Auf Spiegel Online wird heute über die Gedächtnisleistungen von Schimpansen berichtet. Schimpansen, denen man (in jahrelanger Arbeit) die Reihenfolge der Ziffern 1-9 beigebracht hat, sind dann in der Lage, die Reihenfolge von auf dem Bildschirm nur 2 Zehntelsekunden lang angezeigten Ziffern aus dem Gedächtnis zu reproduzieren – eine “Sofortgedächtnis”-Leistung, die beim Menschen offenbar verlorengegangen ist. Darüber wurde auf dem AAAS-Kongreß in Boston vorgetragen, unterlegt mit einem wirklich beeindruckenden Video vom 1. Februar diesen Jahres:
Man könnte daran jetzt allerlei Gedanken anschließen darüber, wie sich unsere Gedächtnisleistung entwickelte und weiter entwickeln wird. (Kennt jemand den Stand der Forschung zu diesem Thema?) Unsere Großeltern lernten noch zehnseitige Gedichte auswendig, was sich heute wohl niemand antun würde. Und wer das iPad nebst Google-Anschluß und Buch- und pdf-Sammlung jederzeit dabeihat, der wird sich in Zukunft auch nichts mehr merken müssen, allenfalls die Schlagworte für die Google-Suche.
Etwas kurios finde ich aber, dass auch der SpOn-Bericht selbst ein Beispiel für unsere nachlassende Gedächtnisleistung zu sein scheint. Die vorgestellten Ergebnisse sind nämlich keineswegs neu, im Internet findet man ohne weiteres ältere Artikel zum selben Thema. Zwar wird bei SpOn berichtet:
Vor einigen Jahren, als Matsuzawa dasselbe Experiment mit der Ziffernfolge bis “7” vorführte, hielten es einige noch für möglich, dass ein Mensch mit viel Training ähnliches vollbringen könnte. “Neun Zahlen aber sind viel schwieriger als sieben”, erklärt der Forscher. “Ich kann Ihnen versichern: Das würde keiner von Ihnen schaffen.” Und niemand im Auditorium der großen AAAS-Konferenz in Boston, wo der Japaner seine Ergebnisse präsentierte, hatte Zweifel daran.
aber selbst unser Mutterverlag National Geographic hat schon seit Oktober 2008 ein Video mit teilweise denselben Bildern auf seiner Webseite und auch dort können sich die Schimpansen bereits Zahlen 1-9 (und nicht nur 1-7) merken:
Einen Vorteil hat unser nachlassendes Gedächtnis jedenfalls: man kann die selben Meldungen immer wieder als topaktuelle neue Erkenntnisse verkaufen.
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