Mit ähnlichen Methoden fand er dann auch einen neuen Beweis zum Lefschetzschen Hyperebenensatz. Morse und Lefschetz hatten mehr als zwanzig Jahre nur wenige Schritte voneinander entfernt gewohnt und gearbeitet, aber die Idee, Morse-Theorie zum Beweis des Hyperebenensatzes von Lefschetz anzuwenden, war neu und stammte von Thom. Bott arbeitete sie aus und überwand die technischen Probleme in Thoms ursprünglichem Ansatz.
Der Periodizitätssatz wurde zunächst nur als eine weitere Berechnung von Homotopiegruppen wahrgenommen. Bei der großen Topologie-Tagung in Morelia standen die Vorträge von Milnor (über exotische 7-Sphären) und Thom (über Transversalität und Pontrjagin-Klassen) im Mittelpunkt des Interesses.
Eine spektakulärere Anwendung fand zunächst ein anderes Resultat von Bott über die Teilbarkeit der Pontrjagin-Klassen pk(TS4k) des Tangentialbündels der 4k-Sphäre durch (2k-1)!. Mit Hilfe dieser Teilbarkeit bewies John Milnor, dass die Sphären der Dimensionen 1,3,7 die einzigen parallelisierbaren Sphären sind und insbesondere es nach reellen und komplexen Zahlen, Quaternionen und Oktaven keine weiteren Divisionsalgebren gibt. Sein in den Annals of Mathematics erscheinender (und mit dem Aufdruck “Printed in Japan” versehener) Beweis war nur sechs Seiten lang und er hätte sogar nur vier Seiten gebraucht, wenn er nicht in einem Anhang ein von Wen-Tsün Wu an der Chinesischen Akademie der Wissenschaft bewiesenes Resultat noch einmal reproduziert hätte, weil dieses bisher nur auf Chinesisch erschienen war.
Wenn es auf der Sphäre Sn-1 eine Gruppenstruktur, auch nur bis auf Homotopie, gibt, dann kann man eine Abbildung S2n-1—>Sn konstruieren, deren Fasern jeweils Verschlingungszahl 1 haben. Dass es solche Abbildungen außer für n=1,3,7 nicht gibt, war das Hopf-Invariante-1-Problem, das Adams mit Hilfe von Steenrods Kohomologieoperationen bewies. Nachdem Atiyah und Hirzebruch Ende der 50er Jahre die K-Theorie entwickelten, sah Adams, dass man dort ebenfalls Operationen einführen konnte und mit diesen der Beweis deutlich kürzer wurde. Mit seinen neuen Operationen konnte er dann auch eine exakte Formel für die maximale Anzahl linear unabhängiger Vektorfelder auf einer n-dimensionalen Sphäre geben und er konnte das Bild des J-Homomorphismus bestimmen. (Der J-Homomorphismus ist eine Abbildung der Homotopiegruppen von O(n) in die stabilen Homotopiegruppen der Sphären. Adams bewies, dass in Grad 4n-1 die Ordnung seines Bildes der Zähler von B2n/4n für die Bernoulli-Zahlen B2n ist. Für die Berechnung der stabilen Homotopiegruppen der Sphären – und beispielsweise auch der Gruppe der exotischen Sphären – muß man dann “nur” noch den Kokern des J-Homomorphismus verstehen.) Außerdem hatten die Operationen in der K-Theorie eine geometrische Bedeutung: für Geradenbündel entsprachen sie der k-ten Potenz der Geradenbündel, und sie waren kompatibel mit direkten Summen. Nach dem Spaltungsprinzip genügte das für den Beweis. Der von Milnor und Kervaire gegebene Beweis zur Nichtexistenz nullteilerfreier Multiplikationen wurde dann mit der K-Theorie ebenfalls deutlich einfacher.
Botts Periodizitätssatz übersetzte sich in eine 2-Periodizität der komplexen bzw. 8-Periodizität der reellen K-Theorie und wurde mit den zahlreichen Anwendungen der K-Theorie nun zu einem zentralen Satz der Topologie. K-Theorie, ursprünglich definiert mittels stabiler Äquivalenzklassen von Vektorbündeln, interpretierte man später als Kohomologietheorie des Spektrums , das wegen Bott-Periodizität 2-periodisch ist:
. Entsprechend ist das Spektrum der reellen K-Theorie 8-periodisch.
Mit Botts Periodizitätssatz bewiesen Atiyah, Bott und Shapiro 1963 eine Periodizitätseigenschaft (modulo Morita-Äquivalenz) von Clifford-Algebren. Atiyah gab dann einen einfachen analytischen Beweis des Periodizitätssatzes mittels elliptischer Operatoren und ihres Indexes, der sich in verschiedene Richtungen verallgemeinern ließ, etwa für äquivariante K-Theorie. In der nichtkommutativen Geometrie spielte später die ebenfalls Bott-Periodizität aufweisende K-Theorie von Operatoralgebren eine zentrale Rolle. Viele weitere Anwendungen in Topologie und Physik wären noch zu erwähnen, etwa die Klassifikation topologischer Isolatoren oder Wittens Theorie der D-Branen.
Bild: http://faculty-history.dc.umich.edu/faculty/raoul-bott
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