Der Deutsche Schachbund begeht schon das ganze Jahr lang das Emanuel-Lasker-Jahr zur Erinnerung an den einzigen deutschen Weltmeister (1894-1921 und damit länger als jeder andere Weltmeister bisher), der am 24. Dezember seinen 150. Geburtstag feiern würde.
Nicht so bekannt ist, dass Lasker auch ein bedeutender Mathematiker war, auf den der Begriff des Primärideals und der Beweis der Primärzerlegung von Idealen zurückgehen.
Worum geht es in der Idealtheorie?
Ideale in der Zahlentheorie
Richard Dedekind, der letzte Student von Carl Friedrich Gauß, hatte in seinem 1871 veröffentlichten Supplement zu Dirichlets Zahlentheorie die Bedeutung algebraischer Methoden erkannt und eine Reihe von für seine Zeitgenossen sehr abstrakten Begriffen wie Ringen, Ordnungen, Moduln und Idealen eingeführt.
Ideale waren vorher als ideale Zahlen in der Zahlentheorie vorgekommen, mithilfe derer man die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung in Kreisteilungskörpern erreichen konnte. Diese von Kummer eingeführten idealen Zahlen lassen sich als Kerne von Ringhomomorphismen des Ganzheitsrings eines algebraischen Zahlkörpers in endliche Körper interpretieren, auch wenn dies natürlich nicht war, wie die damaligen Zahlentheoretiker sie betrachteten.
In jedem Ganzheitsring hatte Dedekind die Eindeutigkeit der Primidealzerlegung beweisen können. Hilbert war von Dedekinds Beweis ebenso wenig überzeugt gewesen wie von Kroneckers – nicht weil er dessen Korrektheit bezweifelt hätte, sondern aus Gründen der Methodenreinheit, weil die Beweise Funktionentheorie benutzten – und so veröffentlichten er und Hurwitz eigene Beweise, die nur Methoden aus der Zahlentheorie verwendeten.
Ideale in der algebraischen Geometrie
Ein zur Primidealzerlegung in Ganzheitsringen analoges Problem stellte sich in der algebraischen Geometrie. Dort sind beispielsweise die Polynome p1(x,y)=x-1 und p2(x,y)=y2-x beide irreduzibel, aber die durch p1 und p2 definierte Varietät besteht aus zwei unzusammenhängenden Punkten (1,1) und (1,-1). Man benötigt also eine Methode für die Faktorisierung einer Menge von Polynomen und diese kann nicht einfach in der Faktorisierung der einzelnen Polynome bestehen.
Ein anderes Problem ist die Nichteindeutigkeit der ein geometrisches Gebilde beschreibenden Polynome. Beispielsweise ist der Kreis in der Ebene als Teimenge des R3 die Nullstellenmenge des Polynompaars (x2+y2-1,z) oder (x2+y2+z2-1,z) oder (x2+y2-1,x2+y2+z2-1). Es gibt eine Unendlichkeit von Möglichkeiten und man fragt sich, was die natürlichsten definierenden Gleichungen sind. Dedekind und Weber hatten die Lösung darin gesehen, Kurven über ihren Funktionenkörper als endliche Erweiterung von C(x) zu definieren. Daraus konnten sie die Punkte der Kurve dann als Bewertungen des Funktionenkörpers rekonstruieren. Die natürlichere Lösung zur Definition algebraischer Varietäten aber war: betrachte einfach alle Polynome, deren Nullstellenmenge die Varietät ist. Diese Menge ist ein Ideal im Polynomring.
Zerlegbarkeit von Idealen
Die Frage nach der Zerlegung einer Varietät in irreduzible Varietäten übersetzt sich dann in die algebraische Frage nach der Zerlegbarkeit von Idealen. Dieser hatte sich Lasker, damals schon im zwölften Jahr Schachweltmeister, in einer 1905 in Mathematische Annalen veröffentlichten Arbeit gewidmet. Er führte dort den Begriff des Primärideals ein und bewies dann, dass jedes Ideal im Polynomring C[x1,…,xn] eine eindeutige Zerlegung in Primärideale hat. Zuvor hatte er 1900 mit einer Arbeit über unendliche Reihen promoviert. Er hat diese Dissertation bei Emmy Noethers Vater Max Noether in Erlangen (mit der Absenderangabe Erlangen Hotel Kaiserhof, wo er nach der Abschlußprüfung später einen Empfang geben würde) eingereicht. Gearbeitet hatte er an der Dissertation natürlich weitgehend selbständig, die Veröffentlichung in den Mathematischen Annalen reichte er von einem Turnier in New York aus ein.
Auch wenn seine Arbeit auf der von Kummer und der anderer Mathematiker aufbaute, gehörte er doch zu keiner der herrschenden Schulen und scheiterte wohl auch deshalb mit seinen Versuchen, nach der Dissertation im akademischen Betrieb Fuß zu fassen.
Der Satz von Lasker-Noether
Lasker hat seinen Zerlegungssatz auch für Moduln über Polynomringen bewiesen, ein Professor aus Cambridge fand zehn Jahre später einen anderen Beweis, der sich auch als Algorithmus formulieren ließ. Die allgemeinste Fassung fand 1921 Emmy Noether in „Idealtheorie in Ringbereichen“.
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