David Hilbert gilt als der prägende Mathematiker des 20. Jahrhundert, der insbesondere (vereinfacht gesagt) die Bewegung der Mathematik von der Algorithmik zur Strukturuntersuchung in der ersten Jahrhunderthälfte entscheidend beförderte. Trotzdem ist er in der Öffentlichkeit kaum bekannt außer vielleicht als Namensgeber des Hilbert-Hotels und der Hilbert-Kurve. Ein vor sechs Jahren zum hundertfünfzigsten Geburtstag erschienener Artikel hatte dies damals damit erklären wollen, Hilbert sei „zu nett, zu normal und zu umgänglich“ gewesen, um im Bewusstsein der Öffentlichkeit präsent zu bleiben. Plausibler ist aber doch, dass nur seine Arbeiten zu abstrakt waren und deren Bedeutung sich nur dem Eingeweihten erschließt.
Eine neues Buch des Fondsmanagers und Autors Georg von Wallwitz will das nun ändern mit einer für Laien geschriebenen Hilbert-Biographie, die sein mathematisches Werk in die großen politischen, ideengeschichtlichen und philosophischen Zusammenhänge des 20. Jahrhunderts stellen will.
Hilbert-Biographien gibt es einige. Die bekannteste, 1970 von Constance Reid veröffentlichte, ist eine umfangreiche Material- und Anekdotensammlung zur Mathematik, insbesondere natürlich der Göttinger, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Buch war gerade auch unter Mathematikern ein großer Erfolg, für den Laien sind die vielen zusammengetragenen Historien vielleicht etwas viel Stoff.
Das neue Buch von von Wallwitz bringt zwar ebenfalls viele Details und Anekdoten, beschränkt sich aber in flotter Sprache auf die für den Fachfremden wirklich interessanten. Eine Leseprobe der ersten Seiten findet man hier.
Das Video von der Frankfurter Buchmesse läßt sich leider nicht direkt einbinden, man kann es aber hier anschauen.
Der Buchtitel „Meine Herren, dies ist keine Badeanstalt“ bezieht sich übrigens auf eine Anekdote aus dem Jahr 1919. In Göttingen bildete damals das Mathematische Institut eine gemeinsame Fakultät mit Philosophen, Historikern und Philologen, und Habilitationen waren natürlich eine Angelegenheit der gesamten Fakultät. Die 1915 beantragte Habilitation Emmy Noethers stieß bei vielen der Fakultätsmitglieder auf grundsätzliche Bedenken, über welche die Mathematik-Professoren sich letztlich einstimmig hinwegzusetzen bereit waren, die meisten der anderen Fakultätsmitglieder aber nicht. Das wiederum führte zu dem berühmten, Hilbert zugeschriebenen Zitat (für das es allerdings keine schriftlichen Belege gibt) und dann letztlich 1919 zur erfolgreichen Habilitation Noethers.
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