Anfänge digitaler Berechnungen

Während des zweiten Weltkrieges arbeiteten die in Deutschland gebliebenen Mathematiker an vorgeblich kriegswichtigen Problemen, in Wirklichkeit meist an theoretischen Untersuchungen zu Differentialgleichungen, nach dem Krieg kehrten die meisten sofort zur reinen Mathematik zurück. Hingegen kam zunächst kaum einer der Emigranten zurück. Anders als in Deutschland hatten in den USA Mathematiker und Naturwissenschaftler, oft aus Europa geflüchtet, eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung neuer Waffen gespielt.

Anfang der 1940er Jahre hatte man begonnen, sich für digitale elektromagnetische Computer und deren Vorteile gegenüber mechanischen Rechnern zu interessieren. Fortschritte bei der Rechengeschwindigkeit waren zunächst nur durch bessere Röhrentechnik zu erzielen. Noch im Krieg hatte IBM die erste Maschine fertiggestellt. Die Rechenmaschine mit Vakuumröhren im Rechenwerk und mit auf Aussagenlogik beruhenden Schaltungen wurde beim Militär für lineare Differentialgleichungen und Integralgleichungen eingesetzt: der “Electrical Numerical Integrator and Computer”, kurz ENIAC, mit 17000 Radioröhren von 16 verschiedenen Typen, 30 mal 3 mal 1 Meter groß und mit einem Verbrauch von 140 Kilowatt und entsprechendem Kühlungsbedarf.

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Glen_Beck_and_Betty_Snyder_program_the_ENIAC_in_building_328_at_the_Ballistic_Research_Laboratory.jpg

Man sah aber keine reale Möglichkeit, die die Speicherkapazität von Rechnern in einem Maße ausweiten würde wie es für die Behandlung nichtlinearer partieller Differentialgleichungen notwendig gewesen wäre. Viele Mathematiker hielten auch elektronische Konstruktionen für weniger zuverlässig als elektromechanische und lehnten sie deshalb ab trotz ihrer viel höheren Schnelligkeit.

Die Konstruktion einer solchen elektronischen Maschine wurde das Projekt John von Neumanns, der auf Einladung Oppenheimers seit 1943 beim Manhattan-Projekt in Los Alamos war. 1944/45 befaßte er sich mit den logischen Operationen – denen gegenüber er die elektronischen Aspekte als untergeordnet ansah – und wie diese Operationen von einer zentralen Stelle zu koordinieren seien. Ein theoretisches Konzept hatte schon 1936 Alan Turing entwickelt und von Neumanns Ideen waren eine konkrete Realisierung einer universellen Turingmaschine. In seinem Diskussionspapier „First Draft of a Report on the EDVAC“ definierte von Neumann in Analogie zum menschlichen Hirn eine Rechnerarchitektur aus Steuereinheit und arithmetischer Einheit sowie einer Speichereinheit, welche Befehle seriell abarbeitet. Auf den dort dargestellten Ideen beruhten dann alle weiteren Entwicklungen von Rechnern, weshalb man von „von-Neumann-Architektur“ spricht. (Die Ingenieure Eckert und Mauchly, die Erbauer des ENIAC und des Nachfolgemodells EDVAC, sahen ihre Anteile später nicht genügend gewürdigt.)

Weil die ENIAC und ihre Nachfolger sehr wenig Speicherplatz für Zwischenresultate hatten, änderte sich die Ökonomie der Berechnungen über Nacht. Statt teurer Multiplikation und billigem Speicherplatz war jetzt die Multiplikation sehr billig und der Speicherplatz sehr teuer.

Neben den Grundlagen der Informatik beschäftigte sich von Neumann in der Nachkriegszeit auch mit den Grundlagen der Numerik. Seine 1947 mit Goldstine veröffentlichte Arbeit „Numerical inverting of matrices of high order“ wurde später als Beginn der numerischen linearen Algebra und überhaupt der modernen numerischen Mathematik angesehen, weil sie als eine der ersten Rundungsfehler und ihre Fortpflanzung diskutierte. In der Sache war sie hauptsächlich eine detaillierte Analyse der Rundungsfehler für Methoden der Faktorisierung und Inversion von Matrizen. Für invertierbare Matrizen A führte sie die Konditionszahl \kappa(A)=\Vert A\Vert \Vert A^{-1}\Vert ein und zeigte, dass die Algorithmen nur für gut konditionierte Probleme brauchbare Näherungslösungen liefern.

Die Arbeit war auch dadurch motiviert, dass unter angewandten Mathematikern divergierende Meinungen herrschten über die Zuverlässigkeit numerischer Verfahren zur Lösung linearer Gleichungssysteme, insbesondere auch des Gaußschen Eliminationsverfahrens für das numerische Invertieren von Matrizen. Als wichtigste Motivation nannten die Autoren aber, dass bisher nur Stabilitätsfragen untersucht worden seien und sie erstmals, und zwar an einem möglichst schwierigen Beispiel mit sehr vielen elementaren Operationen, die Konditionierung untersuchen wollten.
In der Einleitung ihrer Arbeit fassen sie ihre Ergebnisse so zusammen, dass zum Beispiel Matrizen der Ordnung 10, 15 oder 20 „meistens“ mit einer Genauigkeit von 8, 10 oder 12 weniger Ziffern als die Anzahl der Ziffern der Eingabe invertiert werden können. Mit „meistens“ meinen sie, dass unter Annahme einer plausiblen Wahrscheinlichkeitsverteilung auf den Matrizen diese Abschätzungen für alle Matrizen mit Ausnahme einer Minderheit geringer Wahrscheinlichkeit erfüllt sind. Diese Berechnungen fußten auf rigorosen individuellen Abschätzungen, die für alle Matrizen gültig sind. Mit einer wahrscheinlichkeitstheoretischen Behandlung der individuellen Matrizen hätten sie die Abschätzungen noch um einige Dezimalstellen verbessern können.

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Kommentare (8)

  1. #1 wereatheist
    7. Juli 2025

    Ich schaue mir öfter das hier an.
    Ziemlich interessant, sieht aus, als ob es vor gut 2 Jahren so eine Art Phasenübergang in den Ozeanen gegeben hat.
    Die Daten, aus denen der Graph erstellt wird, sind von der NOAA.
    Das ist mein Kanarienvogel im Bergwerk.

  2. #2 Doe
    7. Juli 2025

    wereatheist,
    Die Oberflächentemperaturen der Ozeane zeigen gleichzeitig auch die Meeresströmungen an.
    Wenn man also solche Aufnahmen von Jahr zu Jahr übereinanderlegt, dann sieht man die Veränderungen.
    Und die sollten periodisch verlaufen, wie auch das Wetter, das aus diesen Veränderungen resultiert.

    vielleicht gibt es auch schon Funktionen, die diesen periodischen Veränderungen nahe kommen.

    Thilo, gib doch mal ein praktisches Beispiel an, es sind nicht alle MatheCracks wie du .

  3. #3 Bernd Nowotnick
    7. Juli 2025

    Zu: „Mathematisch beruht die Klima- und Wetterforschung auf den Gleichungen der Hydrodynamik“. Mathematik klingt absolut, ist aber nicht die Natur selbst sondern eine Lupe, Fernglas oder besser ein Instrument mit den Schwächen einer Definition für Aussagen und Bedingungen. Mit der Natur kann man nicht über Ergebnisse, mit Ausnahme der Messfehler, einer Messung feilschen, wobei aber immer die Anfangs- und Endzustände der Messung für das Ergebnis mit entscheidend sind. Es gibt noch die Informationshydrodynamik bei der in der Interpretation von Guthaben (Hoch) und Schulden (Tief) der beteiligten Entitäten in der Raumzeit die globalen Hochs und Tiefs als Auswirkungen auf die Entitäten angegeben werden können.

  4. #4 Doe
    8. Juli 2025

    Bernd N.
    Die Mathematik ist nicht die Natur selbst, Ja natürlich und der Wetterfrosch kennt auch die Mathematik nicht.

    Mich interessiert dagegen, wieviele Werte der Kurven errechnet sind und wieviele gemessen wurden.
    Und….Die Sinusfunktion kann jedoch als Lösung einer bestimmten Differentialgleichung auftreten, beispielsweise der Schwingungsgleichung.

    Ja, und der Ozean schwingt und die Luftmassen schwingen, ob man auch sagen darf der Temperaturverlauf schwingt ?

    Und….kann man die Temperaturkurven als Sinuskurven sehen ?

    Mensch, Bernd, werde konkret.

  5. #5 Mr.
    8. Juli 2025

    Vielen Dank für den schönen Artikel!

  6. #6 Bernd Nowotnick
    9. Juli 2025

    #4 zu Mensch, Bernd, werde konkret,
    „Für seine numerische Wettervorhersage überzog er (Der Meteorologe Lewis Richardson) die Weltkarte mit einem Schachbrettmuster, –
    Das Trump-Lager hat letztes Jahr im Wahlkampf behauptet, die Demokraten hätten einen Hurrikan erzeugt und auf republikanisch regierte Bundesstaaten umgelenkt. –
    Wettervorhersagen gab es auch vorher schon, … Etablierung numerischer Rechen- und Approximationsverfahren … Die Atmosphäre ist ja schließlich und endlich eine Flüssigkeit… Mathematisch beruht die Klima- und Wetterforschung auf den Gleichungen der Hydrodynamik für die Strömung von linear-viskosen Flüssigkeiten und Gasen, den Navier-Stokes-Gleichungen. “:
    Die Erdatmosphäre ist viel breiter als hoch, darum sind derartige Konvektionszellen ein wichtiger Grundprozess der Wetterabläufe. Manche Phänomene prägen auch einem großen Gegenstand ein Muster auf und man kann sie visualisieren, wie Eisenfeilspäne das Feld eines Magneten anzeigen. Während der Entstehung des Musters bewegen sich einige und hüpfen auf der Stelle, als versuchen sie ihre Position zu verlassen. Sie würden eigentlich der Strömung folgen und mit ihr einen dreidimensionalen Wirbel durchlaufen, scheitern jedoch an ihrer Größe. Hier stellt sich statt eines einzigen, übergreifenden ein ganzes System kleiner, lokaler Wirbel ein. Die bewegten Partikel über den Positionen zeigen also an, dass hier der Inhalt lokal bspw. als Weißscher Bezirk rotiert. Beim Sein und Bewusstsein ist es aus mengentheoretischer Sicht einfach zu beurteilen ob sie identisch sind da Objekte klar definiert sind. Dabei gibt es zu jedem Element auch ein inverses Element, so dass beide miteinander verknüpft ein neutrales Element als Oberfläche ergeben und alle Phänomene der Wellenfunktion des Universums können so als Teilbeobachtungen einer grundlegenden Realität betrachtet werden, wie sich auch eine perfekte Kugel in viele komplizierte Formen zerlegen lässt die jedoch wieder zu einer mathematisch simpel beschreibbaren Sphäre zusammensetzbar sind, wobei sich die Wellenfunktionen durch einen einfachen Dichteoperator analog der Hochs und Tiefs einer Wettervorhersage ergeben. Somit sind auch die Werte- also Geldbewegungen mit Methoden der Wetterphänomene identisch berechenbar.

  7. #7 Doe
    11. Juli 2025

    Bernd N,
    Danke,
    wie ich es sehe, eine Strömung Wasser und Wind erzeugen Kräfte, die das ganze System in Schwingung(en) versetzen.
    Deswegen gibt es die Jahreszeiten. Deswegen gibt es die Westwinde, genauso wie Bereiche mit wenig Winden.
    Betrachtet man die Bereich mit der Lupe, dann sehen wir die Strömungen und die wollen vorhergesagt sein.
    Das nennt sich dann Wetter.
    Etwas zum Dichteoperator. Bewohner im Küstengebiet haben zu Hause noch einen Barometer. Und wenn das Barometer fällt, dann folgen Sturm und auch regen.

    Diese einfachen Betrachtungsweisen sind aus der Mode gekommen. Die Wettervorhersagen nennen keinen konkreten Luftdruck mehr, das Wort “Tiefdruckgebiet” hört man auch nur noch selten.

  8. #8 Bernd Nowotnick
    11. Juli 2025

    #7
    Zu „Und wenn das Barometer fällt, dann folgen Sturm und auch regen. Diese einfachen Betrachtungsweisen sind aus der Mode gekommen. Die Wettervorhersagen nennen keinen konkreten Luftdruck mehr, das Wort “Tiefdruckgebiet” hört man auch nur noch selten.“:
    So funktioniert physikalisch global die Wirtschaft auf Grundlage einer fünften Naturkraft, wenn man den Entitäten https://de.wikipedia.org/wiki/Entit%C3%A4t neben dem Sein ein Bewusstsein und den Beobachterposten zugesteht, siehe https://www.bernd-nowotnick.de/seite/282093/die-f%C3%BCnfte-kraft.html , https://www.bernd-nowotnick.de/seite/282110/kraft.html .