Hochschul-Abschlüsse für Besserverdienende, ganz legal, gibt es auch an deutschen Hochschulen hier und da, man denke an die Europa-Universität Hogwarts an der Oder mit ihren Masterabschlüssen in Komplementärmedizin (Kostenpunkt 10.000 Euro) und ihren immerhin angedachten (wenn auch nie umgesetzten) Doktorarbeiten in Philosophie.
Hier in Korea ist eine ähnliche Kontroverse vor einigen Monaten der (inzwischen fast vergessene) ursprüngliche Auslöser für eine Staatskrise gewesen, die heute mit der Amtsenthebung der Staatspräsidentin Geunhye Park endete.
Begonnen hatte die Krise nämlich im Kleinen: Ende Juli mit Protesten von Studentinnen an Koreas führender Frauen-Universität, die nicht damit einverstanden waren, dass der gute Ruf ihrer Uni Schaden nehmen sollte durch ein “Nachtcollege”, an dem Abschlüsse ihrer Universität für hohe Studiengebühren verscherbelt werden sollten.
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Nachdem die Uni-Präsidentin diese Pläne schon Anfang August zurückzog, gingen die Studentinnenproteste aber weiter und fokussierten sich im September dann vor allem darauf, dass eine bekannte Reitsportlerin an der Uni regelmäßig Scheine ausgestellt bekommen hatte ohne entsprechende Leistungen zu erbringen oder überhaupt anwesend zu sein. Es wurde behauptet, dies sei dem Einfluss ihrer Mutter Soonsil Choi zuzuschreiben.
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Gleichzeitig hatten Presse und Oppositionsparteien zu recherchieren begonnen, dass besagte Mutter, Soonsil Choi, zwei Stiftungen kontrollierte, die vorgeblich der Förderung der koreanischen Kultur und des koreanischen Sports dienten und die eigenartigerweise innerhalb weniger Tage astronomische Beträge von allen wichtigen koreanischen Familienkonzernen, den “Chaebols”, überwiesen bekommen hatten. (Nebenbei kam noch heraus, dass die Tochter, also die Dressurreiterin, von Samsung mit Millionenbeträgen gefördert war, unter anderem um ein besonders teures Pferd erwerben zu können.)
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Es stellte sich heraus, dass die Chaebols diese Beträge nicht aus freien Stücken gespendet hatten, sondern ihnen das von Mitarbeitern der Staatspräsidentin nahegelegt werden war. Und einer Bitte aus dem “blauen Haus” (dem Sitz der Präsidentin) verschliesst sich natürlich kein Unternehmen. In Folge dieser Enthüllungen demonstrierten dann Ende Oktober erstmals zehntausend Leute auf dem Gwanghwamun-Platz.
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Und dann ging alles ziemlich schnell. Den November über gab es fast täglich neue Enthüllungen über Korruption und Günstlingswirtschaft im Umfeld der Präsidentin, deren Zustimmungswerte fielen unter vier Prozent, und jeden Samstag beteiligten sich Hunderttausende an Demonstrationen, die (im Gegensatz zu politischen Auseinandersetzungen früherer Jahrzehnte) eher den Charakter von Volksfesten hatten, mit vielen Familien mit kleinen Kindern unter den Marschierenden und Snack- und Kaffee-Verkäufern am Straßenrand.
Am Ende gab es nach den täglichen Enthüllungen kaum noch jemanden, der nicht über die Präsidentin und ihr Umfeld empört war. Selbst in der Heimatstadt der Präsidentin entschuldigten sich die lokalen Größen (Wissenschaftler, Geschäftsleute, Journalisten, Politiker, Ärzte und Geistliche) öffentlich mit einem kuriosen Statement: “Daegu is sorry. […] We apologize for endorsing a certain political party for the last 30 years based on geopolitical attachment, making the city the party’s undisputed turf without whistleblowers and acting as a midwife who helped deliver the lowly president.”
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Die heutige Amtsenthebung war dann natürlich die zwangsläufige Folge. Auch in der eigenen Partei hatte die Präsidentin jeden Rückhalt verloren.
Relevanter als die vorhersehbare Amtsenthebung dürfte aber der Autoritätsverlust sein, den Samsung und die anderen Chaebols durch die Enthüllungen der letzten Tage und vor allem durch das im Fernsehen übertragene Auftreten ihrer Führungskräfte vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss erlitten haben.
Bei den Chaebols handelt es sich durchweg um Familienunternehmen, die mit der in den 60er und 70er Jahren (unter dem Vater der jetzigen Präsidentin) betriebenen Industrialisierung großgeworden sind, inzwischen von den Erben geleitet werden, und denen oft nachgesagt wird, nicht mehr zeitgemäße Hierarchien und Arbeitswelten zu pflegen. (Zuletzt wurde dieser Vorwurf im Zusammenhang mit den explodierenden Samsung-Handys diskutiert.) Die eigentlich interessante Frage wird also sein, welchen Einfluss die aktuellen politischen Entwicklungen auf die Strukturen in der Wirtschaft haben werden, wo kleinere Unternehmen oder Startups bisher keine große Rolle spielen konnten.
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