Michail Chodorkowski ist wegen des Diebstahls von 218 Millionen Tonnen Öl verurteilt worden, in der ersten Version der Anklageschrift war sogar von 350 Millionen Tonnen Öl die Rede gewesen.

Wie wir hier schon mal festgestellt hatten, versagt unser Vorstellungsvermögen bezüglich großer Zahlen ab einer bestimmten Größenordnung. Offensichtlich haben dieses Problem auch die Moskauer Justizbehörden, denn sonst hätten sie sich sicher plausiblere Zahlen ausgedacht.

Also, wieviel sind 218 Millionen Tonnen Öl?

Dieses Foto von Chris Jordan zeigt 28000 Fässer Öl zu je 159 Liter, insgesamt also 4452000 Liter, das sind (wenn ich ein Gewicht von 0,85 kg je Liter ansetze) ca. 3785 Tonnen. Das sind (korrigiert) weniger als 0,002% von 218 Millionen Tonnen.

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Reingezoomt sieht das so aus:

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Man muß sich also mehr als 50000 mal diese Menge an Fässern vorstellen.

Yukos hatte übrigens zum Beispiel in 2000 “nur” 48 Millionen Tonnen Öl gefördert, in 2001 immerhin schon 58 Millionen Tonnen. (Quelle). Die vorgeblich gestohlenen 218 Millionen Tonnen stellen also die Fördermenge mehrerer Jahre dar.

Noch ein paar Zahlen, um mal die Relationen aufzuzeigen:

Deutschlandweit werden im Jahr gut 300 Millionen Tonnen Güter von der Bundesbahn bewegt.
(313 Millionen Tonnen in 2007, 379 Millionen Tonnen in 2008)

Weltweit werden im Jahr gut 300 Millionen Tonnen Kartoffeln geerntet.
(322 Millionen Tonnen in 2005, davon 11 Millionen Tonnen in Deutschland)

Und selbst die gesamte Energiebilanz Deutschlands macht nur 800 Millionen Tonnen CO2 im Jahr aus …

Kommentare (19)

  1. #1 Christian A.
    28. Dezember 2010

    Wahrscheinlich hat er alles unterm Bett versteckt.

  2. #2 Marc B.
    28. Dezember 2010

    Der Vorwurf gegen Chodorkowski ist nicht Diebstahl, sondern Unterschlagung. Und die soll er dadurch begangen haben, dass er durch kreative Buchführung den Zugriff Berechtigter auf die Güter oder ihren Erlös verhindert hat. Das juristisch problematische an dem Vorwurf ist, dass es sich um den selben Vorwurf wie beim ersten Prozess handelt, damals wurde die selbe Handlung als Steuerhinterziehung gewertet. Und die doppelte Bestrafung für ein und die selbe Handlung ist ein Verstoß gegen den Grundsatz des ne bis in idem.

  3. #3 Thilo
    28. Dezember 2010

    https://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/1028/horizonte/0012/index.html :

    In der Tat bleibt die Anklage auf geradezu absurde Weise unklar. Erst legte sie nahe, die Angeklagten hätten das Erdöl der Yukos-Töchter sozusagen physisch aus der Pipeline gestohlen. Dann aber wurden die Vorwürfe auf eine so abstrakte Ebene gehoben, dass gewissermaßen nicht mehr Chodorkowski selbst, sondern der Kapitalismus insgesamt vor Gericht steht. Yukos habe Erdöl billig erworben und teuer verkauft; der Gewinn daraus sei in den Ausbau des Konzerns geflossen und habe so den Aktienkurs in die Höhe getrieben, wovon Mehrheitseigner Chodorkowski profitiert habe.

  4. #4 S.S.T.
    28. Dezember 2010

    Absurdistan.

    Vielleicht kann man sich ja die Richter günstig mieten, falls man selber in die Bredouille kommt oder Jemandem ganz kräftig in den Arm treten will. Ebay? Das gewünschte Urteil nach Höchstgebot?

  5. #5 Sven Türpe
    28. Dezember 2010

    Yukos habe Erdöl billig erworben und teuer verkauft; der Gewinn daraus sei in den Ausbau des Konzerns geflossen und habe so den Aktienkurs in die Höhe getrieben, wovon Mehrheitseigner Chodorkowski profitiert habe.

    Nach diesem Muster konstruierte Vorwürfe sind auch in Deutschland zunehmend zustimmungsfähig, wenngleich glücklicherweise nicht justiziabel.

  6. #6 Grundumsatz
    28. Dezember 2010

    Also ich glaube nicht, dass der Mann in irgendwelche Ungesetzlichkeiten verwickelt ist. Jemand der innerhalb von 10 Jahren mehrere Milliarden Dollar Privatvermögen anhäuft, ist ganz sicher eine ehrliche Haut.

  7. #7 Thilo
    28. Dezember 2010

    @ Grundumsatz:
    Nach dieser Logik müßten in Rußland alle Millirdäre präventiv vor Gericht gestellt werden. Das passiert aber nicht. Warum wohl?

  8. #8 Grundumsatz
    28. Dezember 2010

    @Thilo

    Wenn man Wikipedia glauben darf, dann gabs für die Oligarchen so eine Art Amnestie. Chodorkowski hat sich aber wohl nicht ganz an die damit verbundenen Auflagen gehalten.

  9. #9 Sven Türpe
    28. Dezember 2010

    Jemand der innerhalb von 10 Jahren mehrere Milliarden Dollar Privatvermögen anhäuft, ist ganz sicher eine ehrliche Haut.

    Sicher ist das nicht, aber gut möglich. Man schaue sich beispielsweise den Börsenwert an, den Google binnen eines Jahrzehnts erreicht hat, die Erfolgsgeschichte von Bill Gates oder den Reichtum arabischer Herrscher. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass Verbrechen niemanden so weit bringen.

  10. #10 S.S.T.
    28. Dezember 2010

    @Sven Türpe

    Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass Verbrechen niemanden so weit bringen.

    Nun ja, zumindest sind die Grenzen fließend.
    “Behind every fortune is a crime”
    Macht jedoch den Prozess nicht besser.

  11. #11 Grundumsatz
    29. Dezember 2010

    @Sven Türpe

    Jup, Microsoft ist ein gutes Beispiel für Ehrlichkeit und Gesetzestreue.

  12. #12 JetztNochBesser
    29. Dezember 2010

    Ich möchte nur kurz darauf hinweisen, dass es die “Bundesbahn” schon seit 16 Jahren nicht mehr gibt. 🙂

  13. #13 Matthias Nispel
    29. Dezember 2010

    4452t sind ( π x Daumen 🙂 ein 50.000stel, oder 0.002% von 218 Millionen t
    (Nitpickermodus aus).

  14. #14 Rahmsen
    1. Januar 2011

    Wer sich mal ein paar Hintergründe zu dem Fall erfahren will, kann ja mal dieses Youtube-Video angucken.

  15. #15 Stefan W.
    1. Januar 2011

    Wie ein Foto sieht das für mich nicht aus.

  16. #16 adenosine
    4. Januar 2011

    Na ja, ca. 500 Fahrten mit einem großen Tankschiff

  17. #17 Thilo
    4. Januar 2011

    Hmm, die Exxon Valdez hatte ein Fassungsvermögen von 210.000 Tonnen (war aber nur mit 163.000 Tonnen beladen). Es gibt aber auch Tanker mit mehr als doppelt so großem Fassungsvermögen.

    Also nur gut 1000 mal der Inhalt der Exxon Valdez.

    Laut Wikipedia soll die Jahre Viking sogar 652 Millionen Liter fassen – das sieht für mich aber nach einem Tippfehler aus, gemeint sind vielleicht doch eher 652000 Liter?

  18. #18 Stefan W.
    4. Januar 2011

    Nimmt man – überschlagsweise – 1L := 1kg, so sind 652 000 L also 652 Tonnen, oder in LKW 20 Dreißigtonner.

    Nein, nein – 20 Dreißigtonner nimmt doch jede popelige Fähre auf. 20 000 LKWs klingt zwar sehr groß, aber im 3-dimensionalen Raum verliert sich das rasch 🙂 . 90 hinternander, 15 übernander, 15 nebeneinander – das geht schon.

  19. #19 Thilo
    4. Januar 2011

    Ja, sorry, im Wikipedia-Artikel über die “Jahre Viking” geht es natürlich um Liter und nicht um Tonnen, stimmt schon.