Populärwissenschaftliche Bücher zur Mathematik gab es in den letzten Jahren einige, auch in deutscher Sprache, die am Freitag unter dem Titel “Auch Zahlen haben Gefühle” bei Rowohlt erschienene Übersetzung von Matt Parkers “Things to make and do in the 4th dimension” spielt aber in einer anderen Liga.
Der sonst als Standup Mathematician seine Brötchen verdienende Autor behandelt in 18 Kapiteln Themen wie Knotentheorie, Graphentheorie oder die Riemannsche Zetafunktion auf eine Weise, die auch den Laien verstehen läßt, um was es geht, gleichzeitig aber sehr ausführlich und oft mit Problemen für den Leser zum Mitdenken. (Lösungen am Ende des Buches.)
Alles sehr umgangssprachlich geschrieben und im Stile eines Blogs mit Beispielen und Anekdoten aufgelockert; man kann an vielen Stellen schnell man einige Seiten reinlesen, andererseits ist alles so ausführlich und mathematisch detailliert (die Danksagungen für mathematische Ideengeber und Unterstützer am Ende des Buches gehen über sechs Seiten), dass die vollständige Lektüre eines jeden Kapitels doch einige Zeit braucht und das ganze Buch wohl eher etwas für einen zweiwöchigen Urlaub als mal das Wochenende zwischendurch ist.
Ich habe also das Buch noch nicht in Gänze gelesen und will deshalb hier nur ein einzelnes Kapitel herausgreifen, das Kapitel 13: Zahlensalat.
Das beginnt (nach einigen allgemeinen Bemerkungen darüber, wie wunderbar Zahlen sind und was man alles mit ihnen machen kann) mit der Geschichte des Videospiels inFAMOUS Second Son, das 2014 herauskam und einen merkwürdigen Bug hatte: eine dunkle Linie über dem Hals des Hauptdarstellers. Letztlich lag das daran, dass die Programmierer bei der Berechnung von Kopf und Körper unterschiedliche Rundungsfunktionen verwendet hatten.
Das führt nun zunächst zum Begriff der Funktion, der mit vielerlei Anwendungen und Beispielen präsentiert wird, dann zu rekursiven Algorithmen wie denen für Lucas- und Fibonacci-Zahlen, zu denen es neben Abschweifungen zu Primzahltests und goldenem Schnitt auch Probleme für den Leser zum Selberlösen gibt, dann zur Erholung dazwischen Witze und Anekdoten über konvergente und divergente Reihen, wobei nebenher noch die Summe der reziproken Quadratzahlen gleich ins Spiel kommt, ein langer Abschnitt (mit zahlreichen Abschweifungen auch historischer Art) über Bernoulli-Zahlen und deren Anwendung auf die Berechnung von
(dabei auch noch etwas zu Ramanujan-Summen), und schließlich die Riemannsche Zeta-Funktion, warum sie von Riemann eingeführt wurde, wie man Näherungswerte berechnet und wie ihr 3-dimensionaler Plot aussieht und natürlich, was der aktuelle Stand der Vermutung ist.
Das alles, wohlgemerkt, in einem einzigen Kapitel.
Die anderen Kapitel sind ähnlich inhaltsreich und gleichzeitig locker geschrieben. Es gibt beispielsweise ein Kapitel über die Topologie von Flächen, wo (Bild oben) neben vielem anderen eine Landkarte des Torus gezeigt wird, für deren Färbung man sieben Farben benötigt. Und es gibt ein Kapitel über vier- und fünfdimensionale platonische Körper. Und eines über die Unendlichkeit, Cantor, Hilbert und Gödel. Und eines über transzendente Zahlen, komplexe Funktionen und Quaternionen. Und natürlich vieles zu Anwendungen, die dem Autor aktuell aus der Computertechnik berichtet wurden, zur Codierungstheorie zum Beispiel oder dem Entwurf integrierter Schaltkreise. Und und und …
Auch Zahlen haben Gefühle: Warum sie romantisch, sozial oder selbstverliebt sein können und was sich sonst noch mit Mathematik anstellen lässt Gebundene Ausgabe – 25. September 2015
von Matt Parker (Autor), Monika Niehaus (Übersetzer), Bernd Schuh (Übersetzer)
Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
Verlag: Rowohlt (25. September 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3498052411
ISBN-13: 978-3498052416
Originaltitel: Things To Make and Do in the Fourth Dimension
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