Seit gut einem Jahr läuft der Boykottaufruf gegen Elsevier mit immerhin 13.000 Unterstützern. Und jetzt scheint Elsevier tatsächlich zu reagieren: angeblich wollen sie den Herausgebern ihrer Zeitschriften in Zukunft 60$ für jeden eingereichten und bearbeiteten Artikel zahlen. (Notabene nicht den Autoren oder den Gutachtern, bei denen die meiste Arbeit hängenbleibt, sondern den Herausgebern der Zeitschriften. Man weiß halt, wer über die Zukunft der Zeitschriften entscheidet und wen man sich gewogen machen muß.)
Professor Greg Martin (UBC Vancouver) hat dieses Angebot zum Anlaß genommen, als Herausgeber der Elsevier-Zeitschrift Journal of Number Theory zurückzutreten. Seine Begründung kann man hier nachlesen, ich übersetze mal die letzten 3 Absätze:
Soweit ich sagen, kann beschränkte sich Elseviers Antwort auf unsere Probleme in einem leichten Nachlassen ihrer Unterstützung restriktiver Gesetzgebungsvorschläge und in einer nominellen Reduktion der Preise einzelner Zeitschriften. Zum letzteren muß man aber sagen, dass Elseviers Bündelungspraxis fortgesetzt wird, womit die Preise einzelner Zeitschriften weitgehend irrelevant sind. Ihre agressiv verteidigte Intransparenz der Preise von einer Institution zur anderen spricht meiner Meinung nach ebenfalls Bände über ihre Bereitschaft, unsere Bedenken zu den Zeitschriften-Preisen ernsthaft anzugehen.
Kürzlich wurden wir informiert über Elseviers neue Maßnahme, Herausgebern für jeden für das Journal of Number Theory bearbeitete Artikel 60$ zu zahlen. Für mich zeigt das eine wirkliche Unfähigkeit (oder Unwillen), den Kern unserer Beobachtung, dass “alle Arbeit kostenlos getan, der Zugang zu dieser Arbeit aber exorbitant teuer ist”, zu verstehen. Wir wollen, dass der Zugang billiger wird, wir suchen nicht nach Extra-Teig in unseren Taschen. Die großzügigste Interpretation dieser neuen Maßnahme ist, dass sie weiterhin der Forschergemeinschaft als Ganzes Geld abnimmt, aber jetzt einen Teil davon in die persönlichen Taschen einer kleinen Teilmenge von Mathematikern steckt, die das gar nicht benötigen. (Meine persönliche Reaktion war ehrlich gesagt, dass dies zu nahe an Bestechnung ist um nicht etwas beleidigend zu sein.) Aber diese Maßnahme zeigt auf jeden Fall das Ausmaß von Elseviers Profiten mit seinen Fachzeitschriften.
Es kann gut sein, dass ein kommerzielles Unternehmen wie Elsevier nicht in der Lage ist, sich auf ein Publikationsmodell einzustellen, welches geeigneter ist für unsere 21.-Jahrhundert-Fähigkeit, Forschung leicht formatieren, speichern und über den Globus verteilen zu können. Deshalb ist mein Rücktritt keine Verurteilung der für Elsevier arbeitenden Leute. Aber ich möchte nicht weiterhin ein System unterstützen, wie verwurzelt auch immer, dass unsere Institutionen zwingt eine Wahl zu treffen zwischen dem Aufgeben immer teurer werdender Forschungsressourcen oder dem Umverteilen von immer mehr Universitätsmitteln in die geschlossenen Kisten kommerzieller Verlage.
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