Nichts davon ist eigentlich falsch (außer dass es im letzten Satz natürlich “noncommuting” statt “noncommutative” heissen muss), aber es ist alles, nun ja, irgendwie trivial und man fragt sich zunächst, was aus solcherart Allgemeinplätzen eigentlich folgen soll.

Die Anwendbarkeit dieser Theorie nichtkommutierender Operatoren (komplementärer Observablen) auch außerhalb der Quantenphysik wurde dann so erklärt.

Individual and community is an example of a pair of complementary variables. […] You could also frame it as separation and connectedness, that’s the same way of putting it. I feel, structure and freedom, a pair that we know from from education, is a complementary pair, […] form and content, something that we know from literature and poetry for instance, maybe law and justice, I’m not quite sure about that, they are relevant in a legal context […] maybe they fulfill the generic properties of complementary pairs being mutually exclusive, maximally incompatible but necessary at the same time to describe the situation.

Im Feuilleton einer Tageszeitung fände man es ja ganz lustig, Recht und Gerechtigkeit mit Verweis auf die Quantenphysik als komplementäre Observablen zu bezeichnen. (Gut, soo originell auch wieder nicht.) Aber der Sprecher schien überzeugt, hier wirklich einen brauchbaren Zugang zur Erklärung von “Systemen” gefunden zu haben:

Suppose you have a system, this one here, and suppose in that system you have various elements. If these elements here, if the description of these elements here, that’s why I have squared them, is complementary to the description of the whole system, then entanglement ensues between all those elements, and not between the other ones, maybe.

In dem Stil ging es dann noch eine Weile weiter. (Die Zitate stammen aus einem Vortragsvideo, dass man auf https://www.comillas.edu/sophiaiberia/Vid/Harald\_Walach.wmv ansehen kann.) Die Schlußfolgerung war letztlich, dass es eine nichtlokale Korrelation zwischen “mind” und “body” geben solle. Die uns bekannten kausalen Zusammenhänge seien die zweiten Ableitungen dieser Korrelation. Das klingt dann doch wieder richtig nach Mathematik und strenger Wissenschaft.

Emergenz

Joseph Honerkamp schreibt in der Einleitung seines vor zwei Jahren bei Springer Spektrum erschienenen Buches “Über die Merkwürdigkeiten der Quantenmechanik”, dass unsere evolutionär erworbenen Vorstellungen und Bilder für das Verständnis des Wirkens der Natur nicht unbedingt auf allen Längenskalen taugen müssen. Das gilt natürlich auch in umgekehrter Richtung.

Eine reale Anwendung der Quantenverschränkung ist Quantenkryptographie. Eine interessante Podiumsdiskussion dazu gab es im September auf dem Heidelberg Laureate Forum, anzuschauen auf https://youtu.be/y-xNxhBmnc8.

Grundlagen der Kryptographie

Zur Bedeutung der Kryptographie im Internet-Zeitalter braucht man
wohl nicht viele Worte zu verlieren. Verschlüsselte, abhörsichere Übertragung ist beim Bezahlen im Internet, bei der elektronischen Unterschrift, im Kreditkartenwesen, bei Zugangskontrolle und Copyright oder natürlich auch einfach bei der üblichen Kommunikation per Handy und e-Mail von eminenter Bedeutung.

Die Aufstellung ist stets: Es gibt einen Sender A, der eine Nachricht an den Empfänger B schickt, und einen Lauscher E, der die (verschlüsselte) Nachricht abfängt. In der Fachliteratur heißt die Senderin A immer Alice, der Empfänger B immer Bob, und die Lauscherin E immer Eva, was wohl für “evil” oder auch “eavesdrop” stehen soll. Konkret ist beispielsweise B eine Bank und A ihr Online-Kunde. E ist ein Hacker, der A’s verschlüsselte Daten abgefangen hat.

Zu einem kryptographischen Verfahren gehört eine Verschlüsselungsfunktion (kurz: Schlüssel) die einen Klartext in einen verschlüsselten Text umwandelt, und eine Entschlüsselungsfunktion, die die Umkehrfunktion der Verschlüsselungsfunktion sein muss. Klassisch ist die Cäsar-Chiffre f(A)=D,f(B)=E,…,f(W)=Z,f(X)=A,f(Y)=B,f(Z)=C oder mathematisch f(x)=x+3 modulo 29, deren Entschlüsselungsfunktion f(x)=x-3 modulo 29 ist. Solche Verschlüsselungsverfahren, bei denen man aus der Kenntnis des Schlüssels sofort auf die Entschlüsselungsfunktion schließen kann, heißen symmetrische Verschlüsselungsverfahren.

Bei symmetrischen Verfahren ist es offenbar wesentlich, daß der Schlüssel geheim gehalten wird. So waren durch das Knacken des ENIGMA-Schlüssels im 2. Weltkrieg den Allierten zum Beispiel bei der Invasion 1944 die deutschen Gefechtsaufstellungen in der Normandie bekannt. Deshalb gelten Verfahren als besonders sicher, deren Sicherheit nicht von der Geheimhaltung des Schlüssels abhängt: sogenannte asymmetrische (“public key”) Verfahren.

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Kommentare (12)

  1. #1 Dr. Webbaer
    30. Oktober 2022

    Vielen Dank für die Mühe, die Sie sich gemacht haben, lieber Thilo.
    So wie Dr. Webbaer Sie kennt, war alles richtig.

    Dr. Webbaer rät an Verschlüsselungen bereits jetzt mit möglichst komplexen Keys auszustatten, so dass auch Rechnergeneration der Marke “Quantenrechner” so nicht angreifen kann.

    Dr. Webbaer mag auch, dass Joseph Honerkamp (“SciLogs.de”) zitiert worden ist.

    Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg
    Dr. Webbaer

  2. #2 Dr. Webbaer
    30. Oktober 2022

    Sicherlich ging hier :

    Daneben gibt es aber auch anerkannte Universitätsprofessoren, die im Ernst versuchen, Quantenverschränkung zur Erklärung größerer Phänomene heranzuziehen. [Artikeltext}

    .. in puncto benötigte Schichtentrennung einiges schief, also die Schichtentrennung, so dass physikalische Beobachtung nicht in (gedachte, mathematische) Systeme eingreifen kann, die dem Geist entsprungen sind.


    Ansonsten, im rein Philosophischen, das an dieser Stelle erst einmal als nebensächlich bearbeitet werden soll, können solche Überlegungen greifen :

    Die Schlußfolgerung war letztlich, dass es eine nichtlokale Korrelation zwischen “mind” und “body” geben solle. [Artikeltext]

  3. #3 Quanteder
    31. Oktober 2022

    #2
    . . . .. Frau Hossenfelder sieht genau darin ein Problem und will es mit Superdeterminism beschreiben.

    . . . .. das Andere würde ja heissen, mein „mind“ würde mittels ART ins Universum flutschenden und dann wieder zu meinem „body“ zurückfinden. Fast sinnbildlich für die Quantengravitation. . . ..

    . . . .. das darf doch nicht alles wahr sein, gelle 🙂

  4. […] Ehe ich hier nun die inkriminierten Beiträge verlinke, will ich erst einmal zugeben, dass es in einem wissenschaftsbezogenen Blog immer wieder mal Themen geben kann, die sich mit menschlicher Sexualität – entweder rein biologisch, oder aber auch als Verhaltensmuster – befassen. Doch die waren nicht das, woran sich die Facebook-Bots gerieben haben: Beanstandet und blockiert wurde Bettinas Meertext-Beitrag über streng riechende Grauwale (“Das Rätsel der stinkenden Grauwale” und Thilos Mathlog-Posting über “Allerlei Verschlüsseltes“. […]

  5. #5 Quanteder
    2. November 2022

    #2
    . . . .. https://www.philomag.de/artikel/bertrand-russell-und-die-mathematik
    Übereinstimmung mit der Wirklichkeit: Mathematiker sind Menschen und Menschen sind Wirklichkeit!!!
    > Ma||Ph-Ch/Bio:: Ma
    > Ma||Evolution . . . ..

    Wenn man sich mit diesem Determinismus anfreunden kann, dann bestünde der Sinn von Evolution, die Menge von Menschen auf der Erde mit dem „mathematischen“ Universum zu verbinden.
    Ein weiterer Gedanke wäre, das geistige Tätigkeit Materie bewegen kann . . . ..

    . . . .. und: Eva wäre keine Sünderin mehr. Mit ihrer Beobachtung kann sie Einfluss auf die Messung nehmen (viele Grüsse an die Facebook-bots 🙂 .

  6. #7 Bernd Nowotnick
    4. November 2022

    Mit der Verschlüsselung der QM hat man es ein bisschen bei den tatsächlichen Gegebenheiten, wie etwa dem Aufenthaltsort eines Beobachters mit ausgedehnten Wellen von Steuern und Bewerten zu tun, aus der sich mit den Methoden der Mathematik die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Ergebnisse ablesen lässt. Die Bewegung des Beobachters bzw. Teilchens durch die Welt erfolgt auf Grundlage von Angebotswellen. Angebotswellen haben etwas vom Kaleidoskop. Je nach dem in welche Richtung man sich entscheidet folgt der Weg darauf der Pilotwelle. Bei einem Impuls prüfen vorwärts und rückwärts Angebotswellen in 45°-Winkeln die Kausalitätsschleifen. Aber erst im Moment der Messung kollabiert die Welle auf einen Punkt, an den dann der Beobachter oder das Teilchen springt. Es ist schwierig das Fallen der Kristalle zurück zu verfolgen. Das klappt nur wenn es sich gemerkt wurde. Die Informationsverarbeitung findet meiner Meinung nach bei der ART auf Grundlage der Vakuumwinkelanpassung und bei der QM bzw. Informationshydrodynamik in der zwölfdimensionalen Struktur statt. Als Information ist die Ausrichtung des magnetischen bzw. des Informationsfeldes gemeint.

  7. #8 Andriool
    Rhein-Main-Gebiet
    6. November 2022

    Lieber Thilo,
    ich gehöre zu den stillen Mitlesern und melde mich deshalb, weil ich gerne wissen möchte, ob und wenn ja, wo Du deine großartigen Artikel weiterhin veröffentlichen wirst.

    Ich bin deshalb stiller Mitleser, da ich wegen nicht vorhandener Freizeit nicht dazu komme, mich selbst mit den Themen auseinandersetzen. Dies werde ich jedoch – abseits des Lebens mit meiner, leider nicht am Thema interessierten Frau – intensiv betreiben, wenn ich in Rente bin und dann finanziell und auch körperlich eingeschränkt sein werde. Ich freue mich auf diese kommende Zeit …

    Das, was Du bisher so geschrieben hast, dies lässt so eine Art innere Landkarte für die Strukturen innerhalb der Mathematik entstehen.

    Deine Artikel sind wie interessante Puzzlestücke …

    … ich bedauere es sehr, Programmieren nicht zum Beruf zu haben und wundere mich über die fehlenden Posts zwischen programmierenden Mathematikern

    Vielen Dank lieber Thilo für alles

  8. #9 Thilo
    7. November 2022

    Danke für die Nachfrage. Ich werde hier (wahrscheinlich erst im Dezember) noch bekanntgeben, ob und wo ich weiterschreibe. In jedem Fall werde ich aber wohl mit geringerer Frequenz weiterbloggen.

  9. #10 Dr. Webbaer
    11. Dezember 2022

    Nochmals, bevor es hier bei den Scienceblogs.de langsam zu Ende geht, lieber Herr Thilo, noch mal eine Frage zum sogenannten Ziegenproblem, vielleicht ist sie an dieser Stelle erlaubt bis gerne gesehen

    1.)
    Dieses Problem ist trivial, wenn der Showmaster ein Tor öffnen muss und das Wechseln anbieten muss, es muss dann (sozusagen rein mathematisch) gewechselt werden, die Gewinnwahrscheinlichkeit erhöht sich von 1/3 auf 2/3.

    2.)
    Muss der Showmaster nicht so handeln und befindet sich er in einer Serie von Spielen, wie im Quiz-Wesen ja auch üblich, ist der Showmaster

    a) benevolent, wenn er immer nur dann den Wechsel anbietet, wenn der Kandidat sich anfänglich NICHT für das Tor mit dem Gewinn entschieden hat.

    b) malevolent, wenn er immer nur dann den Wechsel anbietet, wenn der Kandidat sich anfänglich für das Tor mit dem Gewinn entschieden hat.

    3.)
    Was nun also ins Spiel kommt in der iterativen Ziegenproblem-Variante, ist die Beobachtung des Showmasters durch den Kandidaten, es wird auf einmal sehr interessant, wie benevolent oder malevolent der Showmaster in der Vergangenheit war.

    4.)
    Hat er häufiger als in zwei von drei Fällen das Wechseln angeboten, müsste er im empiristischen Sinne benevolent sein, jedenfalls benevolenter als malevolenter, wenn die Datenprobe ausreichend groß ist. (Jetzt nicht fragen, wie groß sie genau sein muss, danke.)

    5.)
    Hat der Showmaster z.B. hundertfach in Folge den Wechsel angeboten, muss der Kandidat im empiristischen Sinne (nicht unbedingt im mathematischen Sinne) wechseln.

    6,)
    Nur was ist, wenn in dieser iterativen Spielvariante dem Kandidaten nichts über das vergangene Verhalten des Showmasters bekannt ist, wenn er zum ersten Mal in dessen Sendung sitzt sozusagen, gilt dann nicht auch (4), weil er ja in einem von einem Fall (also zu 100 % sozusagen) den Wechsel angeboten bekommen hat?

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  10. #11 Thilo
    18. Dezember 2022

    Entschuldigung, dass ich die Frage nicht beantwortet hatte, ich war etwas beschäftigt. Sonst war es ja meistens so, dass ich Fragen gar nicht selbst beantworten mußte, weil andere Kommentatoren das immer schon gemacht hatten. Aber inzwischen lesen hier auch nicht mehr so viele Leute mit wie früher mal.

    Ich werde in Zukunft wahrscheinlich auf https://www.mathematik.de/ bloggen, aber wohl erst im nächsten Jahr. Dort werde ich freilich nur Texte zur Mathematik schreiben können, nicht wie hier auch Kommentare zu anderen aktuellen Themen. Da ja die scienceblogs jetzt doch noch nicht zum Jahreswechsel dicht machen, werde ich den Blog hier erstmal weiter nutzen um auch Artikel zu nicht direkt mathematischen Themen veröffentlichen zu können. In jedem Fall wird die Frequenz aber geringer werden. Viele Grüße

  11. #12 Jvenny
    10. Juli 2023

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