Tatsächlich haben viele Geschichten mit der Pariser Akademie und ihren Sitzungen zu tun, deren Akten (neben anderen zur französischen Mathematikgeschichte) die Autorin für andere Buchprojekte ausgewertet hatte, so dass dieses Buch dann wohl auch dem Zweck diente, die nicht in wissenschaftlich-historischen Texte fassbaren subjektiven Teile der Geschichte eben als Roman zu verarbeiten. Auch wenn es meist um das Leben einzelner Mathematiker geht, lernt man viel über die Geschichte (nicht nur der Wissenschaft) Frankreichs und sogar einiges über Mathematik. (Man kann die stets sehr kurzen Ausführungen zur Mathematik aber auch problemlos überspringen ohne im Lesefluss gestört zu werden.)
Formeln als Design-Elemente
Die Schönheit der Stokes-Formel besteht vor allem darin, dass sie verschiedene kompliziertere Formeln in einem griffigen „Schlagwort“ zusammenfasst, so dass man sie auch als Designelement für T-Shirts, Kaffeetassen oder Tragetaschen verwenden kann.
Formeln als Designelemente sieht man nach meinem Eindruck heute häufiger als früher. Inzwischen werden sie auch schon als Signaturen verwendet. 432500 Dollar bei einer Auktion erzielte 2018 das von einer KI gezeichnete Bild „Portrait of Edmond de Belamy“, für das die KI als Signatur eine Formel wählte, die wohl aus der Theorie der „Generative Adversarial Networks“ stammt. Es handelt sich um ein Minimaxprinzip, soll der Generator sein, das ist der Teil des Netzwerks, der “Kandidatenobjekte” (in diesem Fall Bilder) erzeugt, soll der Diskriminator sein, das ist der Teil des Netzwerks, der erkennt, ob ein gegebenes Objekt zur gesuchten Klasse gehört oder nicht. (Der Auszug unten ist aus dem SPIEGEL 41/2021.)
Eindruck schinden mit Formeln
Wer seine Artikel mit zusammenhanglosen mathematischen Formeln aufpeppt, der wird unter Geisteswissenschaftlern mehr Eindruck schinden als unter Mathematikern. Gewußt haben wir das schon immer, es lässt sich aber auch mit Zahlen und Diagrammen beweisen: In “The nonsense math effect” (erschienen in: Judgment and Decision Making , Volume 7 , Issue 6 , November 2012 , pp. 746 – 749) berichtete Kimmo Eriksson über folgendes Experiment: 200 Hochschulabsolventen unterschiedlicher Fächer bekamen Zusammenfassungen zweier Artikel aus Fachzeitschriften vorgelegt – im einen Artikel ging es darum, wie australische Eingeborene ihre gefangenen Fische untereinander aufteilen, der andere Artikel untersuchte, ob vorbestrafte Schwarze auf dem Arbeitsmarkt gegenüber vorbestraften Weißen benachteiligt werden – und sollten deren wissenschaftlichen Anspruch vergleichend beurteilen. Der Witz: in jeweils eine der beiden Zusammenfassungen wurde folgender Satz eingebaut:
A mathematical model (TPP=T0−fT0df2−fTPdf) is developed to describe sequential effects.
Der Satz machte im jeweiligen Zusammenhang natürlich keinerlei Sinn, weder ging es in den Arbeiten um Sequenzmodelle noch kamen Variablen TP, df etc. vor.
Das Ergebnis: Absolventen natur- und technikwissenschaftlicher Studiengänge bewerteten die Arbeit mit der Nonsens-Formel eher negativ (aber auch nur zu 54%), Absolventen anderer Studiengänge aber überwiegend positiv: Mediziner zu 64%, Geistes- und Sozialwissenschaftler zu 62% und andere (vor allem Erziehungswissenschaftler) zu 73%.
The experimental results suggest a bias for nonsense math in judgments of quality of research. Further, this bias was only found among people with degrees from areas outside mathematics, science and technology. Presumably lack of mathematical skills renders difficult own critical evaluation of meaningless mathematics.
Zölle
Die unten abgebildete Formel diente Anfang April zur Berechnung der neuen Zölle eines Landes bei Einfuhren in die USA. Dabei bezeichnete die Exporte des Landes in die USA und die Importe des Landes aus den USA. (Das Ergebnis wurde dann noch mit 1/2 multipliziert. Wenn das Ergebnis negativ wird oder wie bei den McDonaldinseln weniger als 10% ausmacht, kommt der Mindestsatz von 10% zur Geltung.)
Epsilon und phi sind Konstanten, deren ursprüngliche Bedeutung ich vergessen habe. Allerdings wurde bei den Berechnungen pauschal phi gleich 1/4 und epsilon gleich 4 gesetzt, womit sich epsilon und phi wegheben und eigentlich auch weggelassen werden könnten. Es ging wohl nur darum, dass eine Formel mit griechischen Buchstaben mehr hermacht. Und von der Einfachheit der Formel ablenkt.
Statt strategische Sektoren zu identifizieren, schaut Trump vor allem auf die Handelsüberschüsse der jeweiligen Länder im Warenverkehr. Doch will der Mann im Weißen Haus wirklich, dass Amerikaner künftig für den Sportartikelhersteller Nike Turnschuhe nähen?
kommentierte Spiegel Online.


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