Vorige Woche hatten wir etwas zu Mißverständnissen in Zusammenhang mit nichteuklidischer Geometrie geschrieben, nämlich dass die sphärische Geometrie und die Dreiecke auf der gekrümmten Erdoberfläche nichts mit nichteuklidischer Geometrie zu tun haben. (Die sphärische Geometrie war natürlich schon seit der Antike bekannt und in der nichteuklidischen Geometrie geht es um eine Geometrie, in der die anderen euklidischen Axiome ausßer dem Parallelenaxiom gültig bleiben – das ist bei der sphärischen Geometrie nicht der Fall.)
Auf einer weniger trivialen Ebene gibt es noch ein anderes “Mißverständnis” zur Geschichte der nichteuklidischen Geometrie, nämlich die Frage, ob Lobatschewski (oder Bolyai oder Gauss) die Existenz einer nichteuklidischen Geometrie eigentlich bewiesen hätten.
Lobatschewski’s Pangeometry ist vor einigen Jahren von Athanase Papadopoulos neu aufgelegt worden, der dann auch einige erläuternde Artikel dazu geschrieben und auf Konferenzen darüber vorgetragen hat. (Einen dieser Vorträge habe ich Ende 2013 in Kyoto gehört.)
Unstrittig ist, dass weder Lobatschewski noch Bolyai oder Gauss ein Modell der hyperbolischen Geometrie konstruierten, insofern also auch ihre Existenz nicht bewiesen. Ein Modell der hyperbolischen Ebene wurde erst 1868 von Beltrami angegeben. Sein Modell hatte auch gleich den Vorteil, dass man an diesem Modell die Widerspruchsfreiheit der Axiome leicht als äquivalent zu den Axiomen der euklidischen Geometrie beweisen konnte. Das bewies dann also die Widerspruchsfreiheit der hyperbolischen Geometrie, jedenfalls wenn man von der Widerspruchsfreiheit der euklidischen Geometrie ausgeht. (Die Widerspruchsfreiheit der euklidischen Geometrie wurde allerdings erst später von Hilbert bewiesen, genauer: er bewies, dass die Widerspruchsfreiheit der euklidischen Geometrie aus der Widerspruchsfreiheit der Arithmetik folgt.)
Lobatschewski wie auch die anderen Pioniere der hyperbolischen Geometrie hatten sich vor allem mit Berechnungen in der hyperbolischen Geometrie befaßt, sie entwickelten die hyperbolische Trigonometrie und Lobatschewski arbeitete zur Integralrechnung im hyperbolischen Raum und fand sogar (ohne ein Modell des hyperbolischen Raumes zu haben!) die Formel für das Volumen hyperbolischer Tetraeder. (Das bei der Volumenberechnung idealer Tetraeder vorkommende Integral wurde später von John Milnor als Lobatschewski-Funktion bezeichnet.)
Der hyperbolische Raum enthält Modelle der euklidischen Ebene als Horosphären und auch Modelle der sphärischen Geoemtrie als metrische Sphären. Anscheinend konnte man daraus aber nicht die Widerspruchsfreiheit der hyperbolischen Geometrie auf die der euklidischen oder sphärischen Geometrie zurückführen.
Papadopoulos argumentiert aber in seinem Artikel On Lobachevsky’s trigonometric formulae, dass Lobatschewski trotzdem davon überzeugt war, die Widerspruchsfreiheit der hyperbolischen Geometrie auf die der euklidischen oder sphärischen zurückgeführt zu haben. Lobatschewski hatte nämlich beobachtet, dass sich die Formeln der hyperbolischen Trigonometrie ergeben, wenn man in den Formeln der sphärischen Trigonometrie konsequent x durch ersetzt. (Oder, was wegen cosh(x)=cos(ix) das selbe ist, wenn man die Winkelfunktionen konsequent durch Hyperbelfunktionen ersetzt. Heute erklärt man das allgemeiner mit der Dualität zwischen den symmetrischen Räumen Sn und Hn, allerdings hat mir noch niemand erklären können, wie die Formeln eigentlich genau aus dem Dualitätsprinzip folgen.) Diese Dualität war schon im 18. Jahrhundert Lambert aufgefallen, der erfolglos versucht hatte, das Parallelenaxiom zu beweisen. Und aus der Äquivalenz der Trigonometrie sollte dann auch die Äquivalenz der (Widerspruchsfreiheit der) Geometrie als Ganzes folgen.
Thus if we believe, like Lobachevsky, that the trigonometric formulae are at the basis of all of geometry, then looking at the formal analogies between the formulae in the three geometries, one can try to argue (as Lobachevsky did) that if there were a contradiction in one of the geometries then there would also be one in the other two, or at least in one of the other two.
There is another argument that Lobachevsky could have used for the consistency of his geometry. This is the fact that the proof of the trigonometric formulae of hyperbolic geometry are derived from the formulae of Euclidean and of spherical geometry and, therefore, one might conclude that the (hypothetic) existence of a contradiction in hyperbolic geometry would come from a contradiction in Euclidean or in spherical geometry.
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