Heute ist der 80. Todestag von Emmy Noether und damit Gelegenheit auf das Google-Doodle hinzuweisen, mit dem die Firma vor 3 Wochen den unrunden 133.Geburtstag der Mathematikerin begangen hatte:
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Noethers Einfluß auf die Mathematik des 20. Jahrhunderts kann kaum überschätzt werden. Ihr Ansatz, algebraische Strukturen (Gruppen, Körper, Ringe, Moduln, …) als mathematische Objekte an sich, unabhängig vom konkreten Vorkommen, zu studieren, ist aus heutiger Sicht vielleicht selbstverständlich, war damals aber sicher ein Paradigmenwechsel im Kuhnschen Sinne. Dementsprechend war das von ihrem Schüler van der Waerden auf Basis ihrer Vorlesungen geschriebene Lehrbuch Moderne Algebra lange das Standardwerk bevor es ab den 60er Jahren vom ähnlich konzipierten Buch von Serge Lang verdrängt wurde. Auch die Entwicklung der algebraischen Topologie in ihrer heutigen Form (also die Verwendung von Homologiegruppen anstelle von Betti-Zahlen und Torsionskoeffizienten, wodurch das Ausnutzen funktorieller Eigenschaften ermöglicht wird, insbesondere kann man jeder stetigen Abbildung einen Homomorphismus von Homologiegruppen zuordnen) durch Heinz Hopf Ende der 20er Jahre geht auf Anregungen von Emmy Noether zurück (siehe TvF 174). Und in der Physik war natürlich die Interpretation von Erhaltungsgrößen durch ihre Symmetrien revolutionär und stilbildend sicher auch bspw. für die spätere Entwicklung des Standardmodells.

Das Google-Doodle zeigt verschiedene ihrer Arbeitsgebiete, darunter (von links nach rechts) Topologie, auf- und absteigende Ketten (Ideale in Noetherschen Ringen) und das Lasker-Noether-Theorem, Zeit (deren Homogenitat die Energierhaltung impliziert), Gruppentheorie, und andere Beispiele kontinuierlicher Symmetrien aus der Physik wie die Drehimpulserhaltung.

Kommentare (4)

  1. #1 Karl Mistelberger
    20. April 2015

    Während meines Physikstudiums fiel die Beziehung zwischen Erhaltungsgrößen und Symmetrien einfach vom Himmel.

    Ausgerechnet durch die Schludrigkeit meines Reiseveranstalters stieß ich auf den Entdecker der Beziehung. Ich sollte am Sonntag nach Delhi fliegen, doch erst am Donnerstag zuvor stellte sich heraus, dass mein Reisepass mit dem erforderlichen Visum für Indien auf dem Postweg verschwunden war.

    Ich eilte unter anderem zum Fotoautomaten und während ich auf die Ausgabe der Bilder wartete entdeckte ich über dem Gerät ein unscheinbares Schild. Es dauerte noch einige Zeit, bis eine Büste von Emmy Noether in der Ruhmeshalle in München aufgestellt wurde.

  2. #2 Artur57
    21. Mai 2016

    @Karl: sehr schön, dass da die Erinnerung wach gehalten wird.

    Habe als Biographie gelesen: Emmy Noether von MBW Tent. Die Autorin ist Amerikanerin, was man merkt und was manchmal etwas drollig wirkt. Ansonsten aber zu empfehlen. Die Episode im Dritten Reich: unsagbar. Das hält heute niemand mehr für möglich.

    Schwer zu kriegen sind Bücher über ihr Theorem. Kann da “Emmy Noether’ Wonderful Theorem” empfehlen von Dwight D. Neuschwander.

    Schwere Kost. Emmy sagte einmal zu Albert Einsten: wenn Du nicht weiter kommst, fragst Du mich. Die Physik ist für euch Physiker doch viel zu schwer.

    Ja also ich muss schon sagen, das merkt man.

  3. #4 Thilo
    14. September 2018