemacht, ob diese Arbeiten auch in Zukunft frei zugänglich sein werden und wie oft sie in Zukunft zitiert werden.

  8. #8 Thilo Kuessner
    8. Januar 2010

    Abgesehen davon würde es in einer längerfristig angelegten Studie wohl tatsächlich Sinn machen, getrennte Statistiken aufzumachen
    – einerseits für Arbeiten, die z.B auf ArXiv Oder PubMed archiviert sind
    – andererseits für Arbeiten, die auf Instituts-Servern liegen.

  9. #9 Heinz
    8. Januar 2010

    Einen guten Überblick über den Stand der Diskussion bietet

    Davis, P. M. (2009): Studies on access: a review. arXiv:0912.3953 https://arxiv.org/abs/0912.3953

  10. #10 Thilo
    8. Juli 2011