Zu einem Google-Doodle hat es nicht gereicht (das hatte gestern Friedrich Nietzsche), aber immerhin erinnert die Hauptseite der Wikipedia daran, dass heute vor 170 Jahren die Quaternionen erfunden wurden.
Deren Erfinder, William Rowan Hamilton, soll übrigens die Erfindung der Quaternionen – und nicht etwa die ebenfalls von ihm stammende Hamiltonsche Formulierung der Mechanik – als seinen bleibenden Beitrag zur Mathematik angesehen haben. Aus heutiger Sicht sicher eine Fehleinschätzung, denn auch innermathematisch spielt die Hamiltonsche Mechanik und vor allem ihre Verallgemeinerung zur Symplektischen Geometrie heute eine ungleich größere Rolle. Damals im 19. Jahrhundert jedenfalls waren die Quaternionen in Dublin ein eigenes Examensfach und 1895 wurde sogar ein „Weltbund zur Förderung der Quaternionen“ gegründet.
Die wichtigste Anwendung der Quaternionen ist wohl, dass man mit ihnen Drehungen einfacher beschreiben kann. Die Einheits-Quaternionen bilden eine Gruppe isomorph zur Lie-Gruppe SU(2), die wiederum die Drehgruppe SO(3) zweifach überlagert. (Also: jedem Einheitsquaternion entspricht eine Drehung, wobei A und -A derselben Drehung entsprechen.) Weil man Quaternionen einfacher multiplizieren kann als Matrizen, verwendet man sie wohl z.B. in der Computergrafik.
Ursprünglich hatte Hamilton ja eine Multiplikation auf dem Anschauungsraum R3 gesucht, analog zur Multiplikation auf der Ebene mittels komplexer Zahlen. Heute weiß man, dass das nicht geht und bemerkenswerterweise ist der Grund dafür ein topologischer:
Wenn es auf einem Rn eine Multiplikation (bilinear, ohne Nullteiler) gibt, dann erhält man (mittels der Homotopieäquivalenz Sn-1~Rn-{0}) eine Multiplikation (sogenannte H-Raum-Struktur) auf der Einheitssphäre Sn-1. Diese wiederum kann man benutzen, um n-1 linear unabhängige Vektorfelder auf der Sn-1 zu konstruieren. Mittels Bott-Periodizität (bzw. aus Bott-Periodizität folgenden Teilbarkeitseigenschaften charakteristischer Klassen) wurde aber Ende der 50er Jahre gezeigt, dass es n-1 linear unabhängige Vektorfelder auf der Sn-1 nur für n=1,2,4,8 geben kann. (Siehe John Milnor: “Some consequences of a theorem of Bott”.) Es gibt also nullteilerfreie Multiplikationen nur auf dem R1, R2 (komplexe Zahlen), R4 (Quaternionen) und R8 (Oktaven).
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