Arnold Vaatz (sächsischer CDU-Rechtsaußen und von Beruf übrigens Diplom-Mathematiker) beklagt sich auf AchGut:
Ich kann mich nicht erinnern, jemals irgendwo gehört zu haben, dass man einen Menschen auffordert, zu beweisen, dass er etwas nicht beweisen kann. Dass es den deutschen Medien und einigen politischen Parteien möglich ist, einen derartigen aussagenlogischen Unsinn tagelang zum Grundton ihrer Berichterstattung zu machen, zeigt, in welchem Stadium der geistigen Umnachtung wir angelangt sind.
Es geht natürlich um Verfassungsschutzpräsident Maaßen, der bekanntlich behauptet hatte, es lägen keine belastbaren Informationen darüber vor, dass in Chemnitz Hetzjagden stattgefunden haben und gute Gründe sprächen dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handele, um „möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“. Es lägen auch keine Beweise dafür vor, dass das berühmte „Hase, du bleibst hier“-Video authentisch sei.
Nun ist inhaltlich dazu natürlich schon alles gesagt worden (wenn auch noch nicht von allen). Es ist schlicht einmal mehr die übliche Strategie, erst Verunsicherung zu schüren und dann alles nicht so gemeint zu haben.
Ich will hier also nur kurz auf den mathematischen Aspekt der Sache eingehen, also Vaatzens Gerede vom „aussagenlogischen Unsinn“. Das ist schlichter Unsinn: in der Aussagenlogik geht es nur um Verknüpfungen mittels „und“ und „oder“, erst in der Prädikatenlogik kommen Quantoren wie „für alle“ oder „es gibt“ hinzu. Eine Aussage wie „es gibt keine Beweise“ läßt sich also erst in der Prädikatenlogik formulieren, man könnte allenfalls von „prädikatenlogischem Unsinn“ sprechen. Mich erinnert das ein wenig an den (zufällig ebenfalls im Dresdner Villenviertel „Weißer Hirsch“ lebenden) Schriftsteller Uwe Tellkamp, in dessen Buch „Der Eisvogel“ die Aussagenlogik völlig sinnlos mit dem Vierfarbensatz und logischen Paradoxien in Zusammenhang gebracht wird. (Während Tellkamp das qua Ausbildung vielleicht nicht besser wissen kann, sollte man bei Vaatz als in Dresden ausgebildetem Dipl.-Math. eigentlich schon die Grundbegriffe der Logik erwarten können. Und ich will jetzt gar nicht erwähnen, dass es in der Mathematik sehr wohl Beweise der Unbeweisbarkeit gibt, Beispiel Kontinuumshypothese.)
Der eigentlich relevante Punkt ist aber natürlich, dass Vaatz schlicht den zweiten Teil von Maaßens Aussagen unter den Tisch fallen läßt. Der hatte ja nicht nur ausgesagt, es gäbe keine Beweise, er hatte vor allem die Korrektheit der vorhandenen Beweise nicht nur bezweifelt, sondern explizit behauptet, es gäbe gute Gründe, von einer Falschinformation auszugehen. Um jetzt erwartungsgemäß zurückzurudern. Mit den Mitteln der Aussagen- oder Prädikatenlogik läßt sich dieses Verhalten leider nicht fassen oder gar bewerten.
Kommentare (223)