Noch bis Donnerstag in der Mediathek.
Ein Leser wies mich auf den Film “Die Code-Knacker” hin, der am Donnerstag abend lief und noch bis kommenden Donnerstag als Video in der 3sat-Mediathek angesehen werden kann: https://www.3sat.de/mediathek/?display=1&mode=play&obj=31706.
Trotz des Titels geht es nur am Rande um Verschlüsselung, sondern vor allem um Primzahlen und die Riemann-Vermutung und um Mathematiker, die die Riemann-Vermutung in den letzten 150 Jahren zu beweisen versucht haben.
Ein sehr gut gemachter Film mit einprägsamen Bildern zur Unterlegung der mathematischen Thesen.
Um hier auch noch einen Kritikpunkt anzubringen: ziemlich am Anfang (Minute 2:00) wird gesagt: “Viele glauben, dass im Beweis der Riemannschen Vermutung auch der Schlüssel zu geheimen Informationen in den Primzahlen steckt.” Das freilich wird nicht nur geglaubt, sondern es ist durchaus bewiesen, dass aus der Riemann-Vermutung nicht nur eine Näherungsformel für die Verteilung der Primzahlen, sondern auch eine genaue (und optimale) Abschätzung für den Fehler dieser Näherungsformel folgen würde – dieser Zusammenhang von Primzahlverteilung und Nullstellen der Zeta-Funktion war ursprünglich der Grund für Riemanns Beschäftigung mit der Zeta-Funktion und dieser Zusammenhang hätte im Film auch erwähnt werden sollen. So fragt sich der zuschauende Laie jetzt wahrscheinlich, was die beiden Themen des Films, die Zeta-Funktion und die Primzahlverteilung, denn nun eigentlich miteinander zu tun haben.
Link zum Video: https://www.3sat.de/mediathek/?display=1&mode=play&obj=31706.
Ich habe mir mal kurz angeschaut, was man in den Math Reviews an neueren Arbeiten zum Stichwort “Riemann Hypothesis” findet. Meist handelt es sich um Arbeiten, in denen Beweise anderer Theoreme unter der Annahme geführt werden, dass die Riemann-Vermutung oder ihre Verallgemeinerung für L-Funktionen wahr seien. (Zwei Beispiele aus der Topologie, die mir dazu einfallen, sind Greg Kuperbergs Beweis, dass man Unentknotbarkeit in polynomieller Zeit algorithmisch überprüfen kann oder eine Arbeit von Frank Calegari und Nathan Dunfield über rationale Homologiesphären mit großem Injektivitätsradius.)
Beim im Film beschriebenen ‘physikalischen’ Ansatz von Hugh Montgomery geht es um die Vermutung, dass die Verteilung der Nullstellen der Zeta-Funktion gerade der Verteilung der Eigenwerte zufälliger Hermitescher Matrizen entspricht (was möglicherweise als Evidenz dafür gesehen werden kann, dass sich die Nullstellen als 1/2 +it darstellen lassen, wobei t die Eigenwerte eines selbstadjunfierten Operators durchläft – daraus würde die Riemann-Vermutung natürlich folgen). Der dann diskutierte ‘nichtkommutative’ Ansatz wurde in den 90er Jahren von Connes vorgeschlagen: er nimmt den Adele-Ring AQ und betrachtet dessen Quotienten AQ/Q* als ‘nichtkommutativen’ Raum, auf dem die Ideleklassengruppe AQ*/Q* wirkt. Dazu assoziiert hat man einen Operator, dessen Spektrum gerade die Nullstellen der Zeta-Funktion sind. Die Riemann-Vermutung würde dann aus einer passenden Spurformel folgen. (Die Arbeit erschien 1998 auf dem ArXiv, wurde 1999 in “Selecta Mathematica” veröffentlicht und verwendet übrigens keine nichtkommutative Geometrie.) Und über den Ansatz von de Branges kann man sich in seiner Arbeit “A Conjecture which Implies the Riemann Hypothesis” informieren.
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