Eine wichtige Frage in der Funktionentheorie ist die nach den möglichen Randwerten einer auf der Einheitskreisscheibe D2 definierten holomorphen Funktion f. Randwerte kann man einfach als Grenzwerte von Folgen f(zn) definieren, wobei dann unterschiedliche gegen den Rand konvergierende Folgen zn unterschiedliche Grenzwerte haben könnten, oder man kann für die Funktionen ihren Grenzwert für r->1 in einem geeigneten Funktionenraum bestimmen.
Unter der Annahme, dass die Lp-Norm der fr beschränkt bleibt, kann man zeigen, dass die fr fast überall und in der Lp-Norm konvergieren. Das ist dann freilich nur eine (fast-überall) punktweise Konvergenz entlang der Radien, die 0 mit dem Randpunkt verbinden. Wenn man Konvergenz entlang beliebiger Kurven betrachten will, dann muss man jedenfalls voraussetzen, dass diese Kurven nicht-tangential zum Rand sind. Für solche nicht-tangentialen Kurven bewies Pierre Fatou 1906, dass man Konvergenz fast-überall hat wenn f die Bedingung erfüllt.
Der Raum solcher Funktionen wird heute als Hardy-Raum Hp bezeichnet. Für p≥1 ist er eine Teilmenge von Lp(D2) (und man kann ihn mit Lp([0,1]) identifizieren), für p=2 entspricht er gerade den Fourier-Reihen , deren Koeffizienten für n<0 verschwinden.
Für p<1 sind die Hardy-Räume keine Teilmenge von Lp. In diesem Fall haben die Lp-Räume einen trivialen Dualraum, weshalb sich viele Argumente der Funktionalanalysis wie etwa der Satz von Hahn-Banach dort nicht anwenden lassen und man dort besser mit den Hp-Räumen arbeitet.
Seit den Arbeiten von Hardy und Littlewood weiß man, dass sich viele Resultate der Fourier-Analyse für Lp-Räume mit p>1 nicht auf den Fall p=1 übertragen lassen. Sie lassen sich jedoch häufig übertragen auf (Realteile von) Funktionen in H1(S1). (Diese bilden eine Teilmenge von L1(S1).) Hardy-Räume wurden in den 20er und 30er Jahren ein zentrales Thema der harmonischen Analysis, weil sie die Übertragung funktionentheoretischer Methoden auf die harmonische Analysis ermöglichten. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts arbeitete man dann an analogen Theorien auf dem Rn, insbesondere entwickelten Calderón und Zygmund die Theorie singulärer Integraloperatoren als Verallgemeinerung der Hilbert-Transformation. Die Methoden der Funktionentheorie standen hier nicht mehr zur Verfügung, aber Stein und Weiss konnten (reelle und komplexe) Hardy-Räume definieren. Für Stein waren diese unter anderem interessant als Hilfsmittel zum Beweisen von Lp-Abschätzungen.
Charles Fefferman war ein Wunderkind gewesen: mit 12 beherrschte er die Infinitesimalrechnung, mit 17 schloß er sein Studium an der Universität Maryland ab, mit 22 war er in Chicago der jüngste Professor des Landes, seine Studenten und Doktoranden waren so alt wie er. In seiner Dissertation bei Elias Stein hatte er Funktionen im Hardy-Raum Hp(Rn) auf verschiedene Arten charakterisiert, beispielsweise dadurch, dass für jede schnell-fallende Funktion φ die Funktion in Lp ist. (φt(x)=t-nφ(t-1x) ist eine Dirac-Folge.)
Der Fall p=1 ist in der Funktionalanalysis in vieler Hinsicht speziell. Der Raum L1 unterscheidet sich von den Lp-Räumen für p>1 dadurch, dass er nicht reflexiv ist (der Dualraum des Dualraums ist nicht L1). Für H1 war keine Charakterisierung des Dualraumes bekannt. Antoni Zygmund hatte aber nach einer Integral-Interpretation von BMO-Funktionen gefragt. Das sind Funktionen beschränkter mittlerer Oszillation, d.h. mit , wobei das Supremum über alle Würfel Q im Rn genommen wird und der Subtrahend der Mittelwert von f über Q ist. Diese Definition ging auf John und Nirenberg zurück, die gezeigt hatten, dass eine analoge Ungleichung dann auch für Potenzen und Exponentiale des Integranden gilt, was wiederum von Moser in seinem eleganten Beweis der Ungleichungen von di Giorgi und Nash benutzt wurde, neben anderen Anwendungen.
Fefferman kündigte 1971 in einem Artikel im Bulletin of the American Mathematical Society das spektakuläre Resultat an, dass Integration den Raum der BMO-Funktionen gerade als Dual des Hardy-Raums H1 darstellt. (Den Beweis veröffentlichte er ein Jahr später mit Stein in Acta Mathematica, er benutzte eine Ungleichung Carlesons sowie clevere Manipulationen gewisser von Littlewood und Paley in ihren Verallgemeinerungen der L2-Theorie nach Lp verwendeten Funktionen.) In der Theorie singulärer Integrale wurde H1 (und Hp für p>1) damit zum richtigen besseren Ersatz für die entsprechenden Lp-Räume.
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