In Las Vegas sollen im kommenden Mai die Enhanced Games stattfinden, Sportwettbewerbe bei denen alles erlaubt ist, unterstützt unter anderem von Peter Thiel und Donald Trump jr. Die finanzieren freilich nur den Wettbewerb selbst, für die langfristigen Folgen dieser Spiele werden die Krankenkassen aufkommen müssen.

Während Sportwettbewerbe mit Hilfsmitteln natürlich trotzdem spannende Kämpfe liefern können, werden kognitive Wettbewerbe unter Hilfsmitteln ziemlich eintönig werden. Wenn alle dieselbe KI benutzen, geben auch alle denselben Aufsatz und dieselbe Mathearbeit ab. Und wenn im Schach alle dieselbe Engine benutzen – aktuell wäre das Stockfish – dann enden eben alle Partien Unentschieden.

Kürzlich ging die 33. Weltmeisterschaft im Fernschach nach drei Jahren zuende. Weil einer der 17 Teilnehmer vor zwei Jahren verstorben war, wurden seine verbliebenen 10 Partien genullt, während seine 6 bereits als Unentschieden beendeten Partien regulär gewertet wurden. Soweit normal. Nun endeten allerdings auch alle anderen Partien im Turnier Unentschieden, was den Effekt hatte, dass die 10 Spieler, die noch gegen den Verstorbenen spielten, alle gemeinsam den Weltmeistertitel erhielten und die anderen 6 alle gemeinsam den 11. Platz belegen.

Einer der zehn Weltmeister ist Deutscher und dem Deutschen Schachbund ist es tatsächlich nicht zu blöd, diesen „Erfolg“ eines deutschen Spielers auf seiner Webseite groß herauszustellen: https://www.schachbund.de/news/faszination-fernschach-olaf-hesse-ist-weltmeister-ich-habe-mir-einen-traum-erfuellt.html

Kommentare (12)

  1. #1 Spritkopf
    14. September 2025

    Und wenn im Schach alle dieselbe Engine benutzen – aktuell wäre das Stockfish – dann enden eben alle Partien Unentschieden.

    Nunja, es wird derjenige einen Vorteil haben, der sich den schnelleren Computer leisten kann. Auch wenn das bei den längeren Rechenzeiten, die beim Fernschach möglich sind, nicht mehr so stark ins Gewicht fällt wie beim Blitz oder bei Schnellschach.

  2. #2 Ichbinich
    14. September 2025

    Wird denn bei diesem Wettbewerb gar nicht auf KI überprüft?
    Das wäre a schon ganz schön bescheuert wenn das nicht irgendwie untersucht wird….

  3. #3 Thilo
    15. September 2025

    Beim „klassischen“ Fernschach sind alle Hilfsmittel erlaubt, einschließlich Computer. (Anders wäre es bei Fernschach auf Online-Plattformen, da sind Engines verboten und es werden auch Leute deswegen disqualifiziert.)

  4. #4 Uli Schoppe
    15. September 2025

    Wenn alle Hilfsmittel erlaubt sind: Wo bleibt denn da der Spass? Das ist zumindest für mich so sinnbefreit, dazu könnte ich mich gar nicht aufraffen.
    Warum macht man das???

  5. #5 Thilo
    15. September 2025

    Gute Frage.

  6. #6 aristius fuscus
    15. September 2025

    #4: Fernschachspieler sind schon ein besonderes Völkchen, das waren sie schon in der Prä-Computer-Ära (mich hat das ganze bei einem sehr kurzen Ausflug noch in der Postkartenzeit unsagbar angeödet) .
    Auch heute ist es nicht so einfach wie in dem Artikel behauptet, dass einfach alle dieselbe Engine benutzen. Tatsächlich benutzen die starken FS-Spieler mehrere Engines, die sich alle ein ganz klein wenig in ihren Stärken unterscheiden. Das ist regelrechte Forschungsarbeit, und die Nahschachspieler profitieren durchaus davon: eine Eröffnungsvariante, die FS-getestet ist, dürfte bombensicher sein. Wer sich für die Motivation von FS-Spielern interessiert, hier zwei Links, von denen besonders das YT-Interview (ab 10:40) recht aufschlussreich ist.
    https://www.youtube.com/watch?v=45JJTy1GUxc&t=1749s
    https://www.schachbund.de/news/aus-der-zeitschrift-schach-2-2022-quo-vadis-fernschach.html

  7. #7 Oliver Gabath
    15. September 2025

    Erinnert sich noch jemand an UFC 1 und die unmittelbar nachfolgenden Jahre? Da war im Oktagon so ziemlich alles erlaubt und die Kämpfe wurden schnell repetetiv, weil sich bald herauskristallisiert hatte, welches Meta zum Erfolg führt. Irgendwann haben die Veranstalter rausgefunden, warum Gewichtsklassen, Treffer- und Tabuzonen, etc. in einem wortwörtlichen Wettkampf Sinn machen. Ich bezweifle, dass es bei den Enhanced Games anders kommen wird.

  8. #8 Staphylococcus rex
    15. September 2025

    Enhanced Games im Leistungssport sind aus meiner Sicht eine Einbahnstraße, eine Rückkehr in den “normalen” Leistungssport wäre mit einer mehrjährigen Dopingsperre verbunden. Aus Sicht der betroffenen Sportler gibt nur einen halbwegs guten Grund daran teilzunehmen: Wenn sich die eigene Profikarriere dem Ende zuneigt und kein guter Plan B für die Zeit danach zur Verfügung steht, kann man damit Zeit gewinnen, wenn auch zu einem erhöhten gesundheitlichen Risiko.

    Ein zweiter Grund wäre die Motivation eine “Schallmauer” zu durchbrechen, an der man mehrfach knapp gescheitert ist. Auch hier wäre das gesundheitliche Risiko beträchtlich und die offizielle Anerkennung eines neuen Rekordes fraglich.

    Oder man hat vor, ins Schauspiel/Wrestling-Gewerbe zu wechseln, dort gehört Doping wohl zum guten Ton.

  9. #9 Staphylococcus rex
    15. September 2025

    PS: Früher habe ich gern Schach gespielt, damals bestand ein Teil der Spielfreude darin, dem Gegner ein “unwiderstehliches Angebot” zu machen oder darin, geringe Fehler des Gegners zu erkennen und diese dann auszunutzen. Wenn die Computerunterstützung im Schach auf eine Prozeßoptimierung hin zum Dauerremis hinausläuft, wo bleibt dann die Spielfreude?

    Der Link im Beitrag #6 gibt dazu einige Antworten, die aber mich darin bestärken, die Finger vom computerunterstützten Schach zu lassen.

  10. #10 Fluffy
    17. September 2025

    für die langfristigen Folgen dieser Spiele werden die Krankenkassen aufkommen müssen

    Was ist mit so bekannten und beliebten Sportarten wie Fußball oder Boxen, wo beim Aufeinandertreffen der Kontrahenten die Grenzen zwischen fahrlässiger oder vorsätzlicher Körperverletzung zu verschwimmen scheinen. Die Verletzungs- und Behandlungsquote ist im Hochleistungssport sehr hoch. Die (erfolgreiche) Ausübung dieses Sports muss man sich schon leisten können.
    Im Grunde genommen handelt es sich doch beim Substanzgebrauch, egal ob aktuell erlaubt oder verboten, um den Versuch des Ausgleichs der von der Natur mitgegebenen Fähigkeiten. Im übrigen ist die Nutzung “leistungssteigernder” Mittel selbst im Amateurbereich oder Berufsleben anzutreffen.
    Es ist z.B. auch nicht einsehbar, wenn jemandin deutlich höhere Hormonwerte als üblich aufweist, und diese deshalb für den Vergleichswettkampf künstlich abgesenkt werden sollen. (Dasselbe gilt auch für bestimmte Blutwerte, Stichwort: Sichelzellenanämie). Das ist ja wohl der Neid der Besitzlosen.

    Fernschach: Hier war die Nutzung externer Hilfsmittel, früher Bücher und menschliche GM-Hilfe, heute Hochleistungscomputer schon immer erlaubt. Man musste sich das natürlich finanziell leisten können. (Siehe Joop van Oosterom). Genmäß der Logik der oben geäußerter Meinung

    Wenn alle dieselbe KI benutzen, geben auch alle denselben Aufsatz und dieselbe Mathearbeit ab. Und wenn im Schach alle dieselbe Engine benutzen – aktuell wäre das Stockfish – dann enden eben alle Partien Unentschieden.

    müssten dann auch alle Fernschachpartien den exakt gleichen Verlauf aufweisen. Tun sie aber nicht.
    Beim Fernschach kommt es neben einem gewissen Schachverständnis vor allem auf die Nutzung begrenzter Ressourcen an: Zeit und Geld.
    Man spielt viele Partien parallel, man braucht sehr schnelle und damit teure Computer und sehr gute, die beste Schachsoftware.
    Was nutzt es, man ist der beste Reiter, hat aber nicht das beste Pferd?
    (siehe die Beispiele des Modernen Fünfkampfes bei den letzten Olympiaden)

  11. #11 Oliver Gabath
    17. September 2025

    Nur weil alle Partien immer Remis enden, müssten sie nicht gleich verlaufen. Die Maschine muss “nur” gut genug sein, zuverlässig aus einer gegebenen Stellung die Niederlage zu vermeiden. Auf dem Niveau ist meines Wissens nach zurzeit keine Engine, aber es würde mich wundern, wir nicht dorthin kommen (Vorausgesetzt natürlich, dass die Stellung überhaupt haltbar ist).

  12. #12 Fluffy
    19. September 2025

    @#11
    Gemäß von hier geäußerten Meinungen müsste immer der beste Computerzug ausgewählt werden. Die Engines sind ja in ihrer Bewertung sinnloserweise auf 2 Nachkommastellen genau. Und die optimalste Strategie besteht ja darin, den Zug mit der höchsten Bewertung zu nehmen. Das dürfte dann zu identischen Partien führen.
    Aber – es sind immer noch Menschen, die die Züge ausführen und die Maschine bedienen.
    Auch wenn ein Reiter das beste Pferd hat, muss er trotzdem noch die Ideallinie finden.
    Der beste Schachcomputer dürfte im Moment Alpha- Zero sein, auf den ein Normalsterblicher aber keinen Zugriff hat. Und auch der Super-Compuper Juper dürfte nicht für Schach zur Verfügung stehen.
    Normale menschliche Partien werden ja heutzutage größtenteils und in Massenabfertigung per Computer fur Zeitschriften und Kolumnen analysiert. Und dann kommt von Experten oft der Ausspruch:
    “Dieser Zug ist menschlich nicht nachvollziehbar”
    Darin besteht die große Gefahr der KI, dass sie “optimale” Entscheidungen fällt, die nicht mehr verständlich sind.