AMS Presidents Kra and Vakil Write to NSF Director
lautet seit 31. Januar die Headline auf der Webseite der American Mathematical Society.
Die AMS-Präsidenten schreiben an den Direktor der National Science Foundation
[…] We are sure that you are inundated with requests and would not write unless it were urgent: we are receiving nonstop requests for help. […] Many postdoctoral fellows have received notification that they will not be paid. They represent the future of US mathematics, and rely on their fellowship stipends for rent and food. […] We understand that the freezes are temporary with reviews underway. However, the immediate impacts will have long-term consequences for American mathematics, research, and development. Most vulnerable are the junior researchers who are now scrambling to ensure their basic needs are met, instead of focusing on basic research.
Es geht darum, dass kurz nach Amtsantritt des neuen US-Präsidenten alle Zahlungen der National Science Foundation eingefroren wurden, weil zunächst einmal für alle geförderten Projekte überprüft werden sollte, ob sie der neuen politischen Linie entsprechen. Nach einem Bericht der Washington Post sollten dabei insbesondere Projekte überprüft werden, deren Förderanträge Begriffe wie „Frauen“, „Vielfältig“, „Institutionell“, „Trauma“ oder „Barrieren“ enthielten. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels (10. Februar) ist nicht klar, wie die Sache ausgeht. Sicherlich kann man davon ausgehen, dass die Überprüfung in absehbarer Zeit abgeschlossen wird und Projekte aus der Mathematik kaum betroffen sein werden. Und manch einer wird sich vielleicht heimlich freuen, wenn seinen Kollegen nun Buzzworte in Förderanträgen auf die Füße fallen, die ja eigentlich nur aus politischen Gründen im Antrag erschienen und mit den geförderten Projekten meist wenig zu tun hatten.
Das eigentlich irritierende an der ganzen Angelegenheit ist, wie wenig Widerstand es gegen diese Maßnahmen gibt (auch der Brief der AMS-Präsidenten richtet sich ja nur gegen das Einfrieren der Zahlungen) und wie willfährig die Mitarbeiter der National Science Foundation alte Anträge jetzt nach ebenjenen Begriffen durchsuchen, die sie bisher als ein Plus für einen Förderentscheid angesehen hatten (und die in die Anträge einzubauen sie den Bewerbern ja wahrscheinlich sogar empfohlen hatten). Nach Trumps erstem Amtsantritt 2017 hatte es sehr viel deutlichere Reaktionen auch aus der mathematischen Community gegeben. Insbesondere die seinerzeit verhängte „Executive Order on Immigration“ hatte damals heftige Reaktionen ausgelöst und war nach kurzer Zeit zurückgenommen worden.
Vor acht Jahren
Terence Tao, der wohl mit Abstand meistgelesene Mathematik-Blogger, begann am 31. Januar 2017 (auf den Tag acht Jahre vor dem Brief der beiden AMS-Präsidenten) seinen Artikel Open thread for mathematicians on the immigration executive order mit der folgenden Erklärung:
The self-chosen remit of my blog is “Updates on my research and expository papers, discussion of open problems, and other maths-related topics”. Of the 774 posts on this blog, I estimate that about 99% of the posts indeed relate to mathematics, mathematicians, or the administration of this mathematical blog, and only about 1% are not related to mathematics or the community of mathematicians in any significant fashion.
This is not one of the 1%.
Mathematical research is clearly an international activity. But actually a stronger claim is true: mathematical research is a transnational activity, in that the specific nationality of individual members of a research team or research community are (or should be) of no appreciable significance for the purpose of advancing mathematics.
Das damals zum Beispiel für Bürger des Iran verhängte Einreiseverbot, hätte es Bestand gehabt, hätte offensichtliche Auswirkungen auf die mathematische Forschung gehabt und das nicht nur, weil der Iran ein Land mit vielen sehr gut ausgebildeten Studenten ist, von denen viele eine Tätigkeit in den USA attraktiver finden als in ihrem Heimatland. Selbst das zurückgenommene Einreiseverbot dürfte Auswirkungen gehabt haben auf die Atmosphäre an Universitäten und Forschungseinrichtungen, es wird dort diejenigen ermutigt haben, die ohnehin schon immer der Meinung waren, man solle Stellen lieber mit eigenen Leuten besetzen als mit Forschern aus anderen Kulturkreisen. (Wie es etwa nach den Anschlägen vom 11. September der Fall war. Man hörte damals von Bewerbern beispielsweise aus dem Iran an US-Universitäten, denen nahegelegt wurde, ihre Bewerbung wegen der möglichen Visaprobleme doch besser gleich von sich aus zurückzuziehen und sich lieber in anderen Ländern zu bewerben. Ein Einreiseverbot gab es auch damals nicht, aber die sich so zeigende veränderte Atmosphäre wird sicher manchen dann trotzdem davon abgehalten haben, in die USA zu gehen.)
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