Will man mit irrationalen Zahlen praktische Berechnungen durchführen, so muß man sie durch rationale Zahlen approximieren und dabei sollte der Nenner natürlich möglichst nicht zu groß sein. Klassisches Beispiel ist die Approximation von π durch
, deren Fehler 0.000000266… ist, also etwas zwischen
und
.
Erstaunlicherweise ist es so, dass sich algebraische Zahlen schlechter approximieren lassen als transzendente. (Vielleicht nicht mehr ganz so erstaunlich, wenn man sich überlegt, dass sich eine rationale Zahl wie – außer natürlich durch sich selbst – nur durch rationale Zahlen mit deutlich größerem Nenner gut approximieren läßt.) Für praktische Berechnungen mit algebraischen Zahlen ist es oft besser, mit deren Minimalpolynomen zu arbeiten- die haben ganzzahlige Koeffizienten, so dass man ganz ohne Rundungsfehler mit ihnen rechnen kann.
Lange offen war die Frage, wie schlecht sich algebraische Zahlen eigentlich durch rationale Zahlen approximieren lassen. Das wurde in den 50er Jahren durch den vorgestern verstorbenen Klaus Friedrich Roth beantwortet: zu einer algebraischen Zahl α (und einem beliebigen ε>0) gibt es nur endlich viele rationale Zahlen mit
$latex \mid\alpha-\frac{p}{q}\mid<\frac{1}{q^{2+\epsilon}}$
. Insbesondere gibt es eine Konstante mit
für alle rationalen Zahlen
. Roth verbesserte damit vorhergehende Resultate von Thue und Siegel, weshalb der Satz auch als Satz von Thue-Siegel-Roth firmiert. (Einen "Satz von Roth" gab es auch, bei dem ging es aber um arithmetische Folgen und er ist heute ein Spezialfall des Satzes von Szemerédi.) Der Satz von Thue-Siegel-Roth ist optimal, insbesondere kann man nicht ε=0 setzen. Konstruktive Methoden zur Bestimmung der Anzahl der die Ungleichung erfüllenden rationalen Zahlen wurden in den 60er Jahren von Alan Baker entwickelt.
Die "Nicht-Approximierbarkeit" von Zahlen durch rationale Zahlen ist von großer Bedeutung für die Stabilitätseigenschaften dynamischer Systeme z.B. in der Himmelsmechanik. Zahlen (algebraisch oder transzendent), die die Konklusion des Satzes von Thue-Siegel-Roth erfüllen, werden dort als Zahlen vom Roth-Typ bezeichnet und kommen etwa bei der Untersuchung von Intervallaustauschabbildungen vor, siehe zum Beispiel in Marmi-Moussa-Yoccoz: "The cohomological equation for Roth type interval exchange maps".
Roth war der erste aus Deutschland stammende Mathematiker, der die Fields-Medaille erhielt (1958), danach kamen noch Alexander Grothendieck, Gerd Faltings und Wendelin Werner. (Von den Vieren hatte allerdings nur Faltings auch zum Zeitpunkt der Verleihung noch die deutsche Staatsbürgerschaft.) Seit Ende der 30er Jahre lebte Roth in England und ging dort zur Schule, nach 1945 arbeitete er kurze Zeit als Schullehrer. Über die Fieldsmedaillenentscheidung 1958 gibt es einen Abschnitt in Sylvia Nasars Buch "Auf den fremden Meeren des Denkens".
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