Wieder mal scheint ein bekanntes mathematisches Problem gelöst zu sein: die Frage nach Bedingungen für die Existenz von Kähler-Einstein-Metriken. Gang Tian sowie Xiuxiong Chen, Simon Donaldson und Song Sun haben letzte Woche die Endfassungen ihrer Preprints auf das ArXiv gestellt (hier und hier).
Einstein-Metriken
In der allgemeinen Relativitätstheorie wird die Gravitation durch die Krümmung einer pseudo-Riemannschen Metrik auf der Raum-Zeit beschrieben. Letztere wird durch die Einsteinschen Feldgleichungen
mit dem Energie-Impuls-Tensor in Zusammenhang gebracht. Im Vakuum, wenn der Energie-Impuls-Tensor verschwindet, bedeutet diese Gleichung einfach, dass die Ricci-Krümmung ein konstantes skalares Vielfaches der Metrik ist. (Man spricht auch von “konstanter Ricci-Krümmung”, aber natürlich handelt es sich bei der Ricci-Krümmung nicht um eine Zahl, sondern um einen Tensor.)
(Pseudo-)Riemannsche Metriken mit “konstanter Ricci-Krümmung” werden deshalb in der Differentialgeometrie als Einstein-Metriken bezeichnet. Einige Einstein-Metriken wie die oben visualisierte äußere Schwarzschild-Lösung werden in der Science Fiction-Literatur gerne als mögliche Weltmodelle präsentiert. In der Mathematik interessiert man sich für die topologischen und geometrischen Bedingungen, unter denen auf einer Mannigfaltigkeit Einstein-Metriken existieren.
In Dimensionen sind Einstein-Metriken dasselbe wie Metriken konstanter Schnittkrümmung und die Frage nach deren Existenz wurde durch die von Perelman bewiesene Geometrisierungsvermutung (bzw. in Dimension 2 schon von Riemann, Koebe und Poincaré) beantwortet. In höheren Dimensionen hat man zwar viele Einzelresultate, aber wohl kein kohärentes Gesamtbild (mancher vermutet sogar, dass alle Mannigfaltigkeiten der Dimension
eine Einstein-Metrik tragen könnten), weshalb man sich auf Spezialfälle beschränkt, insbesondere den von Kähler-Einstein-Metriken.
Kähler-Metriken
Kähler-Mannigfaltigkeiten umfassen unter anderem projektive Mannigfaltigkeiten (d.h. die komplexen projektiven Varietäten ohne Singularitäten, mit der von der Fubini-Study-Metrik des komplex projektiven Raumes induzierten Metrik) und ermöglichen sozusagen die Übernahme von Methoden der Algebraischen Geometrie auf einen Teil der Differentialgeometrie. Kähler-Mannigfaltigkeiten sind ein Spezialfall der symplektischen Mannigfaltigkeiten, ein Begriff der ursprünglich aus dem Hamilton-Formalismus der klassischen Mechanik entstanden ist. In den 50er Jahren war “bewiesen” worden, dass jede symplektische Mannigfaltigkeit Kählersch ist, dieser Beweis stellte sich aber als falsch heraus und Thurston fand in den 70er Jahren erste Gegenbeispiele symplektischer Mannigfaltigkeiten, die die für Kähler-Mannigfaltigkeiten notwendigen Symmetrien der Hodge-Zahlen (aus denen insbesondere folgt, dass die ungeraden Betti-Zahlen gerade sein müssen) nicht erfüllen können, in Thurstons Beispielen war
. Inzwischen weiß man, dass es viel mehr symplektische als Kähler-Mannigfaltigkeiten gibt.
Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten
Kähler-Einstein-Metriken sind Metriken, die gleichzeitig Einsteinsch und Kählersch sind. Von besonderem Interesse in der Stringtheorie sind (6-dimensionale) Kähler-Einstein-Metriken mit Ricci-Krümmung 0, sogenannte Calabi-Yau-Metriken, denn diese sollen die in der Stringtheorie zu den 4 Raum-Zeit-Dimensionen neu hinzukommenden 6 Dimensionen modellieren.
Die von Shing-Tung Yau in den 70er Jahren bewiesene Calabi-Vermutung besagte, dass solche Metriken auf allen Kähler-Mannigfaltigkeiten mit erster Chernklasse existieren. (Letztere nennt man heute Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten.)
Auch für Kähler-Mannigfaltigkeiten mit $latex c_1<0$
wurde die Existenz von Kähler-Einstein-Metriken damals von Aubin und Yau bewiesen. Für Kähler-Mannigfaltigkeiten mit fand man hingegen Gegenbeispiele von Mannigfaltigkeiten, die keine Kähler-Einstein-Metrik tragen können. (Was es bedeutet, dass die Chern-Klasse positiv oder negativ sein soll, wird hier erklärt.)
Positive Chern-Klasse
Als Fano-Mannigfaltigkeiten bezeichnet man projektive Mannigfaltigkeiten mit . Die Frage nach Bedingungen für die Existenz von Kähler-Einstein-Metriken auf Fano-Mannigfaltigkeiten scheint durch die Arbeiten von Tian und Chen-Donaldson-Sun jetzt beantwortet. Die Bedingung läßt sich zwar griffig in einem Satz formulieren:
If a Fano manifold is
-stable, then it admits a Kähler-Einstein metric.
aber die genaue (auf Tian zurückgehende) Definition der -Stabilität ist dann doch recht technisch. Überblicksartikel, in denen insbesondere
-Stabilität erklärt wird, findet man hier und hier, und ein älterer nicht-technischer Blogpost zum Thema ist hier.
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