Der Abelpreis (mit gut 106$ der höchstdotierte Mathematikpreis) geht dieses Jahr an Yves Meyer für die Entwicklung der Theorie der Wavelets.
Der Abelpreis wird jährlich von der Norwegischen Akademie der Wissenschaften vergeben. Er gilt als eine Art Ersatz dafür, daß es keinen Nobelpreis für Mathematik gibt. Über die Gründe, warum Nobel keinen Mathematik-Nobelpreis stiftete, gibt es viele anekdotische Erklärungen, die aber nach allgemeiner Meinung alle in das Reich der Fabel gehören.
Die Verleihung findet Ende Mai in Oslo statt.
Wavelets sind von enormer Bedeutung bei der Komprimierung von Daten, sie werden etwa bei der Bildkomprimierung in JPEG 2000 verwendet oder in bildgebenden Verfahren wie der Magnetresonanztomographie. Ihre Bedeutung wird gerne mit Bildern veranschaulicht, die zeigen, wie ein Foto aussehen würde, wenn man es statt mit JPEG und Wavelets mit einem anderen Verfahren, etwa Fourier-Analyse, komprimiert hätte.
Die beiden folgenden Bilder wurden mittels Fourierreihen gespeichert, wobei beim rechten Bild eine größere Zahl von Koeffizienten berücksichtigt wurde.
Die nächsten beiden Bilder wurden mit Wavelets gespeichert, mit einer vergleichbaren Zahl von Koeffizienten wie in den beiden Bildern oben. Offensichtlich wird mit demselben Aufwand jeweils eine bessere Annäherung an das “wirkliche” Bild erreicht.
Mathematisch geht es darum, Vektorraumbasen für unendlich-dimensionale Funktionenräume zu finden – und zwar so, dass endlich viele Koeffizienten einer Funktion in dieser Basis die Funktion bereits möglichst gut approximieren. Die naheliegendste, aber nicht besonders gute, Approximation von Funktionen ist natürlich durch Potenzreihen (Stichwort Taylorreihe). Eine sehr viel bessere Approximation liefern oft Fourierreihen, also Zerlegungen von Funktionen in Sinus- und Kosinusschwingungen. Diese sind aber nicht so gut bei Funktionen, die an einzelnen Stellen stark springen – und das ist bei Bildern natürlich häufig der Fall (eine Fläche ist weiss, eine benachbarte Fläche schwarz, …). Zerlegungen in Wavelets liefern bessere Approximationen für solche Funktionen. Meyers Arbeiten mit Mallat schufen die Grundlagen für Konstruktionsverfahren von Wavelets passend für die jeweiligen Anwendungen.
Die Begründung des Abelpreis-Komittees.
Informationen zur Geschichte des Abelpreises findet man hier. Die bisherigen Preisträger seit 2003 sind:
2003 Jean-Pierre Serre (Frankreich): Homotopietheorie, Algebraische Geometrie
2004 Michael Atiyah (GB), Isadore Singer (USA): Globale Analysis
2005 Peter Lax (USA): Partielle Differentialgleichungen, Streutheorie
2006 Lennart Carleson (Schweden): Harmonische Analysis, Dynamische Systeme
2007 Srinivasa Varadan (Indien): Wahrscheinlichkeitstheorie, Große Abweichungen
2008 Jacques Tits (Belgien), John Thompson (USA): Gruppentheorie
2009 Michael Gromov (Frankreich): Riemannsche und Symplektische Geometrie, Geometrische Gruppentheorie
2010 John Tate (USA): Algebraische Zahlentheorie, Elliptische Kurven
2011 John Milnor (USA): Differentialtopologie
2012 Endre Szemeredi (Ungarn): Graphentheorie
2013 Pierre Deligne (Belgien): Algebraische Geometrie
2014 Yakov Sinai (Russland): Dynamische Systeme
2015 John Nash, Louis Nirenberg (USA): Partielle Differentialgleichungen
2016 Andrew Wiles (GB): Algebraische Zahlentheorie, Elliptische Kurven
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