Wie man mit Spitzenforschung Geld verdient.
Wir hatten hier vor 2 Wochen über den Boykottaufruf gegen Elsevier berichtet. Der hat inzwischen an die 6000 Unterstützer und hat zu einem Kurssturz (na ja, immerhin 3%) der Elsevier-Aktien geführt.
Die Investment-Firma Exane BNP Paribas gibt ihren Kunden nun unter der Überschrift “Noise around boycott against Elsevier offers short term trading opportunity” folgenden Ratschlag (meine Übersetzung):
Reed Elsevier war in der letzten Woche die am schlechtesten performende Medien-Aktie. Wir glauben, dass dies auf Befürchtungen der Anleger im Zusammenhang mit T.Gowers Petition zum Boykott des Publizierens und Referierens in Elsevier-Zeitschriften zuruckzuführen ist. Wir halten die Reaktion der Aktienkurse fur übertrieben und empfehlen, die Aktie zu kaufen.
Wissenschaftler boykottieren den Boykott
Ähnliche Aktionen fur Open Access waren 2000 und 2007 organisiert worden und blieben ohne Einfluss auf Elseviers Geschäftszahlen. Unsere Analyse zeigt nicht nur, dass diese neueste Petition hinter den beiden anderen zurückbleibt, sondern deutet auch an, dass sie an Impuls verliert. Weniger als 5000 Wissenschaftler haben unterzeichnet, während Elsevier mit mehr als 6 Millionen Wissenschaftlern weltweit arbeitet. Das langsame Infahrtkommen der Petition zeigt die verbesserte Wahrnehmung Elseviers in der wissenschaftlichen Gemeinschaft.
Open Access mittelfristig wahrscheinlich ohne finanzielle Folgen und eingepreist
Der Anteil von Open Access wächst um weniger als 1% im Jahr. Elseviers Vertragszeiträume wachsen und die Wachstumsbestrebungen des Unternehmens richten sich nicht auf die Preise, sondern auf neue Produkte. Es ist unwahrscheinlich, dass Open Access in den nachsten 5 Jahren Elsevier schaden wird und die längerfristigen Risiken sind aus unserer Sicht mehr als eingepreist.
Um zumindest ein Missverständnis hier auszuräumen: beim aktuellen Boykottaufruf geht es nicht primär um Open Access, jedenfalls nicht in der Form von “Autor zahlt” (warum das “Autor zahlt”-Modell für die Mathematik ungeeignet ist, hatten wir hier schon mal diskutiert, sinnvoll als Erganzung zu Fachzeitschriften sind natürlich aber frei zugängliche Server wie das ArXiv), sondern es geht den Inititiatoren des Boykotts in erster Linie ganz schlicht und banal um die viel zu hohen Zeitschriftenpreise.
Mehr Informationen bei Gowers’s Blog, insbesondere auch in den Kommentarspalten.
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