2n > 2n. Warum man beim Kopieren das Formatieren nicht vergessen sollte …
Wir hatten hier ja schon mal über eine Plagiatsaffäre Wegman berichtet.
Zur Erinnerung: der Statistiker Edward Wegman hatte in einer 2008 veröffentlichten Arbeit “Social networks of author-coauthor relationships” nachweisen wollen, daß ‘traditionelle’ Formen der Kooperation (ein Chef und mehrere Mitarbeiter oder Studenten) zu zuverlässigerer und kreativerer Wissenschaft führen als Kooperationen gleichrangiger Wissenschaftler. Die Ergebnisse der Studie hatte er verwendet in einem Report für den US-Kongreß, der die Klimaforschung und speziell Michael Mann in ein schlechtes Licht rücken sollte. Es stellte sich dann vor einigen Monaten heraus, daß Teile dieser Studie aus Lehrbüchern und der Wikipedia abgeschrieben waren, worüber wir hier berichtet hatten, Wegman hatte die Schuld an diesem Plagiat dann einer damaligen Doktorandin zugeschoben, die aber seinerzeit gar nicht als Koautorin der Studie aufgeführt worden war…
Über einen mindestens ebenso skurillen weiteren Plagiatsvorwurf gegen Edward Wegman berichtet jetzt Andrew Gelman.
Es handelt sich um den von Wegman mit Said verfaßten Artikel “Roadmap for Optimization” (in dem es übrigens diesmal NICHT um Kritik an der Klimaforschung geht) und um folgende Stelle:
Klee and Minty3 developed a linear programming problem in which the polytope P is a distortion of a d-dimensional cube. In this case, the simplex method visits all 2d vertices before arriving at the optimal vertex. Thus the worst-case complexity for the simplex algorithm is exponential time.
Nun weiß jeder Schüler, daß der 3-dimensionale Würfel 8 Ecken hat, und jeder Erstsemester sollte wissen, daß es beim d-dimensionale Würfel 2d Ecken sind.
Wie es zu diesem Fehler kommen könnte, dafür liefert Andrew Gelman in seinem Artikel eine plausible Erklärung: der obige Text ist fast identisch mit einem Teil einer früheren Version des Wikipedia-Artikels zum Simplex-Verfahren. In dieser Version wurde die Zahl der Ecken des n-dimensionalen Würfels auch korrekt mit 2n angegeben. ABER: wenn man den Text mit Copy&Paste herüberzieht, dann wird aus dem 2n ein 2n, und das müßte man dann wohl oder übel noch mal von Hand nachformatieren.
Zur inhaltlichen Bewertung ist bei Andrew Gelman eigentlich alles gesagt.
Ich will aber, da es sich hier ja um einen Mathe-Blog handelt, noch nachtragen, WARUM (außer für n=1 und n=2) NIE 2n=2n ist:
man kann nämlich mit vollständiger Induktion beweisen, daß für alle natürlichen Zahlen n>2 die Ungleichung 2n>2n gilt: den Induktionsanfang für n=3 schafft wohl jeder selbst, und aus der Induktionsvoraussetzung 2n>2n folgert man die Induktionsbehauptung 2n+1>2(n+1) mittels der Ungleichungskette 2n+1=2.2n>2.2n=2n+2n>2n+2=2(n+1). Gar nicht so schwer.
Also, liebe Schulkinder (falls hier welche mitlesen), ganz wichtig: beim Kopieren aus der Wikipedia immer noch mal die Exponenten von Hand nachformatieren!
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