“Zealous enthusiasm for […] Marxism, structuralism, psychoanalysis has faded. Since then a new generation of scholars have been casting about for The Next Big Thing.
The brain may be it.”
Florians Aprilscherz über die fehlenden Protonen im CERN war ja ein voller Erfolg.
Und auch die hochseriöse New York Times hatte am 1.4. einen tollen Aprilscherz im Literaturteil, eine Parodie auf Literaturwissenschaftler, die sich Naturwissenschaften (speziell Evolutionstheorie und Hirnforschung) zuwenden wollen. (Hier der Artikel.)
Gut, manches war schon ein bißchen übertrieben, z.B. die Geschichte von der Professorin für Literatur des 18. Jahrhunderts, die sagt Evolutionspsychologie wäre “the most exciting thing I could ever learn” und dann anhand einer Episode aus “Friends” (As Phoebe tells Rachel, “They don’t know that we know they know we know.” ) schlußfolgert:
This layered process of figuring out what someone else is thinking — of mind reading — is both a common literary device and an essential survival skill. Why human beings are equipped with this capacity and what particular brain functions enable them to do it are questions that have occupied primarily cognitive psychologists.
Okay, das ist ein bißchen dick aufgetragen, solche Plattheiten erzählen nicht mal Amerikaner.
Durchaus realistisch ist aber die Geschichte über “J.Gottschall” (the leading younger figure in literature and evolution), demzufolge “das Gehirn” und seine Evolution “the next big thing” nach Marxismus, Strukturalismus, Psychoanalyse sei. (Ich weiß gar nicht, warum man Fraktale in dieser Aufzählung vergessen hat:-))
Ja, das ist fast schon wieder glaubhaft: wenn die Kreationisten ständig trommeln, Evolution sei auch nur eine politische Theorie, dann wird es irgendwann vielleicht wirklich Amerikaner geben, die Evolution und Hirnforschung auf eine Stufe mit Marxismus und Strukturalismus stellen:-)
Ein bißchen zu dick aufgetragen, selbst für einen Aprilscherz, wird’s dann wieder, wenn man uns mit Evolutionstheorie erklärt, warum wir Bücher lesen:
To Mr. Flesch fictional accounts help explain how altruism evolved despite our selfish genes. Fictional heroes are what he calls “altruistic punishers,” people who right wrongs even if they personally have nothing to gain. […] We enjoy fiction because it is teeming with altruistic punishers: Odysseus, Don Quixote, Hamlet, Hercule Poirot.
So weit, so lustig. Ein wirklich gelungener Aprilscherz.
Etwas irritiert war ich dann, als am 2.4. zwar eine Korrektur unter dem Artikel veröffentlicht wurde (es ging um einen Fehler bei der Affiliation einer interviewten Professorin), aber keine Auflösung des Aprilscherzes. Dann habe ich mal gegoogelt und herausgefunden, daß es diese Wissenschaftler wirklich gibt und daß sie wirklich zu diesen Themen arbeiten. Jetzt bin ich echt verwirrt. War das etwa alles ernstgemeint von der New York Times? Die schreiben doch sonst so seriöse Artikel?
PS: Martin Cothran hat auch was dazu geschrieben.
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