Plagiatsvorwürfe gegen Politiker und Prominente sind ja inzwischen Routine, alle paar Wochen liest man irgendwo was. Die in Korea letzte Woche gegen den (designierten) neuen Bildungsminister (und ehemaligen Professor sowie Vorsitzenden der “Korean Educational Research Association”) erhobenen Vorwürfe sind aber mal anders als sonst:
According to a JoongAng Ilbo investigation, seven out of 10 research papers Kim submitted for publication in a school journal at his university from 2001 exactly matched theses from his students, both in terms of title and content.
Kim’s practices go beyond plagiarism because he blatantly stole his students’ work and used them to advance his academic career. Korean professors often copy their students’ work because research works and publication records can influence placements and promotions in universities. But such an irresponsible practice is a testament to a critical lack of ethics.
The education nominee came up with an explanation for his actions, saying that he authored the papers with the consent of his students. However, publication in a school journal primarily serves university professors – not their students. Most universities require graduate and post-graduate students to publish their work in journals registered with the Korea National Research Foundation. Students receive no benefit when they publish their articles in school journals. Therefore, professors cannot claim their students granted them permission to use their work in a school journal.
Worum es also geht: der Professor veröffentlichte Arbeiten, die Exzerpte aus von ihm betreuten Master-Arbeiten sind, mit ihm und den Studenten als Koautoren. Eine Praxis, die auch in Deutschland nicht gerade unüblich ist. (In Frankreich zum Beispiel werden gemeinsame Veröffentlichungen von Professor und Doktorand eher dem Doktoranden zum Nachteil ausgelegt, sie gelten dort als Hinweis darauf, dass dem Doktoranden bei der Abfassung der Doktorarbeit mehr als üblich unter die Arme gegriffen werden mußte.)
Man muß zum Verständnis der Debatte vielleicht sagen, dass Korruptionsvorwürfe gegen Professoren hier durchaus ein öffentlich und medial diskutiertes Thema sind, zum Beispiel gab es letztes Jahr mal einen Professor, der vor Gericht verklagt wurde, weil er von zwei malaysischen Doktorandinnen als Gegenleistung für ein positives Stipendiums-Empfehlungsschreiben verlangt hatte, seinem Sohn die Master-Arbeit zu schreiben. In diesem Kontext ist wohl auch die Diskussion um Veröffentlichungen aus studentischen Arbeiten zu sehen.
Eine andere aktuelle und hier seit 3 Wochen überall diskutierte Geschichte aus der koreanischen “Bildungspolitik” ist wohl eher ein Beispiel für die Boulevardisierung derselben. Am 4.Juni wurden hier die Gouverneure (entspricht Ministerpräsidenten) und die Schul-Superintendenten der einzelnen Provinzen (entspricht Bundesländern) gewählt. Die Schul-Superintendenten der Provinzen werden hier direkt gewählt, sind also von Parteien und auch vom Gouverneur unabhängig. Bei den Wahlen in Seoul lag bis einige Tage vor der Wahl ein konservativer Kandidat mit mehr als 9 % Vorsprung klar vorne, bis seine 27-jährige in den USA lebende Tochter auf Facebook einen offenen Brief an die Bürger Seouls postete mit der Aufforderung, ihren Vater nicht zu wählen, denn dieser habe ihr nie bei den Hausaufgaben geholfen, sondern stattdessen nur Erziehungsratgeber geschrieben. Der Kandidat verlor die Wahl anschließend haushoch, gewählt wurde stattdessen ein bis dahin aussichtslos zurückliegender liberalerer Kandidat. Die Medien sind seitdem mit einer Interpretation dieses Ereignisses beschäftigt.
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