Gestern im Münster-Tatort “Schwanensee”: das autistische Zahlengenie schaut auf des Kommissars T-Shirt und erkennt auf Anhieb, dass das abgebildete Logo ein 65537-Eck ist. (Bei Minute 26:45.)
Warum gerade 65537? Wie kommen die Tatort-Macher auf diese Zahl?
Carl Friedrich Gauß hatte in seinen “Disquisitiones Arithmeticae” bewiesen, dass sich ein regelmäßiges n-Eck mit Zirkel und Lineal konstruieren läßt, wenn n ein Produkt einer Zweipotenz mit unterschiedlichen Fermatschen Primzahlen ist. Fermatsche Primzahlen sind Primzahlen der Form , die größte bekannte ist
und man vermutet inzwischen, dass es keine größeren gibt.
Die Konstruierbarkeit regelmäßiger n-Ecke war selbst für ein seit der Antike offenes Problem, das erst von Gauß gelöst wurde. Die Konstruktion des 17-Ecks fand er bereits als 18-jähriger, den allgemeinen Fall veröffentlichte er 1801 in den “Disquisitiones Arithmeticae”. Er behauptete auch, dass dies die einzigen regelmäßigen n-Ecke sind, die sich konstruieren lassen, das beweist man heute mit Galois-Theorie, der erste veröffentlichte Beweis stammt von Pierre Wantzel.
Das regelmäßige 65537-Eck ist nach Gauß also mit Zirkel und Lineal konstruierbar. Und es gibt tatsächlich jemanden, der diese Konstruktion einmal durchgeführt hat, nämlich den Königsberger Mathematiklehrer Johann Gustav Hermes in einem 221 Seiten langen und nach zehnjähriger Arbeit 1889 festgestellten Papierstoß. Das Werk wird im Mathematischen Institut der Göttinger Universität aufbewahrt, worüber die ZEIT mal einen interessanten Artikel geschrieben hatte: “Ein filigranes Geflecht von Punkten, Linien und Kreisen breitet sich über die Seiten aus, verziert mit Anmerkungen und Erläuterungen in gut lesbarer Kurrentschrift. Dazu kommt eine Flut von Tabellen, Rechnungen und Koeffizientenschemata, die sich am Ende zu einem Zahlen- und Symbolmix gewaltigen Ausmaßes fügen.”
(Bildquelle: Zur Konstruktion regulärer Polygone, insbesondere des regulären 17-Ecks, 257-Ecks und 65537-Ecks )
Eine (wahrscheinlich) einfachere Konstruktion des regelmäßigen 65537-Ecks findet sich in Duane DeTemple: “Carlyle circles and the Lemoine simplicity of polygon constructions” aus dem Jahr 1991. Auch die wird sich aber kaum als Zeichnung realisieren lassen und ich vermute mal, dass auch eine Computer-Zeichnung ziemlich aufwändig wäre. Es ist also alles in allem eher unwahrscheinlich, dass der Kommissar wirklich ein 65537-Eck auf dem Shirt trug.
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