FOCUS Online bzw. die deutsche Huffington Post veröffentlichen gestern ein Video mit einer Mathe-Aufgabe, die (Zitat) “vor zwanzig Jahren als Prüfungsaufgabe für Mathe-Studenten in 16 Ländern auf der Welt erschien”. Nur zehn Prozent der Teilnehmer hätten das Rätsel lösen können, in den USA sogar nur vier Prozent.

Weil sich das Video nicht direkt einbetten läßt, verlinke ich hier den Artikel

image

Die Aufgabe: Ein Faden wird schraubenförmig um eine Rolle gewickelt, er reicht viermal um die Rolle herum. Die Rolle ist ein Kreiszylinder mit 4 Zentimetern Umfang und 12 Zentimeter Länge. Wie lang ist der Faden?

Wer etwas zur Lösung schreiben will, kann das in den Kommentaren gerne tun. Fast noch mehr interessiert mich aber eigentlich eine andere Frage, nämlich wie es zustande gekommen sein soll, dass ein Problem Mathe-Studenten in 20 Ländern als Prüfungsaufgabe gestellt worden wäre. Mal abgesehen davon, dass das Problem nicht wie eine typische Uni-Klausuraufgabe aussieht, ist mir nicht bekannt, dass es internationale Kommissionen gäbe, die für unterschiedliche Länder gemeinsame Prüfungsaufgaben entwerfen. (In der Regel gibt es ja nicht mal gemeinsame Prüfungsaufgaben für EIN Land.) Weiß jemand etwas über die Herkunft des Problems?

Die Auflösung der Aufgabe findet sich hier.
Witzigerweise benötigt man bei der Lösung der Aufgabe letztendlich ganz genau dieselbe Berechnung, deren Nichtbeherrschen vor einigen Jahren bei der US-Ausgabe von “Wer wird Millionär?” einen Studenten fünfzehntausend Dollar gekostet hatte:

Kommentare (31)

  1. #1 sax
    30. April 2015

    Meine Lösung ist nicht ganz die aus dem Video, aber so ähnlich. Als Physiker rolle ich das Seil einfach komplett auf ein Blatt Papier ab und nutze dann Pythagoras. Das nur 4% (USA )bzw 10% (Weltweit) der Mathe Studenten das lösen konnten kann ich ehrlich gesagt gar nicht richtig glauben.

  2. #2 Peter Köhler
    Konstanz
    30. April 2015

    Das ist die Frage #CIEMK14 “String around rod” aus TIMSS 1995, https://www.datafirst.uct.ac.za/dataportal/index.php/catalog/167/datafile/F23/V6144

  3. #3 rolak
    30. April 2015

    Das Problemchen kam vor Ewigkeiten in einem Vorsemester¹ zusammen mit anderen Niedlichkeiten wie zB

    An einem kreisrunden Turm ist eine Ziege angebunden mit einem Seil der Länge seines halben Umfanges. Wie groß ist die Weidefläche?

    _____
    ¹ gibts sowas eigentlich noch? War ein Angebot an (werdende?) Abiturienten, mal in den Unibetrieb hineinzuschnuppern, mindestens mehrtägig. Sehr hilfreiche, unterhaltsame und lehrreiche Veranstaltung.

  4. #4 Thilo
    30. April 2015

    @Peter Köhler
    Danke, aus dem Dokument geht (was ich fast schon vermutet hatte) hervor, dass mit “students” (wie im englischen Sprachgebrauch üblich) nicht Mathe-Studenten sondern Schüler gemeint sind. Im Dokument Population 3: “Students in their final year of secondary education.”

    Die Mathe-Studenten in der Überschrift von FOCUS Online sind also schlicht ein Übersetzungsfehler.

  5. #5 Peter Köhler
    Konstanz
    30. April 2015

    Ja, 12. Klasse Gymnasium. Es scheint eine der schwersten Fragen überhaupt gewesen zu sein, die Ergebnisse nach Teilnehmerländern habe ich hier gefunden: https://www.colorado.edu/physics/phys4810/phys4810_fa06/4810_readings/TIMSS_Highlight.pdf . Vielleicht nicht repräsentativ für die sonstigen mathematischen Kenntnisse der Schüler.

  6. #6 Johannes
    30. April 2015

    Hm, ich hatte mir eine andere Lösung überlegt, die aber auf einen anderen Wert kommt. Könnt Ihr mir erklären, warum die falsch ist?

    Und zwar dachte ich, dass der Faden ja viermal herumgewickelt ist – außerdem geht er einmal entlang der Länge des Zylinders. Also müsste die Länge des Fadens viermal der Umfang plus einmal die Länge des Zylinders sein:

    Lf = 4 * Uz + Lz = 4 * 4 cm + 12 cm = 28 cm

    Warum komme ich damit auf einen anderen Wert als in der Lösung?

    Danke
    Johannes

  7. #7 Thilo
    30. April 2015

    Letztlich wegen der Dreiecksungleichung.

    Wenn man die Zylinderfläche aufwickelt und viermal nebeneinanderliegt bekommt man ein Rechteck mit Seitenlängen 16 und 12 Zentimeter. Die Länge der Diagonalen ist aber nicht 16+12, sondern nach Dreiecksungleichung kürzer. Mit Pythagoras bekommt man 20.

  8. #8 Chris Sabian
    1. Mai 2015

    Ihr dürft mich gerne auslachen, aber in meinem Kopf ist die Lösung von Focus Online falsch.
    Probe: man wickle einen Faden einmal um eine 4cm durchmessende Röhre. Wie lang ist dieser? U=d*PI. Also Ca 12 cm. Ich wickle diesen 4 mal drum. Dann habe ich mind 48cm. Und wenn ich dann die “Lösung” anschaue, hat Focus das PI vergessen… Meine Lösung ist etwa 51,68 cm…

    Bitte um Feedback was ich falsch gedacht habe…?!

  9. #9 Thilo
    1. Mai 2015

    Das Pi kommt deshalb nicht vor, weil ja der Umfang und nicht der Durchmesser des Kreises gegeben ist.

  10. #10 Peter Köhler
    1. Mai 2015

    @Cris: der Zylinder hat 4 cm _Umfang_, nicht Durchmesser. Pi ist deshalb entbehrlich.

  11. #11 Thilo
    1. Mai 2015

    Da haben sich die beiden Kommntare wohl überschnitten.

  12. #12 Chris Sabian
    1. Mai 2015

    Thx. Aufgabentext lesen hilft ungemein! 🙂

  13. #13 Dirk
    1. Mai 2015

    ich habe bei der Aufgabe auch einen Knoten im Kopf. Bei einer Umdrehung in der Darstellung müsste der Faden doch länger als 4 cm sein, da nicht der Umfang direkt gewickelt wird, sondern über einen 3cm Weg oder ? Genaugenommen müsste der Faden somit länger sein – wo ist der Fehler ?

  14. #14 rolak
    1. Mai 2015

    wo ist der Fehler ?

    Wohl darin, Dirk, daß Du davon ausgehst, daß der Faden/Teilstück nicht länger als 4cm sei.

    Im verlinkten LösungsClip gibt es imho nur einen einzigen Fehler: Das ‘+’ unter der Wurzel hätte konstant grün sein müssen.

  15. #15 Thilo
    1. Mai 2015

    Er ist ja auch länger, nämlich 5 cm auf jedem Teilstück, insgesamt dann 20 cm.

    Die 5 ergibt sich aus Pythagoras mit 4^2+3^2=5^2

  16. #16 egal
    at
    2. Mai 2015

    Eine sehr einfache Aufgabe, wer diese nicht innerhalb einer Minute (durch Skizze-Aufzeichnen der abgerollten Flaeche samt Faden und Anwendung des Pythagoras) loesen kann ist zu bedauern.

  17. #17 malsehen
    Chemnitz
    27. Mai 2015

    Die Lösung ist schlicht falsch!
    Der Ansatz ist zwar einfach, aber
    wenn der Kreisumfang(wie angegeben) 4 cm ist, dann ist der Kreisdurchmesser 1,273 cm(U/pi)
    ergibt sich
    c²=a²+b²
    C²=1,273²+3²
    C²=1,623+9
    C²=10,623
    C=3,259
    Dann ist zu beachten, dass jetzt erst der Durchmesser des schrägen Kreisschnittes berechnet ist. Der Faden muss aber die Krümmung überwinden (schon daran sollte man erkennen, dass die dargestellte Rechnung falsch ist, da der Pythargoras-Satz falsch angewandt wurde, da er sich nur Geraden bezieht)
    Umfang = pi x Durchmesser
    Umfang = 3,14 x 3,259 =10,233
    4 x Umfang = Fadenlänge = 40,932 cm

  18. #18 Thilo
    27. Mai 2015

    @malsehen: man muss aber den Umfang und nicht den Durchmesser als Kathetenlaenge des rechteckigen Dreiecks verwenden.

  19. #19 malsehen
    28. Mai 2015

    der umfang (bzw. der halbe Umfang), da er keine gerade ist, ein “aufrollen” funktioniert nicht, da die Verhältnisse lt. pytag. nicht mehr stimmen.// Das die angegeben Lösung falsch ist kannst durch auch dadurch erkennen, (selbst wenn man den Umfang als Kantenlänge nimmt und einen Schreibfehler annimmt, dass das gleiche Ergebenis bei zweidimensionaler Betrachtung herauskommen würde. selbst dann im Übrigen 40 cm, da wenn c= 5cm ist, 8 Strecken gegeben sind – vier auf der Vorderseite und vier auf der Rückseite

  20. #20 Thilo
    28. Mai 2015

    Auf den ersten Blick ist das vielleicht uberraschend, aber man kann den Kreiszylinder tatsachlich in die Ebene abwickeln ohne dass sich die Langenverhaltnisse andern, siehe https://en.wikipedia.org/Developable_surface
    Man kann sich das leicht selbst uberlegen. Der tieferliegende Grund, warum es funktioniert, ist die Krummung des Kreiszylinders, die uberall Null ist.

  21. #21 ShacomThan
    15. Juni 2015

    Malsehen, die Lösung ist NICHT falsch, du hast sie nur nicht bzw. falsch verstanden!

    Es ist gar nicht nötig, über den Kreisdurchmesser zu gehen:
    Die Lösung nimmt sich den Kreiszylinder her und betrachtet die Seitenfläche, auf dem der Faden ja lang führt. Die Seitenfläche des Zylinders entspricht einem Rechteck! Die Höhe sind die 12 cm (=Zylinderhöhe), die Breite sind 4 cm (=Zylinderfumfang). Da der Faden viermal umgewickelt ist, genügt es, sich nur einen Abschnitt anzugucken (Rechteck mit Höhe 3cm).
    Betrachtet man nun den Faden auf diesem Rechteck, läuft er genau diagonal entlang. Wir haben also ein Rechtwinkliges Dreieck (3cm, 4 cm, x cm) und bekommen mittels Pythagoras 5 cm für den Faden. Bei 4 Abschnitten sind es dann die 20cm.

    Mit deinem Lösungsansatz kommt man sicherlich auch zum Ziel, aber deine Rechnung nach der Berechnung von C ist fehlerhaft. Das C entspricht bei dir einer Geraden, die diagonal durch den Zylinder verläuft. Diese nimmst du als Durchmesser eines Kreises an und brechnest deraus den Umfang. Aber wieso sollte dieser Kreis den selben Umfang sie der spiralförmige Faden haben? Der Faden bildet überhaupt kein abgeschlossenes Gebilde auf der Zylinder-Seitefläche.
    Ganz falsch ist deine Rechnung aber nicht, der Faden bildet nämlich lediglich einen Halbkreis! D.h. du musst nur dein Ergebnis halbieren, und siehe da, du komst auch auf 20 cm :).

  22. #22 Thilo
    16. Juni 2015

    Die beiden Lösungsvorschläge von malsehen waren ohnehin unterschiedlich. Beim zweiten wurde einfach nicht beachtet, dass, wenn man nur die Vorderseite betrachtet, man natürlich auch nur den halben Umfang als Seitenlänge des abgewickelten Rechtecks ansetzen muss.

  23. #23 Berner Mirco
    18. August 2015

    Man kann auch ganz einfach den Faden parametrisieren durch:
    f(x)= [6*cos(x)/pi; 6*sin(x)/pi; 3*x/(2*pi)] ; x Element [0,8*Pi]
    Nun integriert man ||f´(x)|| (2-Norm) von 0 bis 8*pi und erhält 20 als Fadenlänge.
    Weiß nicht ob jeder so viel Mathe bisher gehabt hat, denke aber diese Lösung kommt dem Problem am nähesten.

  24. #24 Thilo
    20. März 2016
  25. #25 rolak
    20. März 2016

    Bin gespannt

    Vielleicht kommt ja auch halbjährlich alternierend der Artikel “97% aller Focus-Leser vergessen das hier Gelesene binnen eines Jahres”, Thilo, der nur mangels direktem MatheBezug nicht von Deinem Käscher erwischt wird.

    :‑)

  26. #26 Anderer Michael
    20. März 2016

    Ich hatte mir überlegt. Ich stelle mir 8 Ellipsen vor, berechne den Umfang, nehme jeweils die Hälfte, und multipliziere mit 8. (oder den Umfang mal 4). Ich wusste nicht,wie man den Umfang einer Ellipse berechnet. Ich sah nach, und dieses ist mir bei weitem zu hoch. Ich weiß gar nicht,ob man mit den vorhandenen Daten die Halbachsen bestimmen kann (ich habe es versucht a = 0.64 gerundet und b = 1 gerundet,) und dann sei es auch nur eine Näherung. Wäre es mit meinem Weg auch für einen versierten Mathematiker überhaupt möglich, die Fadenlänge zu berechnen? *1

    Ich habe noch ein bisschen überlegt, der Kommentar von 21 hat mir geholfen (und dadurch habe ich auch 20,1,7 und 16 verstanden, auch wenn ich nun zu bedauern bin, weil es länger gedauert hat als eine Minute ,die Lösung zu verstehen).
    Man muss einfach das Dreidimensionale zum Zweidimensionale ändern und schon langt,die Mathemathik der Mittelstufe.

    *1. Ich habe eine sehr ungenaue Formel gefunden, bei der der Umfang der Ellipse 5,2 beträgt (bei dieser Formel wäre der Umfang real kleiner, weil die Ellipse gestreckt ist). Ungefähr passt es. Wahrscheinlich habe ich aber nur das Rad neu erfunden und in dem Fall ziemlich unrund. Könnte es ansatzweise in Richtung von Kommentar 23 gehen ?

    Geholfen hat mir dieser Blogbeitrag bestimmt, eines meiner Kinder wird das sicherlich mal in der Schule vor die Nase gesetzt bekommen

  27. #27 Norbert Zanders
    Köln
    4. September 2016

    Man kann es sogar ausprobieren.
    Man schneide sich ein rechteckiges Blatt Papier zurecht mit den Maßen 5cm mal 12 cm und klebt es so zusammen, dass eine 12 cm lange Röhre entsteht.
    Wenn man genau 1 cm zum Kleben überlappen lässt, hat ma auch genau den Umfang von 4 cm.
    Nun einen Faden 4 Mal diagonal und gleichmäßig umwickeln. Stelle merken, abschneiden und mit einem Lineal messen.
    Damit wäre zumindest schon einmal klar, dass 20 cm die richtige Lösung ist.
    Zu Johannes: Wenn du 4 Meter geradeaus gehst und dann 3 Meter nach rechts, dann bist du 7 Meter gegangen,ok. Aber wenn du sofort diagonal zum Endpunkt läufst, sind es 5 Meter, nicht 7 Meter.
    Ich konnte auch nicht glauben, dass “Mathe-Studenten” das nicht hinbekommen und denke auch, dass Schüler gemeint sind, denen noch nicht gesagt wurde, dass eine Schraube im Prinzip eine aufgewickelte schiefe Ebene ist, so dass die einfachen Formeln für rechtwinklige Dreiecke zu verwenden sind.

  28. #28 uwej
    5. September 2016

    Da haben Sie einigermaßen spät geantwortet. Ich denke aber, daß der Hinweis auf die schiefe Ebene (mit konstanter Steigung) am deutlichsten anschaulich macht, daß dies ein simples 2D-Problem ist, das durch seine ungewöhnliche Einbettung in den Raum für viele intuitiv unzugänglich erscheint. Aus kognitiver Sicht finde ich das ebenfalls interessant.

    Und also, wenn das in der Zeichnung ein Zylinder sein soll…

  29. #29 Leonardo Rothe
    7. Mai 2017

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  30. #30 Staalkopff
    Recife
    10. November 2019

    Großer Gott, welche Leuchten .. ich bin seit 78 aus der Schule..
    Zylinder aufschneiden, vier Dreiecke, Kantenlänge, 3cm, 4cm und der Faden. ..3×3 ist 9 4×4 ist 16 zusammen 25, wurzel aus 25 ist 5 , vier Dreiecke 4×5 der Faden ist 20 cm lang. .. Ich 58 Jahre, 10 Klassen POS DDR, .. dauer .. ca 20 Sekunden ..

  31. #31 Tamara Wyss
    Berlin
    15. September 2023

    Auch ich frage mich, wie es dazu kam, dass diese Aufgabe angeblich in 16 Ländern als Prüfungsaufgabe verwendet wurde. Es wäre interessant zu erfahren, ob es tatsächlich internationale Gremien gibt, die solche Aufgaben erstellen, oder ob es sich um eine Legende handelt. Trotzdem finde ich es großartig, dass solche Denksportaufgaben (auf https://trovas.ch/wx wird dieses Mathe-Rätsel übrigens auch diskutiert) immer wieder auftauchen und uns dazu anregen, unsere mathematischen Fähigkeiten zu schärfen.