Minimalflächen im hyperbolischen Raum.
Wir hatten in TvF 233 die Minimalflächen im 3-dimensionalen euklidischen Raum und in TvF 234 die Minimalflächen in der 3-dimensionalen Sphäre beschrieben, jedenfalls so weit bekannt. Als nächstes kann man natürlich fragen, welche Minimalflächen es im hyperbolischen Raum gibt.
Die hyperbolische Geometrie ist viel komplizierter als die euklidische oder sphärische, zum Beispiel hat sie interessantere Symmetriegruppen (TvF 59):
Silvio Levy: “Escher Fish”
Erst recht gilt das für den 3-dimensionalen hyperbolischen Raum, dessen Symmetrien freilich schwerer zu veranschaulichen sind.
Charles Gunn: Hyperbolic Space tiled with Dodecahedra
Und entsprechend hat man im hyperbolischen Raum H3 auch viele Minimalflächen, manche mit sehr vielen Symmetrien. Zum Beispiel gibt es Minimalflächen, deren Symmetriegruppen die Symmetriegruppen der Pflasterungen des H3 durch platonische Körper oder durch Coxeter-Orthoschemata sind.
Polthier
Minimalflächen und der Rand im Unendlichen
Minimalflächen im hyperbolischen Raum sind nicht kompakt, um ihr asymptotisches Verhalten im Unendlichen zu beschreiben braucht man den letzte Woche diskutierten “Rand im Unendlichen” des hyperbolischen Raumes. Den sieht man vielleicht am besten im Poincaré-Disk-Modell (Bild unten aus der Wikipedia), wo der “Rand im Unendlichen” der Einheitssphäre entspricht.
Die geodätischen Ebenen sind in diesem Modell gerade Ebenen und Sphären (soll heißen: deren Schnitte mit der Kugel), die auf dem Rand senkrecht stehen. Diese schneiden den “Rand im Unendlichen” also in Kreisen, und sie sind natürlich Minimalflächen.
Wieviele weitere Minimalflächen gibt es im hyperbolischen Raum?
Wie schon im euklidischen Fall folgt auch hier aus dem Maximumprinzip, dass es keine kompakten Minimalflächen geben kann. Jede Minimalfläche muss also den “Rand im Unendlichen” in einer oder mehreren Kurven schneiden. Die geodätischen Ebenen, die natürlich auch Minimalflächen sind, schneiden, wie gesagt, den Rand in einem Kreis.
Es stellt sich aber heraus, dass es noch sehr viel mehr Minimalflächen gibt, sogar solche, die topologische Ebenen sind.
Man kann zu jeder “Kurve im Unendlichen” eine Minimalfläche finden, die “im Unendlichen” gegen diese Kurve konvergiert. Das wurde 1982 von Michael Anderson bewiesen. Kurz danach bewies er auch, dass man sogar eine Minimalebene (also eine Minimalfläche ohne Henkel) zu jeder “Kurve im Unendlichen” finden kann. Coskunuzer bewies 2006, dass für ‘die meisten’ Randkurven diese Minimalebene eindeutig bestimmt ist.
Andererseits gibt es aber auch Minimalflächen mit beliebig vielen Henkeln. (Coskunuzers Satz sagt nur etwas über eindeutig bestimmte Minimalebenen, nicht über Minimalflächen mit Henkeln.)
Und (anders als im euklidischen Raum oder der Sphäre) können Minimalflächen im hyperbolischen Raum verknotet sein. Also auch hier wieder: in der hyperbolischen Geometrie ist alles viel komplizierter.
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