Bauer vergleicht die unterschiedlichen mathematischen Welten mit den Multiversen der Physik, aber er geht nicht wirklich darauf ein, was nun die Vorteile der einzelnen Welten sein sollten. Tatsächlich könnte man ja argumentieren, dass konstruktive Beweise in manchen Fällen für den Anwender nützlicher sein könnten, wenn sie denn nicht nur die Existenz eines mathematischen Objektes beweisen, sondern auch einen Hinweis auf seine Konstruktion geben. Dieser Aspekt kommt aber im Artikel überhaupt nicht vor, stattdessen erklärt Bauer im Schlußkapitel, wie sich manche Sätze der nicht-konstruktiven Mathematik durch einfache Umformulierungen in konstruktiv beweisbare Sätze verwandeln lassen. Zum Beispiel funktioniert der Beweis des Zwischenwertsatzes in der konstruktiven Mathematik nicht, seine Umformulierung “Wenn f stetig ist und für jedes x entweder f(x)>0 oder f(x)<0 gilt, dann ist f entweder überall positiv oder überall negativ" ist aber auch ohne das Prinzip des ausgeschlossenen Dritten beweisbar. Das fand ich jetzt nicht so überraschend, denn der Beweis des Zwischenwertsatzes ist ohnehin ein Beweis, den die meisten Mathematiker wohl trotz des benötigten Grenzwertes als einen konstruktiven (im Sinne von algorithmisch umsetzbaren) Beweis ansehen würden. Und der Beweis der umformulierten Aussage unterscheidet sich auch nicht grundsätzlich vom bekannten Beweis des Zwischenwertsatzes. Insofern ist mir nicht recht klar geworden, welche Erkenntnis man also damit gewinnt, dass sich manche bekannten Sätze auch in der konstruktiven Mathematik beweisen lassen.
Bauer, A. (2016). Five stages of accepting constructive mathematics Bulletin of the American Mathematical Society DOI: 10.1090/bull/1556
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