Wo Löwen und Drachen wohnen.

Die letzten beiden Wochen war ich in Deutschland in Berlin zu einer Konferenz und Sommerschule über Topologie und Gruppen. In dem Rahmen fand am Freitag auch das Sommerfest der Berlin Mathematical School statt, wo unter anderem deren erneuerte Förderung im Rahmen der Exzellenzinitiative gefeiert wurde. (Neben dem Exzellenz-Cluster in Bonn ist die BMS das einzige in diesem Rahmen geförderte mathematische Projekt.)

Den Festvortrag hielt Martin Bridson zum Thema Discrete Groups: A Story of Geometry, Complexity and Imposters:
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Das Bild links ist in der Verkleinerung vielleicht schwer zu entziffern (das Original ist hier), es soll eine Landkarte aller mathematischen Gruppen darstellen. Am einen Rand hat man die (gut verstandenen) “mitttelbaren” Gruppen (engl.: “amenable” groups), zu denen auflösbare (insbes. nilpotente, insbes. abelsche) und auch alle endlichen Gruppen gehören. Am anderen Ende hat man die hyperbolischen Gruppen und noch allgemeiner die CAT(0)-Gruppen (erstere haben negative, letztere immerhin noch nichtpositive Krümmung), das sind in den letzten 30 jahren sehr aktive Froschungsgebiete der Geometrischen Gruppentheorie, und dazwischen hat man “Hic abundant leones”, hier wohnen Löwen.
Das erinnert natürlich an den Nachbarblog “Hier wohnen Drachen” und tatsächlich haben, wie sich mit wenigen Klicks herausfinden läßt, beide Namen einen gemeinsamen Ursprung: in antiken und mittelalterlichen Landkarten wurden unerforschte Gebiete mit “Hic abundant leones” gekennzeichnet, wohl weil es oft um afrikanische Wüstengegenden ging, die Inschrift “Hic sunt dracones” hingegen kommt nur auf dem Lenux Globe belegt vor, dort bezeichnete sie unerforschte Gebiete an den Küsten Ostasiens. Mit den Drachen waren wohl die Komodowarane gemeint, die aber in Wirklichkeit nur auf einigen Inseln Indonesiens leben.

Jedenfalls war es ein sehr lebendiger und teilweise lustiger Vortrag.
Die Folie zum Thema Undecidability (Unentscheidbarkeit) zum Beispiel begann mit dem Satz

Undecidabillity

This is not about religion or Schrödinger’s cat!

um zu erklären, dass es es bei seinen Resultaten (zur Nichtexistenz von Algorithmen, welche das Isomorphismusproblem für residuell endliche Gruppen mit isomorphen pro-endlichen Vervollständigungen lösen) um nichts mysteriöses, sondern letztlich um eine simple Anwendung des Cantorschen Diagonalverfahrens ginge.
Ein Spruch, den man sich merken sollte, wenn mal wieder jemand den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen eine philosophische Bedeutung überstülpen möchte …

Der Vortrag fand übrigens in der Alten Schmiede (Bild unten) am Gasometer auf dem EUREF-Campus statt, eine sehr interessante Location, wo laut Webseite die Vision der Intelligenten Stadt von Morgen entwickelt wird. Leider gab es einige Probleme mit der Technik, mehrmals fielen Beamer und Mikrofon aus, so dass der Sprecher gezwungen war kurzzeitig zu improvisieren.
Überhaupt scheint in Berlin manches nicht mehr zu funktionieren, mir ist es in 2 Wochen ungefähr ein halbes Dutzend Mal passiert, dass S-Bahnen ausfielen oder verspätet kamen, vom nicht existierenden Flughafen gar nicht zu reden … Die Konferenz selbst war aber jedenfalls sehr gut organisiert und mit 170 Teilnehmern ungewöhnlich groß. Und der FU-Campus hat natürlich eine Lage und Ausstattung, mit der die meisten naturwissenschaftlichen Institute in Deutschland nicht mithalten können.


https://www.eurefcampus.de/de/veranstaltungen/gasometer-und-schmiede/

Kommentare (8)

  1. #1 Kritiker
    2. Juli 2012

    Nach dieser Klassifikation ist die Monstergruppe kein Löwe …

  2. #2 rolak
    2. Juli 2012

    Zuviel an Tiere gedacht? /Froschungsgebiete/
    Damit ein MittelT existiert? /mitttelbaren/
    🙂 doch nicht nur amüsierend, der post.

  3. #3 simon
    2. Juli 2012

    ein kommentar ganz abseits zum thema,
    ich kann momentan nur per smartphone auf die seite zugreifen, und habe jetzt schon zum 2ten mal in 2 tagen auf scienceblogs so eiin ‘handy-abzocker- werbungspopup bekommen, ala beim nächsten klick zahlen sie 24monate 5 – wäre es möglich diese dch sehr unseriöse werbung abzuschaffen, schadet meiner meinung mehr als dass es geld bringt. Sowas ‘gehört’ doch auf warez seiten
    hab leider die genauen beworbenen frimen nicht mehr im kopf

  4. #4 Thilo
    2. Juli 2012

    @ rolak: ich lass die Tippfehler mal stehen, lustig genug
    @ simon: ich geb’s an die Redaktion weiter, aber das ist zur Zeit nur eines von vielen ungelösten technischen Problemen. Angeblich wird das alles besser wenn wir demnächst zu wordpress wechseln.

  5. #5 Stefan W.
    2. Juli 2012

    Nicht nur das – Berlin/Brandenburg hat auch Probleme mit Hilberts Hotel. 😉

  6. #6 camil7
    2. Juli 2012

    In Berlin ist man eigentlich erstaunt, wenn gerade mal was funktioniert.
    Von daher ist die Frage, wann die naechste S-Bahn kommt, eigentlich angewandte “Undecidabillity”. Ich dachte immer, das liegt am unfaehigen Mamagement, aber eventuell ist es ja auch angewandte Feldforschung 😉

  7. #7 rolak
    3. Juli 2012

    Darüber wird sich vielleicht noch der eine oder andere erfreuen, Thilo…

  8. #8 Simon
    6. Juli 2012

    Also ich hatte das noch paar Mal vom Smartphone aus, vom Laptop nie
    danke fürs weitergeben