Die einflussreiche israelische Tageszeitung Haaretz hatte vorletzte Woche einen langen Artikel über G.D.Mostow, den Entdecker des Mostowschen Starrheitssatzes. Der besagt, dass Mannigfaltigkeiten (mit Ausnahme von Flächen) höchstens bis auf Reskalierung eine lokal-symmetrische Metrik von endlichem Volumen haben, zum Beispiel hyperbolische Metriken endlichen Volumens auf 3-Mannigfaltigkeiten also eindeutig sind. (Man kann dann diese eindeutigen Metriken benutzen, um die Topologie der Mannigfaltigkeiten zu verstehen. Geometrische Invarianten wie z.B. das Volumen sind automatisch auch topologische Invarianten.)
Die Geschichte der Entdeckung des Starrheitssatzes, wie sie in Haaretz beschrieben wird:
“Earlier, in my office, I had been thinking intensively about the problem. I did not think about it while I was driving, but at the light, at that moment, I suddenly thought: ‘Use ergodicity!'”
Ergodizität ist eine Eigenschaft von Bewegungen (oder allgemeiner von Gruppenwirkungen), sie besagt, dass alle Bewegungsbahnen (und auch die Vereinigungen beliebig vieler Bewegungsbahnen) entweder (bis auf eine Nullmenge) den ganzen Raum ausfüllen oder aber selbst Nullmengen sind:
Die Geschichte mit der roten Ampel erinnert ein wenig an Poincarés Entdeckung der automorphen Funktionen.
Der Artikel (Anlaß war die Verleihung des Wolf-Preises Anfang Mai) schreibt sehr interessant über Mostows Biographie, bleibt aber sehr im Allgemeinen, wenn es um Mathematik geht. (Zitat: For the benefit of the general public the committee wrote that “In Mostow’s work one finds a stunning display of a variety of mathematical disciplines,” and that “few mathematicians can compete with the breadth, depth and originality of his works.”)
Um hier noch kurz etwas zu der im Haaretz-Artikel fehlenden Mathematik zu sagen:
Mostows Starrheitssatz besagt im einfachsten Fall folgendes: wenn M und N geschlossene hyperbolische Mannigfaltigkeiten der Dimension >2 sind und eine statige Abbildung f:M–>N einen Isomorphismus der Fundamentalgruppen induziert, dann gibt es eine Isometrie M–>N. (Die Isometrie ist dann sogar homotop zu f. Ein entsprechender Satz gilt allgemeiner für Mannigfaltigkeiten endlichen Volumens, das wurde aber nicht von Mostow, sondern von Prasad bewiesen.) Insbesondere gibt es (bis auf Isometrie) nur eine hyperbolische Metrik auf einer Mannigfaltigkeit der Dimension >2. ( In Dimension 2 gilt der Starrheitssatz nicht, dort gibt es den 6g-6-dimensionalen Teichmüller-Raum, der die hyperbolischen Metriken auf einer Fläche vom Geschlecht g klassifiziert.)
Die Beweisidee ist folgende: die Abbildung f ist auf jeden Fall eine Quasi-Isometrie (wegen Kompaktheit von M), man bekommt also eine bzgl. der Wirkungen der Fundamentalgruppen äquivariante Quasi-Isometrie zwischen den universellen Überlagerungen, also vom hyperbolischen Raum auf sich selbst. Auf dem Rand des hyperbolischen Raumes induziert das eine äquivariante quasi-konforme Abbildung. Wenn man beweisen könnte, dass sie konform ist, dann wäre sie die Randabbildung einer äquivarianten Isometrie und man könnte dann leicht beweisen, dass die ursprüngliche Abbildung zu dieser Isometrie äquivariant homotop ist.
Die Idee, welche Mostow vor der roten Ampel gekommen sein soll, ist nun, Ergodizität zu benutzen. Die Wirkung der Fundamentalgruppen auf dem Rand im Unendlichen ist ergodisch (das folgt mit einem bekannten Beweis daraus, dass die Quotientenmannigfaltigkeit kompakt ist.) Man kann zeigen, dass sogar die Wirkung auf der Menge disjunkter Punktepaare des Randes im Unendlichen ergodisch ist. Daraus wiederum folgt, dass jede auf Punktepaaren definierte stetige Funktion konstant sein muss. Das kann man dann wie folgt anwenden. Die quasikonforme Funktion ist fast überall differenzierbar und falls sie nicht konform ist, kann man in jedem Punkt die Richtung betrachten, in der die Ableitung maximal wird. Zu je zwei Punkten kann man diesen Richtungsvektor entlang der eindeutigen Verbindungsgeodäte aus dem einen Punkt in den anderen verschieben und dann den Winkel mit der dortigen Richtung maximaler Ableitung bilden. Das definiert eine Funktion auf Punktepaaren, die wegen der Ergodizität konstant sein muss. Letzteres führt aber zu einem Widerspruch, weshalb die Ableitung und dann auch die Funktion selbst konform gewesen sein muss.
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