“aber hier wurde ein […] Beamter geschildert, an dessen Uniform sogar die Knöpfe zerfasert waren” (Dostojewski)
Gestern wäre Norman Steenrod 100 Jahre alt geworden, Autor des Klassikers “The Topology of Fibre Bundles”
(außerdem noch Namensgeber der Eilenberg-Steenrod-Axiome für Homologietheorien und Erfinder der Kohomologieoperationen, eines der meistbenutzten ‘Werkzeuge’ der Algebraischen Topologie).
Faserbündel sind heute in Mathematik und theoretischer Physik omnipräsent, Stichwort Eichtheorien.
Was sind Faserbündel?
Viele Räume haben eine “Produktstruktur”, d.h. lassen sich beschreiben durch Koordinaten aus zwei einfacheren Räumen.
Einfachstes Beispiel ist die Ebene:
jeder Punkt der Ebene läßt sich beschreiben durch 2 Koordinaten (x,y), die Ebene R2 ist also das “Produkt” aus x-Achse und y-Achse, d.h. aus zwei reellen Zahlengeraden:
R2 = R x R.
Ebenfalls ein “Produkt” ist der Torus, nämlich ein Produkt aus zwei Kreisen
jeder Punkt auf dem Torus ist bestimmt durch seine Koordinaten auf dem waagerechten bzw. senkrechten Kreis.
In der Physik, speziell bei der Beschreibung von Feldtheorien, braucht man aber oft “getwistete” (verdrehte) Produkte, also Räume, die nur lokal wie ein Produkt aussehen. Einfachstes Beispiel ist das Möbiusband:
das ist kein Produkt aus Kreis und Einheitsstrecke: zwar kann man lokal Punkte durch zwei Koordinaten (einen auf dem Kreis und einen auf der senkrechten Strecke) beschreiben, aber wenn man einmal um den Kreis herumläuft, bekommt man plötzlich andere Koordinaten auf der senkrechten Strecke: es handelt sich um ein getwistetes Produkt, ein sogenanntes Faserbündel.
(Man nennt in diesem Beispiel den Kreis die “Basis” und die Strecke die “Faser” des Faserbündels.)
Kleeblattschlinge und Modulfläche
Ein Beispiel einer Faserung des Komplements der Kleeblattschlinge hatten wir letzte Woche gesehen:
In diesem Fall handelte es sich um ein Faserbündel, dessen Basis die Modulfläche (TvF 91) und dessen Faser der Kreis ist.
Hopf-Faserung
Eine andere bekannte Faserung der 3-dimensionalen Sphäre ist die Hopf-Faserung (die Fasern sind wieder Kreise, die Basis ist hier eine 2-dimensionale Sphäre, wie man beweisen kann – letzteres ist sicher aus dem Bild nicht sofort erkennbar):
(der rote Kreis geht durch den Punkt im Unendlichen).
Über die Hopf-Faserung könnte man sicher einige Beiträge schreiben,
7 Vorkommen der Hopf-Faserung in der Physik (von magnetischen Monopolen bis zur Dirac-Gleichung) beschreibt dieser Artikel, und “Dimensions” hat ein ausführliches Video zur Hopf-Faserung.
Noch um Begriffsverwirrung zu vermeiden: Faserbündel und Faserung sind eigentlich zwei unterschiedliche Begriffe – jedes Faserbündel ist eine Faserung, aber nicht jede Faserung ist ein Faserbündel. Die oben abgebildeten Beispiele sind aber alle Faserbündel.
Nächste Woche dann wieder zur Kleeblattschlinge.
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