Nur die Überschrift war falsch.
WPK Quarterly berichtet in seiner neuen Ausgabe über die erfolgreiche Unterlassungsklage einer Journalistin gegen Stefan Rahmstorf im Zusammenhang mit seiner Kritik am FR-Artikel “Neue Fehler beim Klimarat: IPCC macht aus Nordafrika ganz Afrika”.
In der Klage ging es eigentlich um die zu unterlassenden Vorwürfe, die Autorin des FR-Artikel habe von North und Leake abgeschrieben sowie nach Erscheinen von Rahmstorfs Kritik ihn über die FR-Redaktion gebeten, seine Kritik ohne Namensnennung zu veröffentlichen. (Die Vermutung drängt sich auf, daß die FR-Redaktion letztere Bitte ohne Zutun der Journalistin aus eigenem Antrieb an Rahmstorf herantrug, aber das ist natürlich Spekulation.)
Ich finde in dem langen Artikel in WPK Quarterly aber einen anderen Aspekt viel interessanter.
Zunächst, zur Einordnung: der WPKQ-Artikel befaßt sich mit Rahmstorfs Kritik an dem FR-Artikel. Kurz zusammengefaßt geht es um folgendes: im IPCC-Report hieß es, bis 2020 könnten in einigen Ländern Afrikas die landwirtschaftlichen Erträge (wegen auf den Klimawandel zurückzuführender Wasserknappheit) um 50% sinken. Diese Zahl 50% stammt von einem Mitarbeiter des marokkanischen Umweltministeriums und bezieht sich demzufolge nur auf Nordwestafrika.
In dem FR-Artikel wurde das wohl auch korrekt so dargestellt (laut WPKQ mit “verhältnismäßig deutlichen” Wertungen – ich kann das nicht überprüfen, weil der FR-Artikel nicht mehr online ist), nur erschien der FR-Artikel dann unter der Überschrift “Neue Fehler beim Klimarat: IPCC macht aus Nordafrika ganz Afrika” – und die ist natürlich Unfug, denn im IPCC-Report war ausdrücklich nur von “einigen Ländern” (noch nicht einmal, was die Überschrift vielleicht hätte rechtfertigen können, von einigen Ländern Afrikas) die Rede gewesen.
(Um diese Fragen war es, nebenbei bemerkt, bei der in Köln verhandelten Unterlassungsklage nicht gegangen – dort ging es um die oben im 3. Absatz erwähnten Vorwürfe.)
Der Aspekt, den ich im WPKQ-Artikel interessant finde, ist aber folgende bemerkenswerte Entschuldigung:
Zutreffend erscheint lediglich die Kritik an der Überschrift des Artikels
in der FR, die aber nicht von Irene Meichsner stammt.
Da weiß man dann gleich wieder, warum man lieber bei den scienceblogs schreibt als irgendwo anders: hier gibt es keine Redaktion, die uns reißerische (und im Widerspruch zum Inhalt des Artikels stehende) Überschriften verpaßt, für die wir dann hinterher womöglich durch den Kakao gezogen werden könnten.
Vielleicht sollten sich Journalisten das Recht auf Ablehnung von Überschriften vertraglich zusichern lassen :-).
PS: Im WPKQ-Artikel finden sich mehr interessante Statements:
[…] Rahmstorf nicht der einzige Wissenschaftler ist, der sich über Fehler
oder Verzerrungen in der Berichterstattung beklagt. Möglicherweise ist er jemand, der das besonders lautstark tut.
Die Auffassung, man könne der Medienberichterstattung über Wissenschaft
lediglich mit einer wahr-falsch Kategorie in der Rolle des wissenschaftlichen Experten zu Leibe rücken, dürfte weithin zustimmungsfähig sein. Dass sich Wissenschaftler dabei aber auf ein schwieriges Terrain begeben, was Risiken für die eigene Glaubwürdigkeit birgt, kann mit Hilfe dieses Einzelfalles illustriert werden.
Da auf weitere illustrierende Beispiele verzichtet wird, kann sich nun jeder seine eigenen Gedanken machen, was die WPK mit diesen doch sehr allgemeinen Formulierungen vielleicht gemeint haben könnte.
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