Seit Neutrinos entdeckt wurden, gibt es Gerüchte, Behauptungen und vor allem Fehleinschätzungen. Als Beschreibung für unerklärliche Fragestellungen setzte sich der Begriff “Geisterteilchen” durch. Aber die konkreten Fakten, die inzwischen aus der Grundlagenforschung veröffentlicht wurden, sind bei Meinungsbildnern noch nicht angekommen oder werden sogar bewusst verfälscht und verdreht. Revolutionärer Erkenntniszuwachs hat schon immer Konservative auf den Plan gerufen.
Das sind die Fakten:
1. Im Herbst 2015 wurden zwei Wissenschaftler – Arthur McDonald (Kanada) und Takaaki Kajita (Japan) – mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. Beide haben ein allgemeines Problem zum Messen kleinster Massen (fast Null, aber größer als Null) entwickelt.
Die neuen Lösungen brachten ein revolutionäres Ergebnis in der Neutrino-Forschung zu Tage: Neutrinos sind nicht masselos, sondern haben eine – wenn auch sehr kleine – Masse. Das war der erste Schritt der “Entgeisterung” dieser Teilchen, denn die Energieformel von Einstein E = m x c² (Energie ist das Produkt aus Masse und Beschleunigung im Quadrat) gilt seit gut zwei Jahren. Durch diesen Nobelpreis ist die Mehrzahl der Veröffentlichungen im Internet ist überholt. Allerdings beziehen viele Menschen ihre Meinung noch immer aus der Zeit vor dem Herbst 2015.
(Hervorhebung von mir.) Das ist der Beginn einer gestern abend veröffentlichten Pressemitteilung mit einer “Analyse von Prof. Dr. Günther Krause” zum Thema “Gewinnung von Energie aus Neutrino-Geisterteilchen”. Wer sich den Text in Gänze zu Gemüte führen will, kann das auf https://www.presseportal.de/pm/118105/3878541 tun. Ich zitiere noch den Schlußabsatz:
Das Internet zeigt sich als Partner für Informationen ungeeignet, wenn der Nutzer nicht in der Lage ist, die Fortschritte und das überholte Wissen zu bewerten. Nur gut, dass nach 500 Jahren die Erde eine Kugel ist. Wenn die Neutrinos weiter 500 Jahre ungenutzt durch das All fliegen, wäre das eine Katastrophe für den Planeten und die Menschheit.
Ein Rechenbeispiel: 1. Pro Quadratzentimeter kommen pro Sekunde 60 Milliarden Neutrino an.
2. Mit der Technologie der Neutrino-Gruppe wird pro Quadratzentimeter pro Sekunde von 60 Millionen Neutrinos ein Teil der Energie in Atombewegungen umgesetzt.
3. Das bedeutet, dass in einer Stunde pro Quadratzentimeter 3600 x 60 Millionen, also 216.000 Millionen oder 216 Milliarden Neutrinos einen Teil Energie abgeben.
4. Insofern ist der Nutzung der Neutrino-Energie für einen Menschen, der die Zusammenhänge nicht kennt, schwer vorstellbar. Aber pro Quadratzentimeter entsteht so eine Leistung 30 bis 75 Milliwatt; auf einer A4-Folie mit 600 Quadratzentimeter werden dann durchschnittlich 2 bis 3 Watt pro Stunde erreicht. Deutschland täte es gut, würde für die Freiheit von Forschung und Lehre wieder das Grundgesetz als Grundlage akzeptiert werden.
Was in der Pressemitteilung nicht erwähnt wird: die Neutrino Energy Group (bekannt geworden durch die Entwicklung von Elektroautos ohne Batterie und Ladekabel) will durch Ausgabe von Aktien und verwandten Finanzprodukten frisches Kapital zur Finanzierung der nächsten Schritte in Richtung kommerzielle Energiegewinnung durch nichtsichtbare Strahlenspektren der Sonne einwerben. Das entsprechende Patent soll am Montag eingereicht worden sein. (Geometry is the key to unlocking the secret.)
Wer also noch ein paar Tausend Euro oder auch mehr übrig hat, kann sich durch den Kauf der Neutrino-Aktien an dieser neuen Entwicklung beteiligen. 🙂
Nachtrag(1.3.): Nachdem mehrere Leser mich in den Kommentaren darauf hingewiesen haben, dass dieser Artikel mißverstanden werden könnte – nämlich als Kaufempfehlung für die Aktien der Neutrino Energy Group – möchte ich hier ausdrücklich betonen, dass dieser Artikel keineswegs als Kaufempfehlung zu verstehen ist, sondern als Bericht über ein – wohlwollend betrachtet – äußerst optimistisches und vom Stand der Wissenschaft nicht gedecktes Projekt. Bei weniger wohlwollender Betrachtung könnte man auch zu anderen Schlußfolgerungen kommen, die ich hier aus naheliegenden (juristischen) Gründen nicht näher ausführen möchte. Im aktuellen SPIEGEL gibt es einen Artikel dazu und
auch BILD hat das Thema aufgegriffen:
Krause ließ verlauten, er habe noch Aktienpakete und Immobilien, die er verkaufen wolle – damit käme er schon zurecht.
Doch so ein Aktienpaket für eine angebliche US-Energie-Firma, die aus durch den Weltraum fliegenden Neutrinos Energie gewinnen will, hatte er schon Waltraud Szustak angedreht. Angeblicher Wert: 500 000 US-Dollar. Tatsächlicher Wert: wohl gegen Null. Gestern gab sie den Krause-Anwälten die Aktien zurück: „Viel Spaß damit!“
Physiker halten die Neutrino-Idee für kompletten Humbug: ein Perpetuum mobile. Das würde mehr Energie erzeugen als verbrauchen, sich selbst antreiben. Und physikalischen Grundgesetzen ebenso widersprechen wie Krauses Art der Geld-Versprechen denen der Finanzwelt: mit nichts kann nur nichts bezahlt werden.
Kommentare (81)